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Traue niemandem, diese Weisheit hat Red schnell gelernt. Sie ist auf dem Weg zu ihrer Großmutter, da seit einer plötzlich eingetretenen Seuche der Kontakt zu anderen Menschen gefährlich ist und ihre Oma tief im Wald wohnt. Jedoch, nicht nur die Seuche macht es gefährlich, andere Leute zu treffen, sondern es scheint auch so, als bringe die neue Gesellschaft das Schlimmste in den Menschen zu Tage und dann gibt es auch noch Hinweise auf eine unbekannte Kreatur, die auf grausame Weise tötet.
Christina Henrys Buch "Die Chroniken von Rotkäppchen: Allein im tiefen, tiefen Wald" erschien im Original im Jahr 2019, und das an sich ist schon erstaunlich, beschreibt die Autorin doch eine Seuche, wie sie ein Jahr später die ganze Welt im Griff hatte. Sie beschreibt eine Krankheit, die über die Atemwege verbreitet wird, schnell tödlich enden kann und gegen die es kein Gegenmittel gibt. Die Regierung schafft alle Infizierten in Lager und genau davor flüchtet die Hauptperson, die bereits ihre Eltern an die "KRISE", wie sie hier genannt wird, verloren hat.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Red, einer jungen Frau, die eine Beinprothese trägt und sich zu Fuß zu ihrer Großmutter durchschlagen muss, da die Infrastruktur des Landes komplett zusammengebrochen scheint.
Damit hat die Autorin ein interessantes Setting geschaffen, aber abgesehen davon, dass sie eine Vorliebe für seltsame Beschreibungen hat wie zum Beispiel einen Blick, den sie als "so ausdruckslos wie eine Scheibe Toastbrot" beschreibt, oder "nichtssagend wie Milchreis" gibt es bei der Geschichte noch einen Elefanten im Raum, der angesprochen werden muss. Die Story hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Märchen von Rotkäppchen zu tun. Es gibt zwar eine Großmutter, aber die ist nicht krank, von einem oder gar mehreren Wölfen fehlt jede Spur und alleine ist Red einen Großteil der Geschichte auch nicht unterwegs, wobei sie zugegebener Maßen in einem Wald unbekannter Tiefe unterwegs ist.
Wer hier also ein Retelling, wie sie zurzeit ja recht beliebt sind, erwartet, der wird sich wundern. Wer dagegen einfach eine Dystopie lesen möchte, kann hier ruhig zugreifen, wenn er über die Eigenheiten der Hauptfigur hinwegsehen kann.
Abgesehen davon, dass also jemand so aussieht wie Milchreis, hat Red auch die Angewohnheit, manchmal in Großbuchstaben zu denken. Das Wort "KRISE" stellt sie sich also groß geschrieben vor und das ist zumindest seltsam, denn wer sieht seine Gedanken vor seinem inneren Auge aufgeschrieben? Sei es, wie es ist, wenn Red einen wichtigen Gedanken hat, so kann der Leser ihm jedenfalls leicht folgen, denn immer wieder springen ihm im Text Worte wie "WELTUNTERGANG", "GUTE ALTE ZEIT" oder eben "KRISE" an. Das passiert über das ganze Buch hinweg, manchmal mehrfach auf einer Seite und stört den Lesefluss ein kleines bisschen.
Darüber hinaus springt die Erzählung zwischen davor und danach hin und her, sodass der Leser aufpassen muss, an welchen Zeitpunkt der Geschichte er sich gerade befindet, zumal die Autorin sich eines manchmal recht trockenen Erzählstils befleißigt. So in einem Rutsch will sich das Buch daher nicht lesen lassen und wer mit der Hauptfigur warm werden will, braucht Geduld.
Sehr schön dagegen ist das Cover gehalten und rein optisch ist dieses Rotkäppchen ein Gewinn für jedes Bücherregal, da hier Cover und Buchschnitt mit viel Liebe entworfen wurden.
Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.