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"Mein Name ist Vlad Taltos. Ich bin Berufskiller. Und das ist die Geschichte vom Anfang meiner Karriere, als ich mitten in einen Jhereg-Krieg geriet und mich in die Frau verliebte, die mich getötet hat ..."
Mit diesen wenigen, doch sehr vielversprechenden und äußerst aussagekräftigen Sätzen wirbt der Verlag Klett-Cotta auf der Umschlagrückseite für das vorliegende Buch und macht den Leser damit mehr als nur gespannt auf diesen Roman um den Antihelden Vlad Taltos. Dessen erste Abenteuer erschienen bereits in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts und verschafften dem amerikanischen Autor Steven Brust einen Erfolg, der in den USA schon lange als Kult bezeichnet werden kann. Seit 2002 erscheinen die Bücher in deutscher Übersetzung und werden dadurch auch hierzulande immer bekannter. "Yendi" ist, obwohl es in Deutschland erst nach "Jhereg" und "Taltos" herausgegeben wurde, der zweite Band der humorvollen Fantasyreihe und erzählt die Vorgeschichte Vlad Taltos.
Vlad Taltos hat es nicht leicht, ganz und gar nicht. Als Mensch muss er sich im Reich der Dragaerer behaupten, die die "Ostländer" jedoch überhaupt nicht leiden können. Wenigstens konnte sich sein Vater in das Haus der Jhereg einkaufen - dennoch wird Vlad in seiner Kindheit wie der letzte Dreck behandelt. Schnell lernt er, sich zu wehren, den hochgewachsenen Dragaerern mit Fäusten zu antworten. Doch auf Dauer kann das so nicht weitergehen, das weiß Vlad. Als es für den jungen Mann daran geht, in Adrilankha Geld verdienen zu müssen, ist der Entschluss zur Berufswahl schnell gefallen: Vlad wird Auftragskiller. Rasch kann er sich einen Zuständigkeitsbereich erarbeiten und diesen Stück für Stück erweitern. Dass Laris, Untergrundboss eines Viertels, das direkt an Vlads angrenzt, das nicht gerne sieht, steht außer Frage. Es entsteht ein Machtkampf zwischen beiden Parteien, der aus gegenseitigen Angriffen und Anschlägen besteht, der aber trotz Laris größerer Erfahrung weitestgehend ausgeglichen zu sein scheint - bis Vlad eines Tages von einem weiblichen Killer-Duo überrascht und getötet wird. Wäre Morrolan, einer der wenigen Dragaerer, die Vlad zu seinen Freunden zählt, nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen, wäre es nun wohl um Vlad geschehen; so jedoch kann Vlad wiederbelebt werden. Als er erneut auf seine Kontrahentinnen trifft, ist es um Vlad geschehen: Er verliebt sich in die hübsche Cawti. Doch Vlad kommen auch Zweifel: Wie kann es sein, dass er bislang alle Anschläge Laris überlebt hat? Laris ist schließlich ein erfahrener Profi. Vlad beginnt, Nachforschungen anzustellen - und gerät in einen Krieg, dessen Anfang weit in der Vergangenheit liegt ...
Mit "Yendi", das 1984 erstmals in den USA veröffentlicht wurde, setzt der von ungarischen Vorfahren abstammende Autor Steven Brust seine Romanreihe, die mit "Jhereg" ihren Anfang nahm, gekonnt fort. Dabei springt er einige Jahre in die Vergangenheit und schildert dem Leser die Abenteuer, die zu Beginn von Vlad Taltos erfolgreicher Karriere als Berufskiller standen. Vorteilhaft entpuppt sich der Umstand, dass der Leser durch die Lektüre des ersten Bandes nun bereits mit den Strukturen Adrilankhas, den verschiedenen Dragaera-Häusern, der Magie Dragaeras und den Charakteren vertraut ist, denn dadurch kann Steven Brust mit seiner Geschichte von Anfang an in die Vollen steigen. Dabei bedient sich der Autor einer Mischung aus spannender Action und bissigen Dialogen, die den Leser ebenso in ihren Bann ziehen kann wie sie es bereits bei "Jhereg" tat. Um den Roman jedoch in seiner gesamten Komplexität zu verstehen, sollte man mit dem Vorgängerroman unbedingt vertraut sein, denn sonst wird dem Leser wohl kaum eine Chance bleiben, die Rahmenbedingungen, die diese Geschichte überhaupt ermöglichen, nachvollziehen zu können. Denn gerade der Umstand, dass die Dragaerer nicht nur sehr groß, sondern auch unglaublich alt werden können, sorgt dafür, dass sich ein Intrigengeflecht nicht selten über mehrere Jahrhunderte hinweg spannt und der Leser bereits ausreichend Mühe damit hat, die dadurch entstehenden komplexen Beziehungen in ihrem gesamten Umfang zu erfassen.
Steven Brust lässt auch "Yendi" aus der Sicht seines Antihelden erzählen und treibt die Vorgeschichte Vlad Taltos spannend, kurzweilig, humorvoll und vor allem rasant voran. Lediglich zu Beginn der zweiten Hälfte des Romans, in welcher Vlad mit seinen Nachforschungen beginnt, bricht die Kurzweiligkeit der Geschichte ein wenig ein, verliert die Erzählung an Tempo, um dann jedoch zu einem überraschenden und furiosen Finale zu führen - das zugegebenermaßen jedoch nicht ganz an jenes aus "Jhereg" heranreicht.
Doch auch bei "Yendi" stellt sich die Frage, inwieweit ein Preis von stolzen 15 Euro für eine Breitklappenbroschur gerechtfertigt werden können. Natürlich - die Broschur macht das Taschenbuch sehr stabil, das Buch liegt gut in der Hand, die Seiten sind griffig und hochwertig geklebt. Dennoch umfasst "Yendi" lediglich knapp 270 Seiten und ist damit innerhalb weniger Stunden gelesen, wodurch sich jeder Käufer gründlich überlegen muss, ob ihm dieses kurze, unterhaltsame Vergnügen so viel Geld wert ist. Nicht unbedingt hilfreich für diese Entscheidung zeigt sich das Cover des Buches, das beinahe wie die Titelillustration eines billigen Groschenromans wirkt. Dieses passt stilistisch in keinster Weise zum Inhalt der Geschichte und hebt sich mit seinem Motiv negativ von den Covergestaltungen der "Vlad Taltos"-Reihe ab. Wer sich jedoch von Coverillustration und Preis nicht abschrecken lässt, der kommt in den Genuss eines kurzweiligen, aber auch komplexen Buches, das der Fantasy völlig neue Seiten öffnet.
Fazit:
"Yendi" steht ganz im Sinne des ersten Bandes um den Berufskiller Vlad Taltos und stellt den Leser erneut einer spannenden, abwechslungsreichen und nicht zuletzt humorvollen Geschichte gegenüber, deren Kurzweiligkeit jedoch zu Beginn der zweiten Romanhälfte eine zeitlang einbricht. Aufgrund der komplexen Strukturen des dragaeranischen Reiches sollte man als Leser vor der Lektüre dieses Bandes allerdings auf jeden Fall bereits "Jhereg" gelesen haben.