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Resilienz ist ursprünglich ein Begriff aus der Physik und Werkstoffkunde und bezeichnet die Eigenschaft eines Materials, nach einer äußeren Einwirkung schnell in seine ursprüngliche Form zurück zu gelangen. In der Psychologie bezeichnet Resilienz die psychische Widerstandskraft eines Menschen, die Fähigkeit, Risikosituationen und Krisen zu bewältigen. Wie resilient wir sind, zeigt sich also während belastender Ereignisse.
Das Buch „Therapie-Tools Resilienz“ von Bea Engelmann möchte Wege zur Stärkung der Resilienz aufzeigen und ordnet diese Wege sieben Faktoren zu, die auch die Hauptkapitel des Buches bilden. Jedes Kapitel beginnt mit einer sehr kurzen, ein- bis dreiseitigen Einführung in das Konstrukt und seine Bedeutung für psychische Resilienz. Nach dieser kurzen Einführung soll ein Selbsteinschätzungs-Fragebogen den Therapeuten oder Coach motivieren, sich seiner eigenen Annahmen zum jeweilen Faktor bewusst zu werden. Darauf folgt in jedem Kapitel eine Gedankenblume, in deren sechs Blütenblätter der Patient oder Klient die Gedanken eintragen kann, die ihm spontan bei Erwähnung des Konstrukts in den Sinn kommen. Die Gründe für diese Assoziationen können in die sich anschließende Tabelle eingetragen werden. Die dann folgenden Anregungen und Arbeitsblätter unterscheiden sich von Kapitel zu Kapitel und umfassen weitere Impulse zur Reflexion wie die Bitte, sich etwas vorzustellen und zu beschreiben, oder auch Ermunterungen, Übungen und kurze Informationen zu alternativen Sichtweisen und hilfreichen Strategien.
Das erste Kapitel befasst sich mit der Selbstwahrnehmung als wichtigem Faktor zur Stärkung der Resilienz. Denn natürlich ist es wichtig, überhaupt zu spüren, wie es einem selbst geht. Haben wir Antworten auf die Fragen, was wir mögen, was wir können, was wir wollen? Das ist die Voraussetzung dafür, in eine Richtung zu steuern, die uns langfristig zufrieden macht, an einen Ort zu gelangen, an dem wir uns wohlfühlen und Freude empfinden. Lebensfreude dient als Schutzfaktor, der sich positiv auf die Resilienz auswirkt, und ist Inhalt des zweiten Kapitels. Der Glaube daran, mit seinem Tun etwas zu bewirken, die Überzeugung zu haben, in die richtige Richtung segeln zu können und damit dem Leben nicht hilflos ausgeliefert zu sein, ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, der im Kapitel zur Selbstwirksamkeit behandelt wird. Denn wir werden nur dorthin gelangen, wo wir uns wohlfühlen, wenn wir uns darum bemühen, und wir bemühen uns nur darum, wenn wir glauben, dass unsere Bemühungen auch etwas bewirken.
Dass wir resilienter sind, wenn wir unseren Weg selbst bestimmen oder auch: wenn wir unserer eigenen Bestimmung folgen, ist Thema des vierten Kapitels. Hier geht es auch darum, zu entscheiden, was und wen wir an uns heranlassen und was und wen nicht. Manchmal braucht es im Leben eine gewisse Beharrlichkeit beim Erreichen von Zielen. Optimistische Menschen sind beharrlicher, weil sie voller Zuversicht sind und glauben, dass es sich am Ende lohnen wird. Darum ist dem Optimismus ein eigenes Kapitel gewidmet. Doch auch Optimisten erleben Phasen erhöhter Belastung, seien es Belastungen externer oder interner, psychischer Natur. Das im sechsten Kapitel behandelte Coping stellt einige Bewältigungsstrategien vor, die helfen können, mit Belastungen umzugehen. Im letzten Kapitel geht es um Empathie: die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, wirklich zu verstehen, warum sie etwas tun, wirklich zu wissen, dass Menschen unterschiedlich sind und dass unsere Sichtweise nur eine Perspektive von vielen darstellt. Empathie fördert Verbundenheit und Verbundenheit fördert Resilienz.
Die von der Autorin beschriebenen sieben Faktoren zur Stärkung der psychischen Resilienz erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, dafür ist sich auch die Forschung noch zu uneins. Sie bieten aber eine erste Orientierung, wenn Therapeuten weniger problemzentriert und dafür eher lösungsorientiert und ressourcenaktivierend arbeiten wollen. Die Reihe "Therapie-Tools" des Beltz Verlags ist gekennzeichnet durch ihren sehr praktischen Nutzen für die Therapie. Diese Ausgabe zu Resilienz besteht aus einer Fülle an Arbeitsblättern, die direkt in der Therapie eingesetzt und vom Patienten oder Klienten ausgefüllt werden können. Das Vorgehen ist nicht manualisiert, sondern der Therapeut entscheidet selbst, welche Aspekte und Informationen in welcher Reihenfolge für die Therapie von Vorteil sind, und ob er die Arbeitsblätter zur selbstständigen Bearbeitung rausgibt oder sie während der therapeutischen Sitzung bespricht.
Sicher findet jeder Therapeut an dieser oder jener Stelle hilfreiche Ansätze, die für die eigene therapeutische Arbeit hilfreich und bisher vernachlässigt worden sind. Die Mehrzahl der Übungen erscheint jedoch wenig neu und ist von den meisten Therapeuten sicher schon in der einen oder anderen Weise während der therapeutischen Sitzungen besprochen worden. Ob es lohnenswert ist, Arbeitsblätter herauszugeben, auf denen der Patient in die sechs Blüten der Gedankenblume Wörter schreibt, die ihm spontan einfallen, wenn er das Wort Selbstwahrnehmung, Lebensfreude, Selbstwirksamkeit et cetera liest oder hört, muss jeder für sich selbst entscheiden, und auch ob es sich lohnt, die Begründung dafür in die folgende Tabelle reinzuschreiben. Menschen sind unterschiedlich, auch Therapeuten. Dass durch die im Buch befindlichen Übungen aus einem eingefleischten Pessimisten ein Optimist wird, darf bezweifelt werden, nichtsdestotrotz ist die Abwendung von negativen und die Hinwendung zu positiven Gedanken natürlich ein hilfreicher, vermutlich sowieso oft verwendeter Ansatz.
Insgesamt ist die Ausbeute des Buches an hilfreichen, neuen oder zumindest neu systematisierten Anregungen eher gering - gerade auch in Anbetracht des nicht unbeträchtlichen Preises. Tatsächlich könnte dies Buch jedoch als Arbeitsbuch für Laien interessant sein oder möglicherweise therapiebegleitend in einer Gruppentherapie zur Ressourcenaktivierung genutzt werden.
Eine
Leseprobe kann auf der Verlagsseite angesehen werden.