Kate, Thea, Isa und Fatima haben vor vielen Jahren einige gemeinsame Monate zusammen in einem abgelegenen Internat an der Küste erlebt. Die vier gingen miteinander durch Dick und Dünn. Doch dann überrollten die Ereignisse das junge Quartett, und ihre Wege trennten sich zunächst.

"Ich brauche euch", schreibt Kate plötzlich, gut anderthalb Jahrzehnte nach den damaligen Ereignissen, den anderen dreien. Kate ist diejenige, die einst Tagesschülerin war und den kleinen Ort, zu dem auch das Internat gehört, nie verlassen hat. Und ihre Freundinnen von damals zögern nicht. Sie erfinden ihren Familien gegenüber Ausreden, um sofort zu Kate zu eilen. Isa nimmt sogar ihre nur wenige Monate alte Tochter mit.
Was auch immer in Salten, jenem gottverlassenen Flecken Erde, der für sie damals zunächst ein herrlicher Ort und dann die Hölle in Reinstkultur war, vorgefallen ist: sie stecken viel zu tief mit drin, als dass es möglich wäre, sich Kates verzweifeltem Hilferuf zu entziehen.
Wie erwartet drohen die Ereignisse jener paar Monate die damaligen Mädchen und jetzigen etablierten Frauen einzuholen - einst kaum begriffen, dann verdrängt, jetzt aktueller denn je.

Einst übten sie sich im Rahmen einer Art von Wettbewerb darin, den anderen im Internat möglichst verrückte Lügengeschichten als Wahrheiten zu präsentieren. Damit isolierten sie sich, doch das machte Thea, Kate, Fatima und Isa nichts aus. Nun, mit einem Leichenfund konfrontiert, der ganz klar mit ihnen in Verbindung steht, müssen sich die vier mit den Ereignissen auseinandersetzen, die vor vielen Jahren dazu geführt haben, dass sie das Internat von einem Tag auf den anderen verlassen und getrennte Wege gehen mussten.

Zusammen mit Isa, der Ich-Erzählerin, einer Mitläuferin in der Clique, gleitet der Leser allmählich in die Story hinein. Für einen Thriller gestaltet sich das erste Drittel recht lahm. Irgendein Teenager-Weltschmerz-Kram, so bis dahin der diffuse Eindruck. Wer dann noch nicht aufgegeben hat, erlebt, wie das Tempo allmählich anzieht, bis es wirklich Thriller-Drehzahlen erreicht. Und hier präsentiert sich auch die Autorin von "Woman in Cabin 10" mit wenn nicht Killer-, so doch einem gewissen Thriller-Instinkt, der bislang fehlte. Zuviel Beziehungsgesäusel, pubertärer Schnickschnack, eine Beschränkung auf düstere Andeutungen, die sich einfach nicht konkretisieren wollen. Jetzt doch. Ruth Ware "kann Thriller". Warum aber mit so viel Anlauf?

Anfangs wirken die Figuren blass und fade. Sie gewinnen mit der Zeit dazu. Alles gewinnt hier mit der Zeit dazu. Neugierige Leser mit langem Atem sind gefragt. Sie kommen auf ihre Kosten.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.