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Jeanne Moreau war zweifelsohne eine der bekanntesten und vielseitigsten Schauspielerinnen der französischen Filmgeschichte. Eine Ikone des Autorenkinos und der Nouvelle Vague. Doch sie war mehr als das. Sie war Theaterschauspielerin, Regisseurin, Sprecherin in Hörspielen und für Hörbücher, Autorin und Sängerin. Eine Frau, die sich allen Klischees entwand und sich nicht um gesellschaftliche Normen ihrer Zeit scherte.
Dieses erfüllte Leben zeichnet Jens Rosteck in biografischen Schlüsselerlebnissen, besonders jedoch durch detaillierte Beschreibungen ihrer wichtigsten Rollen nach. Ihr künstlerisches Schaffen währte mehr als 65 Jahre.
1947 spielt sie eine erste kleine Rolle beim Theaterfestival in Avignon. 1948 hat sie Auftritte bei mehreren Produktionen an der Comédie Française. Bis 1959 tritt sie an vielen renommierten Pariser Bühnen auf, darunter dem Théâtre des Bouffes-Parisiens, wo sie neben Jean Marais als Professor Higgins die Eliza in George Bernhard Shaws "Pygmalion" gibt. Ein Jahr später (1956) spielt sie die Maggie in "Die Katze auf dem heißen Blechdach" in einer viel beachteten Bühneninszenierung von Peter Brook, dem legendären Theaterregisseur.
1959 unterbricht sie für mehr als 15 Jahre ihre Theaterkarriere. Da ist sie schon eine gefeierte und anerkannte Filmschauspielerin, die sich mit Filmen wie "Wenn es Nacht wird in Paris", "Bartholomäusnacht", "Fahrstuhl zum Schafott", "Sie küssten und sie schlugen ihn" und "Gefährliche Liebschaften" in die Geschichte des französischen Kinos gespielt hat. Es werden noch viele Filmrollen folgen. Ab 1974 steht sie auch wieder auf den Theaterbühnen.
Die Liste ihrer Regisseure und Filmpartner liest sich wie ein Auszug aus dem Who is Who der Film- und Theaterwelt. Berühmte Autoren, wie Marguerite Duras und Peter Handke, schrieben Rollen für sie. Mit einigen von ihnen verband sie eine lebenslange Freundschaft, mit anderen zeitweilig eine innige Liebesbeziehung.
Dieses ereignisreiche, unkonventionelle Leben einer unvergleichlichen Frau und Schauspielerin wird in 13 Kapiteln aufgefächert, denen jeweils ein Zitat von Jeanne Moreau vorangestellt ist.
"Die Verwegene. Jeanne Moreau." Der Untertitel lautet: Die Biografie. Nicht "Eine" Biografie. Aber eigentlich müsste Der Untertitel heißen: "Die Liebeserklärung".
Der 1962 geborene Jens Rosteck ist Musik- und Kulturwissenschaftler, lebte lange Zeit in Paris und an der Côte d’Azur und verfasste zahlreiche Biografien, unter anderem über Kurt Weill, Lotte Lenya, Jacques Brel, Edith Piaf, Marguerite Duras und Heinz Werner Henze. In der hier vorliegenden Biografie über Jeanne Moreau erweist er sich nicht nur als fundierter Kenner und Analytiker der Schauspielkunst von La Moreau, sondern auch als sprachlich versierter, geradezu literarisch agierender Autor, der mit wunderbaren, teilweise musikalischen Sprachbildern arbeitet und versteht, Spannung zu erzeugen und neugierig zu machen. Nicht nur auf die Filme mit Jeanne Moreau, ihre Chansons, ihre Hörbücher, sondern, hier durchaus Werbender in eigener Sache, auch auf weitere von ihm verfassten Biografien. Die Art, wie er ihr Gesicht beschreibt, ihre subtile Laszivität, ihr Gelangweiltsein, ihre Unkonventionalität, ihre Stimme. Dies ist die Sprache eines Liebenden.Er beherrscht das Kunststück, ihre Filme nicht nur zu analysieren, sondern so stimmungsvoll und detailreich zu erzählen, dass man sie sofort und ohne jede Verzögerung sehen will. Nein, in sich aufsaugen muss! Darüber hinaus wartet das Buch mit der ein oder anderen Überraschung auf. Oder wussten Sie, dass Jeanne Moreau für eine kurze Zeit Chefredakteurin der "Vogue" war? Das unter ihrer "Regie" erschienene Weihnachtsheft muss wie ein Erdbeben gewirkt haben, so kunstvoll und facettenhaft war es gestaltet, glaubt man den spannenden Beschreibungen des Autors. Und warum sollte der Leser ihm nicht glauben?
Sehr wohltuend ist zudem, dass, wenn Rosteck sich mit dem Privatleben der Moreau beschäftigt, dies in einem sachlichen, zuweilen poetischen Ton geschieht. Aber nie voyeuristisch. Da mag man auch darüber hinwegsehen, dass er gelegentlich, und nicht nur bei Schilderungen ihres Privatlebens, in ein vertrauliches "Jeanne" verfällt, was bei Biografen, die ihre "Subjekte" nicht persönlich kannten und nicht mit ihnen freundschaftlich verbunden waren oder sind, immer ein wenig peinlich, übergriffig wirkt.
Ergänzt werden die Ausführungen durch 46 Abbildungen in Schwarz-Weiß. Die meisten von ihnen aus ihren Filmen oder deren Umfeld. Nur wenige sind privater Natur.
Im Anhang findet der Leser, die Leserin eine ausführliche Filmografie, ein Verzeichnis der Theaterstücke, in denen sie gespielt hat, und eine Diskografie. Ebenfalls aufgeführt sind die Quellen, auf die dieses Buch sich stützt.
Wird der Leser gezwungen, diese Biografie, die er am liebsten in einem Rutsch lesen würde, zwischendurch beiseite zu legen, hilft ein rotes Lesebändchen, sofort den Faden wieder aufzunehmen.
Wer nach Lektüre dieser Biografie nicht sofort Lust bekommt, ALLE Filme mit Jeanne Moreau zu sehen und ALL ihre Chansons zu hören, dem ist nicht mehr zu helfen.
Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.