Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Er erlebt das Wirtschaftswunder als Außenstehender: Einige Jahre nach dem Kriegsende hat sich der ehemalige Fremdenlegionär Streich in Frankfurt am Main als Wachmann für ein Grundstück verdingt, dessen Eigentümer dort demnächst Wohnungen hochziehen will. Neben einer Schreinerei existiert dort noch eine Reihe von heruntergekommenen Garagen, um die er sich jedoch nicht kümmert, weil das nicht zu seinen Aufgaben gehört. Streich hegt keine großen Erwartungen mehr an das Leben, er kommt mit seiner Situation zurecht.
Dann kommt in der Stadt ein Waffenhändler durch einen Anschlag zu Tode. Er hat die algerische Freiheitsfront beliefert. Und zwei Männer mit französischem Akzent fragen in der Gegend nach Streich. Er begreift, dass ihn seine Vergangenheit eingeholt hat. Dass er sie hinter sich lassen wollte, interessiert die Gegenseite in keiner Weise.
Nun rücken auch die alten Garagen ins Visier. Sie bergen definitiv ein ungutes Geheimnis. Eigentlich könnte Streich das alles egal sein, doch er kennt seine Verfolger nur zu gut und muss sich daher auch eingestehen, dass er, will er nicht zu ihrem willfährigen Handlanger werden, in Lebensgefahr schwebt. Und damit ist er nicht alleine, denn das Mädchen, das sich immer wieder auf das von Streich bewachte Grundstück zurückzieht, um für sich zu sein, hat etwas gesehen, was es zu einer äußerst lästigen Zeugin macht.
Mit "Die Rote Hand" legt Jürgen Heimbach einen spannenden Roman zu den Schattenseiten des Wirtschaftswunders im Nachkriegsdeutschland vor. Darin schließen sich zwei "Abgehängte" zusammen, der frühere Fremdenlegionär, dem mittlerweile alle erdenklichen Abgründe der menschlichen Natur begegnet sind, und ein bettelarmes schlesisches Flüchtlingsmädchen. Ihre übermächtigen Gegner sind geheimnisvolle Franzosen, die ziemlich offensiv den Konflikt ihres eigenen Landes mit Algerien nach Deutschland bringen, dessen Polizei und Geheimdienst offensichtlich ungerührt dabei zuschauen.
An sich scheint Streichs weiterer Weg vorgezeichnet, da nach deren Begriffen ein konsequentes Verlassen der Fremdenlegion gar nicht möglich ist und Streich keine Möglichkeit hat, etwas anderes als die unbedingte Kooperation zu wählen. Streich widersetzt sich, worauf er und das Mädchen schonungslos gejagt werden.
Fesselnd, nicht zuletzt für Frankfurter, die das dynamische Geschehen immer gut verorten können, erzählt Heimbach seine Geschichte, deren Bezeichnung auf dem Cover als Kriminalroman eher als Understatement daherkommt – "Thriller" trifft es definitiv besser. Große atmosphärische Dichte, intensiv gezeichnete Charaktere aus Fleisch und Blut und aus den unterschiedlichsten Milieus, ein genau recherchierter, hochinteressanter Hintergrund und eine immer voranstrebende, oft rasante Handlung kennzeichnen diesen Roman, der sicher nicht zu Unrecht den "Glauser 2020" erhielt.
Wer fesselnde Schreibe und ein zeitgeschichtliches, noch nicht überstrapaziertes Thema mag, liegt mit "Die Rote Hand" genau richtig: Kriminalliteratur vom Feinsten!
Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.