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Nach dem großen Erfolg der ersten beiden DSA-Hörbücher Der Göttergleiche (Ulrich Kiesow) und Das Auge des Morgens (Thomas Finn) hat der Horchposten-Verlag einen Schritt weiter gemacht. Während das erste Hörbuch nur eine CD umfasst und das zweite zwei, besteht Das Greifenopfer schon aus sechs CDs. Erneut wurde eine Geschichte von Thomas Finn vertont.
Das Hörbuch beginnt mit einem Einblick in die orkische Kultur, der Schwarze Marschall sucht den Aikar Brazoragh in Khezzara auf. Dann kommt der Hörer mit dem bekannten und beliebten Protagonisten Greifwin in Lowangen an. Die Stadt ist langsam dabei, die Strapazen, die sie im Orkkrieg erlitten hat, abzuschütteln. Greifwin Svellbach möchte Anspruch auf das Familienerbe erheben. Sein Vater, der damals alleine in Lowangen zurückgeblieben ist, ist gestorben und der Rest der Familie gilt als verschollen.
Magister Elcarna von der Akademie der Verformung zu Lowangen erfährt von Greifwins Rückkehr und lässt die Adepta Mayla, eine Halbelfe, zu sich kommen. Diese kennt Greifwin aus Kindestagen und soll überprüfen, ob er wirklich derjenige ist, für den er sich ausgibt. Denn Elcarna weiß aus sicherer Quelle, dass Greifwin Svellbach wie der Rest der fortgegangenen Familie um sein Leben kam.
Und noch etwas stimmt bei dieser ganzen Angelegenheit nicht: Seit Ankunft des Fremden sind Gemälde verschwunden, die aus dem Besitz der Familie Svellbach stammen. Und er ist untergetaucht, bevor die Magier der Stadt ihn überprüfen konnten. Die verschwundenen Bilder scheinen etwas Besonderes zu sein und gehören zusammen. Sie heißen "Lowanger Frühling, Sommer, Herbst und Winter" und auf ihnen ist immer die gleiche Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten abgebildet. Eines der Bilder ist noch nicht gestohlen worden und dieses soll Mayla untersuchen, um herauszufinden, was so wertvoll an den Gemälden ist.
Bald schon treffen sich die Wege von Greifwin und Mayla und ein gewohnt leicht humoristischer "Zweikampf" entbrennt. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und dunkle Dinge geschehen. Und wer hätte schon vermuten können, dass hinter all dem eines der größten Geheimnisse Aventuriens steckt? Und dass es um die Geschicke der Menschen, Orks und Trolle geht? Ein großes Abenteuer erwartet unsere beiden Helden.
Das Greifenopfer erschien als Buch ursprünglich bei Heyne, wurde aber von Fantasy Productions im Juni 2005 neu aufgelegt. Gerade interessierte DSA-Fans kommen hier auf ihre Kosten. Denn Thomas Finn knüpft hier unzählige Fäden zusammen, die aus älteren Abenteuern stammen und auf neuere verweisen. Mit sprachlicher Begabung webt er eine zauberhafte Geschichte, in der zwei liebevoll gestaltete Hauptcharaktere dem Lauf ihres Schicksals nicht entgehen können. Die Orks, die am Anfang des DSA-Rollenspiels lediglich "Kanonenfutter" waren, werden hier mitsamt ihrer Kultur und Tradition lebendig aufgezeigt. Denn ein Volk, das fast Gareth erobern konnte, besteht nicht aus haarigen Tölpeln. Genauso wie die Menschen kämpfen sie hier für ihr Wohl und den Ruhm ihrer Götter. Auch wenn in dieser Geschichte sehr viele gegensätzliche Figuren aufeinander prallen, wirkt das ganze niemals aufgesetzt. Atmosphärisch dicht wird der Leser in eine fesselnde Geschichte gezogen, die die Zukunft von Aventurien entscheidend verändern könnte. Sowohl die auftauchenden Trolle als auch die Orks werden durch sprachliche Unterschiede, was natürlich auch im entsprechend Hörbuch umgesetzt wurde, charakterlich lebendig und teilweise recht humorvoll gezeichnet.
Der Humor kommt am Anfang ohnehin nicht zu kurz, denn die Situationen von Greifwin und Mayla zeigen einiges davon. Aber spätestens ab der Abreise aus Lowangen geht dieser Anteil zurück und eine eher ernste und epische Handlung beginnt. Finns Sinn für Humor klingt aber auch später noch heraus, etwa wenn Greifwin vermeint, Würfel rollen zu hören. Zwar ist dies natürlich eigentlich eine Anspielung auf seinen Gott des Glücks, den Herren Phex, doch jedem Rollenspieler, der mit Würfeln seinen Charakter ins Feld geschickt hat, entlockt dies ein kleines Lächeln.
Das Hörbuch ist gut umgesetzt. Auch dieses Mal spricht Axel Ludwig alle männlichen Parts (bis auf einen) und den Erzähler. Neu ist die weibliche Verstärkung: Sabine Brandauer leiht Mayla ihre Stimme. Beide machen einen guten Job, auch die "Neue" weiß zu überzeugen. Die musikalische Untermalung in Form von "mittelalterlichen" Klängen stammt dieses Mal von den Borbarad-Moskitos. Das klingt schon ganz nett, trägt aber bei manchen Szenen die Spannung nur bedingt mit. Je nach Handlung wäre aber zu überlegen, ob man markante Rollen nicht in Zukunft mit einer eigenen Stimme würdigt.
Schade ist, dass das Booklet all die schönen Sachen nicht aufweist, die den Roman aufwerten: Karte Aventuriens, Glossar und vor allen Dingen das Nachwort. Denn dieses gliedert den Roman in den aventurischen Zeitstrang ein und verweist auf zusammenhängende Folgeromane und -Abenteuer. Gerade bei einer Geschichte, die einen wichtigen Teil der aktuellen und vergangenen Geschichte Aventuriens behandelt, vermisst man das beim Hörbuch schon.
Fazit:
Für DSA- und Hörbuch-Fans ein Muss. Nach einem beschwingten Anfang entwickelt sich ein großes Abenteuer, es gibt viele Gefahren und die Geschichte Aventuriens spielt eine große Rolle. Menschen, Orks und Trolle sind mehr als Abziehbilder und auch die Protagonisten entwickeln sich.
DSA-Fremde werden sich im zweiten Teil des Hörbuches eventuell weniger wohl fühlen als im ersten Teil. Wer Das Auge des Morgen mochte, wird mit dem ersten Teil sicherlich zufrieden sein. Der zweite Teil ist schon stark DSA-spezifisch. Wer sich aber ein bisschen mit Aventurien, dessen Geschichte und Völkern auskennt und mitdenkt, bekommt eine gut zusammen gefügte Handlung. Für DSA-Fremde kann man einen Punkt von der Wertung abziehen.
Der Preis für die sechs CDs ist natürlich im Vergleich zu größeren Verlagen etwas hoch, aber das erklärt sich aus der geringeren Auflage.