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 rororo science: Über die Entstehung von Sex durch generöses Verhalten

Warum wir Schönes lieben und Gutes tun


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Was hat der prächtige Pfauenschwanz mit "Yesterday" von den Beatles zu tun oder mit dem menschlichen Bedürfnis, anderen zu helfen?
Der dänische Wissenschaftsjournalist Tor Nørretranders stellt schlüssig einen Zusammenhang zwischen farbenfrohen Männchen aus dem Tierreich und kulturellen Leistungen des Menschen her. Zunächst zeigt er auf, dass der Mensch keineswegs - wie man oft aus Darwins natürlicher Selektion ableitet - ein echter Homo oeconomicus ist, also ein Egoist, der mit anderen nur kooperiert, wenn ihm dies offensichtlich zum Vorteil gereicht. Vielmehr gehört altruistisches Verhalten zu unseren Grundbedürfnissen: Es macht uns glücklich, Gutes zu tun, selbst wenn wir nicht unmittelbar davon profitieren. Und uns widerstrebt egoistisches, unkooperatives Verhalten anderer Menschen, ob es uns nun schadet oder nicht. Dies lässt sich eindrucksvoll anhand von verschiedenen Spielen beweisen. Warum ist das so? Dass man sich um seine Familie bemüht, lässt sich über die von Darwin in der "Entstehung der Arten" als Motor der Evolution erkannte natürliche Selektion erklären: Unsere Verwandten tragen teilweise unsere Gene weiter. Warum aber würden die meisten Menschen ein Risiko eingehen, um Fremde zu retten?
Hier kommt die zweite Triebkraft für die Evolution ins Spiel: die sexuelle Selektion. Da bei den meisten Tierarten die Weibchen wesentlich mehr in den Nachwuchs investieren als die Männchen, suchen sie üblicherweise die Männchen sorgfältig aus, mit denen sie Nachkommen zeugen wollen. Diese müssen gute Gene liefern. Und die wiederum lassen sich nur indirekt erkennen. Ein sozusagen selbst auferlegtes "Handicap" wie der für den Pfauenhahn eher hinderliche lange, schwere und auffällige Schwanz beweist, dass dessen Träger fit genug ist, um mit extremen Anforderungen des Lebens zurechtzukommen. Die Pfauenhennen bevorzugen folglich Hähne mit prachtvollen Schwänzen, um gesunden Nachwuchs mit guten Vermehrungschancen zu erhalten. Ein Mann, der besondere Taten vollbringt oder Statussymbole besitzt, zeigt, dass er genug Ressourcen besitzt, um scheinbar überflüssigen Beschäftigungen zu frönen. Das macht ihn attraktiv für Frauen. Allerdings ist beim Menschen nicht nur Damenwahl angesagt, weshalb auch Männer Forderungen an die Frau ihres Herzens stellen.
Die sexuelle Selektion hat praktisch alle Merkmale der Lebewesen hervorgebracht, die nicht dem nackten Überleben dienen, also auch die menschliche Kultur. Der Autor untersucht daher unsere intensiv von den Gesetzen des Marktes geprägte Gesellschaft auf Merkmale der sexuellen Selektion - auch wenn Sex dabei keinerlei direkte Rolle spielt -, und gelangt zu überraschenden Ergebnissen. Er geht unter diesem Gesichtspunkt auch Visionen von der Zukunft nach, vor allem dem Verlust persönlicher Beziehungen und dem Klonen. Es überrascht wohl kaum, dass solche Szenarien der Natur des Menschen klar widersprechen.

Unterhaltsam, humorvoll, bestens verständlich und dennoch sehr informativ zeigt der Autor den Zusammenhang zwischen generösem Verhalten und sexueller Selektion auf. Dabei legt er Wert darauf, die aus der sexuellen Selektion resultierenden Verhaltensweisen nicht als puren, genetisch bedingten Automatismus darzulegen, sondern als ein wunderbares, wertvolles Erbe, dessen wir uns nicht leichtfertig entledigen sollten, zumal viele Tests auf der Basis von Spielen zeigen, dass wir durchaus eine gewisse Entscheidungsfreiheit besitzen, insbesondere, wenn es um die Reaktion auf bestimmte Verhaltensweisen geht. Auch Leser, die sich bereits mit der Funktionsweise der Evolution befasst haben, werden in diesem Buch einige interessante neue Fakten und Denkanstöße finden, vor allem in dem Abschnitt, in dem es um unser Verhältnis zu den Mechanismen des Marktes geht, der scheinbar unser Leben bestimmt.
Ob eine geklonte Menschheit inmitten von Robotern, die der Autor mit einem Anflug von etwas pauschaler Fortschrittsfeindlichkeit als mögliche Zukunft voraussieht, überhaupt Wirklichkeit werden kann, sei ebenso dahingestellt wie die Möglichkeit der Umsetzung von Nörretranders? zugegebenermaßen interessanter Vision einer globalen Wohlfahrtsgesellschaft auf Gegenseitigkeit als Ausweg für die Kluft zwischen Reichtum und bitterer Armut. Die zentralen Gedanken des Buchs stützen sich auf eindeutige Beobachtungen und Fakten: Wir schaffen Kultur und tun Gutes, weil wir einen Status anstreben, der uns anderen Menschen und vor allem dem anderen Geschlecht gegenüber attraktiv macht. Keine schlechte Basis für die Zukunft.
Die schlichte, aber ansprechende Aufmachung entspricht allen Anforderungen an ein gutes Paperback, sodass ich das Buch auch in dieser Hinsicht sehr gern empfehle.

Regina Károlyi



Softcover | Erschienen: 1. April 2006 | ISBN: 3499616629 | Preis: 9,90 Euro | 351 Seiten | Sprache: Deutsch

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