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"The Underland Chronicles" nennt sich die Jugendbuchreihe um den elfjährigen Überländer Gregor im amerikanischen Original. Anfang 2005 erschien "Gregor the Overlander", der erste Band der bisher vier Romane umfassenden Reihe, unter dem Titel "Gregor und die graue Prophezeiung" auch in deutscher Übersetzung, im Herbst folgte das vorliegende Hörbuch, das sich als szenische Lesung präsentiert.
Gregor ist schlecht gelaunt. Denn statt - wie andere Kinder seines Alters - in einem Ferienlager zu sein, muss er auf seine zweijährige Schwester Boots aufpassen. Doch Gregor beklagt sich nicht, denn er weiß: Seit sein Vater spurlos verschwunden ist, ist er der Mann im Haus. Doch als Gregor gerade mit seiner Schwester im Waschkeller ihrer New Yorker Wohnung ist, geschieht etwas Unglaubliches - Boots beugt sich in einen Lüftungsschacht hinein und noch während Gregor zu ihr hinhechtet, um sie festzuhalten, stürzen sie beide in das scheinbar bodenlose Nichts. Nach einem langen Sturz landen die beiden Geschwister unversehrt in Unterland, einer Welt unterhalb New Yorks - und stehen riesigen Kakerlaken gegenüber. Diese halten die kleine Boots für ihre Prinzessin und führen die Kinder zu den Unterländern, die in Gregor einen ihnen prophezeiten Retter erkennen. Und noch etwas erfährt Gregor: Sein Vater muss ebenfalls durch den Lüftungsschacht gestürzt sein, damals, vor zwei Jahren - doch ob er noch lebt, ist eine ganz andere Frage. Denn sein Vater wurde nach Aussage der Unterländer von den grausamen Ratten gefangen genommen, die derzeit einen Angriff auf das Volk der Unterländer planen. Der Prophezeiung gemäß und um seinen Vater zu retten, muss sich Gregor jetzt aufmachen, um Unterland von der drohenden Gefahr zu erlösen - doch ihm stehen zahlreiche Gefährten zur Seite: Unterländer, Kakerlaken, Fledermäuse, Spinnen und eine Ratte ...
Zunächst kann der Hörer kaum einen Zugang zu Suzanne Collins Geschichte finden, denn die Umstände, die dazu führen, dass der junge Gregor und dessen zweijährige Schwester Boots nach Unterland gelangen, scheinen doch recht unrealistisch. Dass die beiden Kinder dort dann auf sprechende, übergroße Kakerlaken treffen, macht die Erzählung nicht unbedingt sympathischer - denn mal ganz ehrlich: Was gibt es über Kakerlaken schon Spannendes zu berichten, dass man eigens dafür ein Buch schreiben müsste? Zwar beweist Suzanne Collins mit ihrem Roman, dass es doch etwas über Kakerlaken zu erzählen gibt, doch zur großen Freude des Hörers wendet sich die Geschichte schon bald dem weitaus interessanteren Kampf zwischen Unterländern und Ratten zu und lässt die Kakerlaken nur noch eine untergordnetere Rolle spielen. Dabei erschafft die Autorin eine schön ausgearbeitete Welt unter der Erdoberfläche, doch gelingt es ihr nicht, die Verknüpfung zur oberirdischen Welt glaubhaft anzulegen. So erscheint nicht nur der Weg, auf welchem Gregor nach Unterland gelangt, höchst unrealistisch, auch Elemente Unterlands selbst wirken auf ihre bizarre Weise unglaubwürdig und möchten sich nicht richtig in die Erzählung eingliedern. Dass Suzanne Collins eine Gruppe mehrerer Charaktere verschiedener Rassen - in diesem Fall sind es zwei Überländer, zwei Unterländer, zwei Fledermäuse, zwei Kakerlaken, zwei Spinnen und ein Nager - auf die Reise schickt, ist seit dem "Herrn der Ringe" im Genre der Fantasy nichts Außergewöhnliches mehr. Während die Kakerlaken, Spinnen und teilweise auch Fledermäuse sehr zweidimensional erscheinen, sind es die Über- und Unterländer sowie der Rattenführer, denen die Autorin Tiefe verliehen hat und die das Wohlwollen des Hörers erregen.
Das mag aber durchaus an der Art der Hörbuchumsetzung liegen. Als szenische Lesung folgt das Hörbuch zu "Gregor und die graue Prophezeiung" zwar dem Buchtext, setzt jedoch gleichzeitig unterschiedliche Sprecher für verschiedene Figuren ein - zumindest für die wichtigsten der Charaktere, die unwichtigeren übernimmt der Erzähler. Während letzterer sicher, aber anfangs gewöhnungsbedürftig durch die Lesung führt, können die Kakerlaken mit ihren piesig-leisen, kaum verständlichen Stimmchen sowie die akustisch verzerrten Stimmen der Fledermäuse und Spinnen weniger gefallen denn die der Unterländer. Besonders Jürg Löw in der Rolle der Ratte Ripred sowie Cara Hegeler, die Sprecherin der zweijährigen Boots, sind die absoluten Sympthieträger der Hörbuchumsetzung. Unterstützt werden die Sprecher von teils melancholischen, teils fröhlichen Musikunterlegungen, die allerdings leider nicht immer die Atmosphäre der Geschichte treffen.
Fazit:
Die Hörbuchumsetzung zu "Gregor und die graue Prophezeiung" bietet nach anfänglichen Schwierigkeiten kurzweilige Unterhaltung, doch sowohl die Romanvorlage als auch die szenische Lesung selbst lassen einige Ansätze für Kritik offen, so dass sich die Umsetzung leider lediglich im Mittelmaß fantastischer Jugendhörbücher bewegt.