Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Salsa, Sonne, Sozialismus - das sind Schlagwörter, die viele Menschen mit Kuba verbinden, doch bestimmt nicht alles, was dieses vielseitige Land ausmacht. Die karibische Insel liegt nah der amerikanischen Küste im Karibischen Meer am Eingang zum Golf von Mexiko, 140 Kilometer entfernt von den Bahamas, 146 Kilometer von Jamaika, 180 Kilometer von Florida und 210 Kilometer von Cancún. Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks ist Kuba jedes Jahr Ziel für Millionen von Touristen. Der Taschen Verlag gewährt in seinem 411 Seiten dicken Bildband "Inside Cuba" Einblick in das faszinierende Land, das der Welt Tänze wie Mambo, Rumba und Chachachá bescherte und auch erheblich an der Salsa-Welle beteiligt ist, die vor einigen Jahren nach Europa überschwappte.
In "Inside Cuba" zeigt die Herausgeberin Angelika Taschen jedoch weniger die bekannten Postkartenstrände, Aufnahmen von Fidel Castro, Bilder von den kultigen Cadillacs oder Zigarre rauchende Kubaner, sondern setzt ihren Schwerpunkt auf eine weniger beachtete Schönheit Kubas: seine Bauwerke. Der Leser kann auf den gelungenen Fotografien des Italieners Gianni Basso die schönsten Häuser, Hotels, Clubs, Paläste und Hütten in den Städten Havanna, Cojímar, Varadero, Santiago de Cuba, Bayamo, Trinidad, Cienfuegos, Pinar del Río und Vinales bewundern.
Nähere Informationen zu den Bauwerken gibt der Architekturprofessor Julio César Pérez Hernandez in kurzen Beschreibungen auf Deutsch, Englisch und Französisch. Beispielsweise erfährt der Leser über das 1930 eröffnete Luxushotel "Nacionál" in Havanna, dass es schon immer eine illustre Klientel anzog: "Errol Flynn, Frank Sinatra, Ava Gardner und Marlon Brando reisten aus Hollywood an. Heute heißen die berühmten Gäste Pierre Cardin und Naomi Campbell; auch der Nobelpreisträger für Literatur, Gabriel García Márquez, gehört dazu."
Das Hotel wurde auf dem Hügel gebaut, wo sich früher die Unterkunft der Geschütztruppe von Santa Clara befand. Von hier hat man eine wunderschöne Sicht auf Havanna und die Meeresenge von Florida. Das Gebäude, eine Mischung aus Art Déco, Neoklassizismus und spanischem Revival, wurde von den renommierten New Yorker Architekten McKim, Mead & White entworfen. Über eine Palmenallee wird man ins elegante Foyer mit Kassettendecke und Kacheln aus Sevilla geführt. Das Foyer verbindet die Restaurants innen und im Garten mit dem Kabarett des Hotels, wo an den Wochenenden Mitglieder des legendären Buena Vista Social Clubs auf der Bühne stehen.
Weitere Höhepunkte unter den kulturellen Sehenswürdigkeiten sind traditionelle Häuser mit der Patina ganzer Generationen, moderne Häusern (darunter eines von Richard Neutra) und Häuser von Künstlern, wie das des Malers, Bildhauers und Keramikers José Rodríguez Fúster, dessen optimistische und lebensfrohe Darstellung des Lebens typisch für die Kunst Kubas und auch für die Mentalität ihrer Einwohner ist. Kunstkenner werden auf den Fotografien von Fústers Kunstwerken sofort den Einfluss von Picasso und Gaudí entdecken.
Weiterhin zeigt "Inside Cuba" die farbenfrohen und archetypischen Interieurs von Kubas eindrucksvollen Villen aus dem 20. Jahrhundert, den Palast eines Zuckerbarons, die Zigarrenfabrik Partagás, einer der ältesten und besten in Havanna, den Barockpalast der Capitanes Generales, die spektakuläre und futurische Eisdiele "Heladería Coppelia" in Havanna und die Bars, die der Schriftsteller Ernest Hemingway besuchte, sowie sein Anwesen bei Havanna, das er 1940 kaufte und wo er den Klassiker ???Der alte Mann und das Meer" schrieb. Auch Fotografien der Drehorte, an denen der 1995 für den Oscar nominierte und viel diskutierte kubanische Film "Erdbeer und Schokolade" spielte, sind Bestandteil des Bildbands.
"Inside Cuba" ist ein origineller und ästhetischer Bildband, der nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch interessante Informationen über Kubas Gebäudekunst bietet. Architektur-Liebhaber werden mit diesem Buch voll auf ihre Kosten kommen. Interessant und mit Verlaub unverzichtbar wäre noch ein Vorwort der Herausgeberin gewesen, in dem sie erklärt, warum sie den Fokus bewusst auf die Baukunst Kubas gelegt und die Darstellung von Landschaft fast völlig ausgespart hat. Nichtsdestotrotz kann auch der Kunstlaie einfach den Anblick der schönen Architekturaufnahmen genießen und bei Interesse die Erklärungen lesen.
Um richtig in Stimmung zu kommen, sollte sich der Leser einen leckeren Mojito mixen, eine CD von Compay Segundo einlegen, genüsslich an einer Zigarre ziehen und dabei in aller Ruhe durch die architektonischen Liebreize Kubas blättern, denn wie schon Kolumbus seinerzeit erklärte: "Kuba ist das schönste Land, das Menschenaugen je erblickten."