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 DSA-Roman, Band 3: Die Zeit der Gräber

Serie: DSA-Roman, Band 3
System: Das Schwarze Auge
Autoren: Björn Ragnow
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Spannung
Aventurien, irgendwann während der Namenlosen Tage zwischen den Jahren: Die junge unbedarfte und reiselustige Narena aus dem Mittelreich und der undurchschaubare Bornländer Wulfen sitzen auf der Toteninsel nahe dem bornischen Dorf Drauhag fest, umgeben von Sumpfrantzen, dämonischen Kreaturen, Irrlichtern und unwirtlicher Witterung, und können nicht weg. Diesen Schlamassel verursacht hat eine Frau, die am letzten Tag des Jahres das Dorf verlassen hat, in dem die beiden Reisenden eigentlich das Verstreichen der Namenlosen Tage abwarten wollten - in diesen fünf Tagen sollte niemand außerhalb einer Ortschaft sein, und so trachten sie danach, die Fremde einzuholen und zur Vernunft zu bringen. Hier auf der Toteninsel, einer Ansammlung vergleichsweise prachtvoller Gruften, die von einer Borongeweihten gepflegt werden, verlor sich ihre Spur, dafür wurden die Schrecken der Tage des Namenlosen auf die Suchenden aufmerksam. Narena und Wulfen, der sich bald als Magiedilettant mit bemerkenswerten Kräften erweist, müssen hier um ihr Leben kämpfen - und letztlich um ihr Seelenheil bangen, schließlich haben sie während der schrecklichen Tage eine Boronsstätte mit ihrer Gegenwart entweiht ...
Mjeska findet sich ebenfalls in einer misslichen Lage wieder: In einer Kultstätte des Namenlosen auf einen Tisch gefesselt, ist sie der Willkür ihres Entführers, des hässlichen und machtversessenen Druiden Rogoff, wehrlos ausgeliefert. Dieser hat besondere Pläne mit ihr: Sie soll im Rahmen eines finstere Rituals den Samen des Gottes ohne Namen empfangen.

Ein erstaunlicher Roman aus der Frühphase der Romanreihe um die Rollenspielwelt DSA. Nach den vergleichsweise harmlosen Vorgängern "Der Scharlatan" von Ulrich Kiesow und "Túan der Wanderer" von Uschi Zietsch fährt dieser dritte Roman der Reihe düstere und schonungslose Geschütze auf. Regen, Nacht und Nebel, blutige Zeremonien und die Allgegenwart namenloser Bedrohung werden von Autor Björn Jagnow gekonnt eingesetzt, um Spannung und Schauder zu erzeugen. Jagnow geht mit seinen Charakteren nicht zimperlich um: Vor allem der Handlungsstrang um Mjeska und Rogoff lässt von Folter über Psychospielchen bis zur (angedeuteten) Vergewaltigung nichts aus, der Autor zeigt kein Mitleid.
Im anderen Handlungsstrang lässt er seine beiden Akteure nicht nur von einer Gefahr in die nächste purzeln, sondern lässt sich auch viel Zeit für die Charaktere und deren Zusammenspiel: Nicht bloßes Zusammenhalten im nackten Überlebenskampf, sondern auch der aventurischen Jahreszeit angemessenes Misstrauen und Paranoia werden hier ausgelebt. Dabei mögen dem Leser manche Begebenheiten und Verhaltensweisen seltsam vorkommen - keine Sorge, alle Ungereimtheiten klären sich am Ende auf. Dieses Ende lässt sich erfreulicherweise nicht in jeder Hinsicht als Happy-End bezeichnen.
Jagnow spielt raffiniert mit dem Bestreben eines jeden Lesers, eine Verbindung zwischen Handlungssträngen zu erkennen, was letztlich zu einer interessanten Überraschung führt. Dabei gelingt es ihm mit einfachen klaren Worten, Aktionen, Gefühle und Atmosphäre wirkungsvoll zu beschreiben. Was ihm bei den Beschreibungen von Räumlichkeiten leider nicht immer glückt. Da müssen manche Passagen zweimal gelesen werden, bevor man sich ein gewisses Bild von den Schauplätzen machen kann.

Zu Beginn des Romans ist wieder eine kleine Einführung in die Welt Aventurien zu finden sowie eine Karte, am Ende gibt es die übliche Sammlung und Erklärung aventurischer Begriffe. Es gibt keine Einteilung in Kapitel, was die Erzählung flüssig und durchgehend spannend macht. Das Cover ist erfreulich gut gewählt, anders als bei manch anderen DSA-Romanen kann man das Bild mit dem Inhalt des Buches durchaus in Verbindung bringen.

Mit "Die Zeit der Gräber" liegt ein erstaunlich guter Roman der DSA-Reihe vor - im Vergleich mit vielen anderen der frühen Werke. Keine unnötige Gefühlsduselei, keine blumigen Umschreibungen grausamer Szenen, ein guter geduldiger Spannungsaufbau und eine raffinierte Erzählweise, dazu nachvollziehbare Figuren und eine gewisse Pointe. Nichts für zart besaitete Gemüter, aber lohnenswert für alle, die die ungewöhnlichen und die zeitlosen Romane bevorzugen - dieser hier kann genauso zur Zeit Kaiser Hals wie während der Rückkehr Borbarads oder im "Jahr des Feuers" spielen.

Stefan Knopp



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 1995 | ISBN: 9783453086784 | 250 Seiten | Sprache: Deutsch

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