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 Der Liebhaber unserer Mutter

Autoren: Katharine Weber
Übersetzer: Brigitte Gerlinghoff
Verlag: C. H. Beck

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Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


"Der Liebhaber unserer Mutter" von der amerikanischen Schriftstellerin Katharine Weber ist die Geschichte der drei Schwestern Amy, Joanna und Meg, die in einem gepflegten, alternativen und behüteten Ambiente in New York aufgewachsen sind. Auch finanziell geht es der Familie Green blendend, denn wer auf der New Yorker Upper West Side wohnt, muss einfach viel Geld haben. Die älteste Tochter Meg studiert bereits im zweiten Jahr in Yale, Amy und Joanna gehen auf eine Privatschule. Eines Tages finden sie heraus, dass ihre Mutter, eine Literaturdozentin, eine Affäre mit einem Studenten hatte und der Vater ihr ganz unproblematisch verziehen hat. Die Schwestern sehen im Verhalten ihrer Eltern einen moralischen Verrat.

Von einem Tag auf den anderen zerbröckelt ihre heile Welt; ihre Traumfamilie erscheint ihnen gar nicht mehr so ideal. Zu groß sitzt der Schock, dass Mutter Janet - die freundliche, kluge und korrekte Unidozentin - in einer aus Unaufmerksamkeit nicht gelöschten E-Mail von einem ihrer Studenten "meine Ficktaube" genannt wird und die Affäre von Vater Lou auch noch verstanden und gleich verziehen wird. Gekränkt brechen Amy und Joanna aus der "Harmoniehölle" aus und ziehen zu ihrer Schwester Meg nach New Haven. Ihre eigenen Beziehungs- und Liebesgeschichten, die sie nun durchleben, ihre Bemühungen, sich als Rumpffamilie neu zu finden, weichen im Laufe der Zeit ihren Rigorismus wieder auf. Allmählich begreifen sie, wie sehr sie verwöhnt wurden.

Erzählt wird der Roman von einer der Schwestern, Joanna, der Mittleren. Sie hat aber mit Meg und Amy die Vereinbarung getroffen, dass sie, wo immer es ihnen nötig erscheint, ihre Kommentare in das Manuskript einfügen dürfen. Diese Kommentare am Ende jedes Kapitels will Katharine Weber wohl für Reflexionen über das Verhältnis von Realität und Fiktion nutzen und auch, um die Spannung des Romans zu erhöhen, der tatsächlich mit vielen Überraschungen aufzuwarten weiß. Allerdings sind gerade diese Anmerkungen störend, weil sie immer wieder den Lesefluss unterbrechen und auch nicht immer Informationswert besitzen. Beispiele sind: "Sind das nicht ein bisschen viel Details?", oder: "Sind das nicht ein bisschen wenig Details?" Oder: "Warum schreibst du so über mich?" Die Kommentare wirken oft wie das zänkische Streiten pubertierender Mädchen. Die Protagonistinnen sind zwar - zugegeben - wirklich Teenager im Alter von fünfzehn bis neunzehn, dies legitimiert jedoch trotzdem nicht diese für den Leser anstrengenden Einfügungen.

Interessant wird das Buch eher durch ein anderes Stilmittel. "Der Liebhaber unserer Mutter" ist voller Anspielungen auf den amerikanischen Jugendbuch-Klassiker "Little Women" von Louisa May Alcott, der unter dem Titel "Betty und ihre Schwestern" auch in Deutschland viele Freunde hat. Auch durch die Hinweise auf dieses Buch wird die Beziehung von Leben und Erzählen intelligent und unterhaltsam durchgespielt.

Der Konflikt, in einem hyperliberalen Elternhaus aufzuwachsen, indem sich die Eltern eher als Kumpel denn als Autoritätspersonen verstehen, ist ein spannendes Thema, dem Katharine Weber inhaltlich gerecht wird. Die drei Schwestern wollen eine feste, vertraute Bindung, nicht irgendeine offene Zweierbeziehung. Sie wollen klare Regeln in einer Familie und nicht die politische Korrektheit ihrer New Yorker Eltern. Liebenswert, weise und elegant erzählt ist "Der Liebhaber unserer Mutter" ein Roman über die Familie, die Liebe und das Heranwachsen junger Frauen.

Nikola Poitzmann



Hardcover | Erschienen: 01. Februar 2006 | ISBN: 3406542115 | Originaltitel: The Little Women | Preis: 19,90 Euro | 334 Seiten | Sprache: Deutsch

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