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Ashe ist sich stets bewusst, dass er anders ist, als die anderen seines Stammes. Im Gegensatz zu ihnen besitzt er eine viel zartere, hellere Haut und auch sein Wesen unterscheidet sich in vielen Dingen von dem seiner Spielkameraden. Man erzählt sich, dass seine Mutter ihn mit einem anderen Mann als ihrem Ehegatten gezeugt hat. Dieser kam eines Tages in ihr kleines Dorf und wusste sich in das Vertrauen der Bewohner zu schleichen. Ihnen war klar, dass dieses Wesen kein Mensch gewesen sein kann, doch die Ehrfurcht verschloss ihre Münder, so dass Ashe erst als Jugendlicher das Geheimnis seiner Herkunft erfährt. Zu dieser Zeit hört er auch schon ständig eine leise Stimme in seinem Inneren flüstern, die ihm seltsame Dinge zuraunt. Als er sich vom Dorf davonmacht, beginnt er eine Suche nach seiner eigenen Vergangenheit und Bestimmung, ohne zu wissen, dass er lediglich eine Spielfigur seines Vaters ist.
In der Gegenwart blickt Ashe ungern auf seine früheren Zeiten zurück, in denen er nicht wusste, was er wirklich war. Heute ist er sich seiner Kräfte vollkommen bewusst. Er gehört einer langlebigen Rasse an, den Lamien, für die es hin und wieder nötig ist, vom Blut der Menschen zu trinken. Gemeinsam mit seinen Freunden Alex und Mia hat er ein Zuhause geschaffen, zu dem er immer wieder zurückkehren kann. Auch wenn im zwanzigsten Jahrhundert die Menschheit aufgeklärter ist, als im Mittelalter, in dem viele von ihnen als Teufel verbrannt wurden, so befinden sie sich doch stets in Gefahr. Sie können keine Krankenhäuser besuchen, da sie dort vermutlich lediglich als interessante Studienobjekte betrachtet werden würden. Ihre Existenz hängt davon ab, dass niemand von ihrer Existenz ahnt. Und so begeben sie sich in Gothic-Discos, berauschen sich an der Todessehnsucht der dortigen Menschen und finden so zu ihrem jungen Zögling Stephen, den sie in die Geheimnisse ihrer Art einweisen.
Durch die Rückblicke, die Ashe in seine eigene Vergangenheit wagt, erlebt der Leser hautnah seine Entwicklung mit. Gemeinsam mit der Hauptfigur entdeckt man die Eigenschaften der Lamien und ist an manchen Stellen genauso verwirrt wie Ashe, bis später die anfänglichen Geheimnisse und Sonderheiten aufgeklärt werden. Die Blutjagd dieser Rasse ist stets von Liebe und Sinnlichkeit geleitet. Nicht jedes ihrer Opfer muss sterben, nur weil sie sein Blut trinken. Viele entkommen mit ihrem Leben und erinnern sich hinterher kaum mehr daran. Auch Ashe, Mia und Alex teilen sich ihr Blut und damit auch ihre einzelnen Vergangenheiten. Es gibt keine Menschen, die tiefer miteinander verbunden sind, als diese drei Lamien.
Der Leser erhält durch diesen sinnlichen und blumigen Roman einen guten Einblick in eine Welt, die so nah an der unseren existiert. Die hier vorgestellten Vampire wirken realistisch und glaubhaft. Die Zeitsprünge sind klar erkenntlich und lassen sich leicht in den Zeitrahmen einordnen. Besonders auffällig ist die opulente Sprache, die der ganzen Erzählung eine wunderbare Erotik verleiht, ohne pervers zu wirken. So entsteht ein wunderbar lebhaftes Sittengemälde der Rasse, die sich vom Blut der Menschen nährt. Sehr passend ist auch das Buchcover, das ein androgynes Wesen darstellt, dessen haut mit Fossilien bedeckt ist.
Es gibt viele Bücher über Vampire, und trotz dieser Vielfalt wird wenig Neues geschrieben. Die meisten Geschichten bauen auf dem gleichen Prinzip auf und unterscheiden sich lediglich in Details. Hier allerdings ist es anders. Glaubhaft wird die Entstehung der Lamien, der Vampire geschildert, und ihnen eine Verhaltensweise angedichtet, die es möglich macht zu glauben, es könnte sie tatsächlich geben. Eine sehr sinnliche und anspruchsvolle Geschichte, die im Roman "Die Verdammten" fortgeführt wird.