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Peter Greulich, von seinen Freunden "Pitschi" genannt, hat die Schnauze voll: Der x-te Pärchenurlaub auf Mallorca mit den immer gleichen Gesichtern steht an, der Job im biederen Bamberger Brauereibetrieb als PR-Manager ist entnervend, die Freundin will plötzlich heiraten und Kinder kriegen - das ist zu viel.
Mit Grauen denkt der 37-Jährige daran, dass die meisten seiner Freunde bereits verheiratet sind, ein Leben komplett mit Häuschen mit Kiesauffahrt, solidem Wagen und allem, was dazu gehört, führen - Langeweile garantiert. Das kann doch nicht alles gewesen sein? Kurz entschlossen inszeniert Pitschi seinen Abgang: Am Flughafen täuscht er kurz vor dem Abflug nach Mallorca höchst überzeugend einen Raubüberfall vor. Unter dem Vorwand, nun erst mal die notwendigen Formalitäten erledigen zu müssen, lässt er Freundin Biene und die Kumpels voraus fliegen und verspricht, so schnell wie möglich nachzukommen. In Wirklichkeit kauft er sich aber ein Ticket nach Buenos Aires, frei nach dem Motto "Möglichst weit weg, möglichst groß". Zwar entkommt Pitschi auf diese Weise tatsächlich zunächst dem Bamberger Kleinstadtmief, doch die ersten unangenehmen Überraschungen lassen nicht lange auf sich warten. Ausgerüstet mit Strandklamotten landet Peter in einem eiskalten Buenos Aires, denn in Argentinien ist natürlich gerade Winter. Und in der Sprachschüler-WG, in der er ein Zimmer ergattert hat, öffnet ihm ein Mädchen im T-Shirt mit der Aufschrift "Uni Bamberg" die Tür. Auch sonst kann Peter seinen Wurzeln kaum entkommen: Er lernt einen Restaurantbesitzer kennen, dessen pseudo-deutsche Gaststätte den haarsträubenden Namen "Zum Gemütlichkeit" trägt, und seine neuen Mitbewohner wollen ihn gleich zum fränkischen Abend mit Sauerkraut und Leberkäs einladen. Es dauert lange, bis Pitschi dämmert, dass viele Dinge aus seinem alten Leben gar nicht so schlecht waren, wie er dachte
Der Autor von "Resturlaub", Tommy Jaud, landete schon mit seinem Debütroman "Vollidiot" einen Bestseller. Auch in "Resturlaub", hier in der Hörbuchfassung rezensiert, geht die Rechnung auf: Der 37-jährige Franke Peter Greulich, der seinem festgefahrenen Leben entrinnen will und dabei in ein Fettnäpfchen nach dem anderen platscht, ist sympathisch und bietet neben allem Witz und aller Schadenfreude auch eine Menge Identifikationspotential. Nicht nur Leuten über 30 dürfte es Angst und Bange werden, wenn plötzlich der halbe Freundeskreis nur noch von Bausparverträgen und Hochzeitsplanungen schwärmt. Die Situationen, in die der Protagonist in Argentinien (und vorher in Deutschland) gerät, sind teilweise urkomisch. Nicht alle Witze zünden sofort, aber insgesamt ist die humorvolle Geschichte auf gleich bleibend angenehmem Niveau und macht bis zum Ende Spaß.
Obwohl bisweilen ernstere Töne angeschlagen werden - wenn auch selten -, ist "Resturlaub" eher etwas für den schnellen Hunger zwischendurch: nicht gerade seicht zu nennen, sondern eher leicht, witzig und unterhaltsam. Man fühlt sich ein wenig an einen typischen Frauenroman erinnert, wenn auch von einem Mann und aus der Sicht eines Mannes geschrieben. Jaud breitet die Gefühlswelt eines Mannes, dem sein Leben, sein Job und seine Freundin nichts mehr bieten, vor dem Hörer aus. Das ist lustig, kratzt aber meistens nur an der Oberfläche. "Popcornliteratur" wurden Jauds Romane von Kritikern schon genannt, und das kommt der Wahrheit sehr nahe. Man konsumiert die Geschichte, man amüsiert sich, aber viel bleibt danach nicht übrig. An einen Nick Hornby etwa reicht der Autor zu keiner Zeit heran, aber das macht ja auch nichts - "Resturlaub" ist insgesamt durchaus gelungen.
Gelesen wird das Hörbuch aus dem Argon Verlag, das vier CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 286 Minuten umfasst, von Christoph Maria Herbst. Der markante Schauspieler dürfte vielen vor allem als Darsteller des zynischen Katastrophen-Chefs aus der Serie "Stromberg" ein Begriff sein. Als Sprecher ist Herbst, trotz seines unbestrittenen Talents, zumindest am Anfang gewöhnungsbedürftig, den fränkischen Dialekt kauft man ihm nicht völlig ab. Seine witzig-lakonische Art zu sprechen gewinnt aber mit Fortschreiten der Lesung an Fahrt, und es gibt einige humorvolle Höhepunkte, etwa wenn Pitschi sturzbetrunken vor sich hinlallt, wenn er unbeholfen Spanisch spricht oder wenn eine Frau in breitestem Schwäbisch erzählt.
Fazit: Wer nach leichter, witziger Unterhaltung sucht und eine Menge Seitenhiebe auf die deutsche Art im Allgemeinen und auf die Franken im Besonderen vertragen kann, der ist mit "Resturlaub" gut beraten. Die Lesung von Christoph Maria Herbst ist gelungen und bietet einiges zum Schmunzeln, teilweise auch zum lauten Lachen. Wer "Vollidiot" mochte, wird "Resturlaub" mit Sicherheit mögen, und auch allen anderen Hörern ist die Produktion aus dem Argon Verlag durchaus zu empfehlen.