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Die Wunand Aranthia und ihr Sohn Alduin leben alleine in den weiten Wäldern Nymaths. Aranthia gehört einem Stamm der wehrhaften Amazonen an, dem sie jedoch den Rücken gekehrt hat. Schon früh in ihrem Leben hat sie erkannt, dass sie geschaffen dafür ist, zu heilen und nicht zu kämpfen. Doch sie hat auch eine zweite Begabung, die sie sogar vor sich selbst verleugnet. In gewissen Momenten ist sie fähig, Visionen zu empfangen. Als sie in der großen Hafenstadt Sanforan lebte, verliebte sie sich in einen Raiden, einen Falkner, von dem sie ein Kind empfing. Doch dann verschwand ihr Liebster und sie selbst zog sich in die Wälder zurück, um ihrem Sohn ein ruhiges Leben zu gewährleisten.
Doch wie es scheint, hat das Schicksal anderes mit Alduin vor. Als er eines Tages begeistert durch die Natur streift, beobachtet er ein Falkennest. In seinem Inneren hat er die Gewissheit, dass ihn irgendetwas hierher gerufen hat. Er kann nicht genau beschreiben wie, doch er empfängt von der Falkenmutter die Botschaft, dass sie die Zukunft ihres gelegten Eis, ihres Jungen, in seine Hände legen will. Bewegt und verwirrt bringt er dieses kostbare Geschenk nach Hause und kümmert sich rührend um das frisch geschlüpfte Küken. Da weiß Aranthia, dass sie ihren Sohn nicht vor seiner Vergangenheit bewahren kann und erzählt ihm ihre Geschichte. Gemeinsam beschließen sie, in die Stadt Sanforan zu gehen, damit Alduin dort, gemeinsam mit vielen anderen Falknern, lernen kann, sich mit seinem Vogel im Flug zu verbinden und durch seine Augen zu sehen. Rasch stellt sich heraus, dass der Junge auch ihre Gabe der Visionen geerbt hat. Aranthia ist betrübt über diese Erkenntnisse, da sie nur zu genau fühlt, dass das Schicksal etwas ganz Besonderes für ihren Jungen bestimmt hat. Er allein kann Nymath, seine Heimat, vor dem drohenden Untergang retten.
Dieses Jugendbuch gehört zu einer Reihe von Büchern, die in der Welt "Nymath" spielen und von deren Mysterien erzählen. Wie alle anderen Bücher aus der Reihe "Das Erbe der Runen", enthält auch dieses Buch eine CD mit Liedern, die passend zum Buch geschrieben wurden. Die drei enthaltenen Songs, die von der Sängerin Anna Kristina gesungen werden, passen gut zur Geschichte und wirken sehr sphärisch und entspannend.
Die Geschichte selbst folgt einem sehr klassischen Schema. In Anbetracht der jugendlichen Zielgruppe ist auch die Hauptfigur erst dreizehn Jahre alt. Der junge Alduin offenbart im Laufe der Geschichte immer mehr wunderbare Eigenschaften, die ihn letztendlich davon überzeugen, dass das Schicksal etwas ganz Bestimmtes mit ihm im Sinn hat. Und tatsächlich bedroht auch bald eine Gefahr ganz Nymath und lediglich Alduin und sein Falke können zu guter Letzt das Böse besiegen. So einfach diese Geschichte klingt, so einfach ist sie auch geschrieben und aufgebaut. Der Fath-Händler Carto zum Beispiel, der sich schon anfangs durch einen üblen Diebstahl als Bösewicht herausstellt, übt diese Funktion auch später noch aus, sozusagen als Rache, da Alduin seinen ersten Diebstahl vereitelt hat. Man hat den Eindruck, dass alle Gespräche der Charaktere lediglich dazu dienen, dem Leser Wissen zu vermitteln. Kein einziger Dialog erwirkt den Eindruck von Natürlichkeit. Jeder, besonders der jugendliche Alduin, gibt ständig irgendwelche Weisheiten oder wichtige Informationen von sich. Alle besonderen Ereignisse verknüpfen sich später zu einem kompletten Gesamtbild und hängen somit miteinander zusammen. Leider bemerkt auch der Leser dies sehr rasch, weswegen die Spannung dieses Buches sehr schnell zu nichts verpufft.
Ganz besonders der junge Alduin ist als Hauptfigur sehr unglaubwürdig. Es braucht lediglich ein, zwei überzeugende Sätze und schon fügt er sich in die Rolle des Weltenretters. Ständig gibt er überlegene Weisheiten von sich und gibt den Erwachsenen, auch seiner Mutter, Ratschläge. Dieser dreizehnjährige Junge wirkt als einziger in der Geschichte, abgesehen von seiner Freundin, der jungen Amazone Erilea, kompetent. Da er aber doch recht jung ist, kommt dem Leser das schon ziemlich seltsam vor. Auch die Tatsache, dass in einer Stadt, in der es mehrere Seher gibt und viele ausgebildete Falkner, Alduin und seine Freunde auf die Spur der verschwundenen Nebelsängerin angesetzt werden, mag vielleicht zur Geschichte passen, ist aber keineswegs glaubhaft.
Selbst wenn man vor diesen Dingen die Augen verschließt und gnädig darüber hinwegsieht, da ein Jugendbuch sicherlich andere Ansprüche erfüllen muss, als ein Buch für Erwachsene, so sticht doch das Ende, an dem sich das Schicksal Nymaths entscheidet, noch sehr negativ heraus. Gerade die spannendsten Ereignisse werden im Zeitraffer abgehandelt, als ginge es darum, möglichst viel auf möglichst wenig Seiten zu packen. Aus heiterem Himmel entschlüsselt Alduin aus recht dürftigen Visionen die kompletten Zusammenhänge und rettet damit die Nebelsängerin. Nach der letzten Seite schlägt der Leser das Buch zu und fragt sich verwundert, was ihm die Geschichte jetzt eigentlich gebracht hat.
"Der Schrei des Falken" ist ein sehr schön gestaltetes Buch mit CD, auf der drei wirklich gute Lieder enthalten sind. Leider erfüllt die Geschichte keineswegs die Erwartungen, die der Leser aufgrund der hübschen Aufmachung an das Buch stellt. Zu oft sträuben sich einem beim Lesen die Haare aufgrund der allzu konstruierten Vorgänge. In dieser Geschichte steckt weder Leben, noch Spannung, noch Mystik. Was einem bleibt ist, sich die CD anzuhören und das Buch ins Regal zu stellen, wo es sich wirklich recht hübsch macht.