Die magisch technisierte Rollenspielwelt Eberron bekommt ihren ersten Roman. "Die Stadt der Türme" hat Eberrons Schöpfer Keith Baker gleich selbst geschrieben, denn wer sollte Eberron besser kennen?

Daine, Hauptmann der Armee des untergegangenen Cyre, Stoß, sein kriegsgeschmiedeter Späher, der Halblingsheiler Jode und Dame Lei d’Cannith kommen gemeinsam aus dem Klageland, zu dem Cyre geworden ist, nach Sharn, der größten Stadt des Kontinents Khorvaire, ja vermutlich ganz Eberrons. Daine war Befehlshaber einer Kompanie, die das Glück hatte, gerade an der Grenze zu Cyre gewesen zu sein, als die Klage über das Land kam. Diese magische Katastrophe machte an einem Tag aus einem blühenden, wenn auch von langem Krieg ausgezehrten Land eine öde Steppe mit magischen Scheußlichkeiten und Leichenbergen, die nie verwesen. Ein ganzes Jahr haben die Soldaten nach Überlebenden gesucht, doch jetzt ziehen sie nach Sharn, der riesigen Stadt im Süden des ehemaligen Feindes Breland.

Doch dort finden sie nicht den großartigen Empfang, auf den sie hofften, da Leis Verlobter dort auf sie wartete. Schließlich ist sie eine Erbin des Drachenmals und damit eine Adelige. Doch beim Haus Cannith, immerhin dem Haus, das durch den letzten Krieg, der fast genau hundert Jahre dauerte, noch reicher wurde, gibt es für die Freunde nichts zu holen, nur einen Schock für Lei, denn sie gilt als verfemt.
Haus Cannith baute eine neue Rasse, die Kriegsgeschmiedeten, intelligente magische Konstrukte, und sie bauten sie nur für den Krieg. Stoß ist eine dieser intelligenten Maschinen, und er weiß noch nicht so recht, wie es jetzt für ihn weitergeht, jetzt, da es keinen Krieg mehr gibt.
Jetzt müssen die vier irgendwie zu etwas Geld kommen, und Jode, der neben seinem Drachenmal der Heilung, mit dem er den anderen schon viele Male das Leben gerettet hat, auch die Beredsamkeit eines Barden hat, sucht eine alte Bekannte auf und bekommt einen Auftrag. Doch diese alte Bekannte, eine zwielichtige Gnomin namens Alina, kennt auch Daines Vergangenheit, die ihn langsam einzuholen beginnt.
Bei ihrem Auftrag - sie sollen einen ehemaligen fliegenden Stadtwächter Sharns in der Millionenstadt wiederfinden - treffen sie fast ständig auf seltsame Gegner, auf Wesen, die magisch verändert sind, auf Träger von Drachenmalen, die nicht zu den traditionellen Drachenmalhäusern gehören, auf Wechselbälger, die ihr Aussehen verändern können, und auf unmenschliche Gefahren. Sharn selbst ist schon ein Wunder, eine Meile hoch und von allen Rassen Eberrons, sogar von Monstern bewohnt. Ein riesiges Abenteuer in dieser Stadt der Intrigen, der Türme und der Wunder muss von den vier Freunden durchkämpft werden.

Gäbe es nicht eine ziemlich umfangreiche Vorstellung Eberrons und ein Glossar, so hätte es wohl jeder Leser nötig, erst mal das Kampagnenset der D&D-Welt Eberron zu studieren, um mit dem Buch klar zu kommen. Eine Stadt in einer Fantasywelt, in der Orks, Goblins und Oger genauso im Stadtbild vorkommen, wie Pegasi und Pferdegreife, wie Luftschiffe und natürlich auch die vielen anderen Fantasygeschöpfe, die für Dungeons & Dragons typisch sind, das ist nicht nur faszinierend farbig, sondern manchmal auch etwas verwirrend. Und ganz nebenbei gibt es eine Vielzahl von verschiedensten Gruppierungen, die alle um Macht oder Geld oder beides kämpfen. In diese grausame und komplizierte Welt werden aber die Abenteuerer um Daine genauso hineingeworfen wie der Leser, und so funktioniert das Buch, und so kann man mit diesem Buch klar kommen, und das auch noch mit viel Spaß.

Ein spannendes und interessantes Stück Fantasy, wie so oft bei Rollenspielbüchern nicht der ganz große literarische Wurf, aber eine mehr als unterhaltsame Lektüre von einer fernen, faszinierenden Welt.