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Einst hatte Ashralain, der Hohekönig der dTiarnai, seinen Neugeborenen der Göttin über Leben und Tod geopfert, auf dass sie ihm dafür seine Gattin wiedergäbe, die bei der Geburt gestorben war. Aber die Göttin hatte sich nicht darauf eingelassen. Mit seinem Opfer hatte der König überdies ein mächtiges böses Wesen aus seiner Verbannung befreit - nur königliches Blut hatte das vermocht, und nur eben dieses kann diesen Krieger des Bösen wieder bannen. Dieser aber machte sich Ashralains Gram zu Nutze und übernahm als dessen Berater die Macht über die dTiarnai, die in der Menschenwelt nur als "Geistervolk" gefürchtet werden, da sie alle über eine übermenschliche Begabung verfügen. Alle, die dem Krieger des Bösen gefährlich werden konnten, wurden ausgemerzt.
So sechzehn Jahre später auch Magister Munaris, der Hofmagier des Hohekönigs. Er kann seiner Schülerin Cailin noch einen letzten Auftrag geben, ehe er stirbt: Sie soll den Prinzen finden und mit dessen Blut am Heiligtum der Göttin den Krieger des Bösen wieder bannen. Denn dieser lebt, wie sie bald herausfindet. Er ist in der Menschenwelt aufgewachsen, die von der der dTiarnai durch eine gefährliche Grenzwelt getrennt ist. Durch ihre Gabe des Sehens macht sie den Ort aus, an dem sie ihn findet. Dort trifft sie auf zwei Jungen, Garrit und Tuadh, und überredet sie beide, mit ihr zu kommen - Garrit, weil sie in ihm den gesuchten Prinzen sieht, und Tuadh, weil sie Mitleid mit dem geschundenen Jungen hat, der als Findelkind im Dorf aufwuchs und vor allem von dem arroganten Garrit gequält und vom Ziehvater oft geschlagen wurde.
Der Weg durch die Grenzwelt gestaltet sich sehr schwierig: Überall lauern tödliche Gefahren, zudem sind ihnen die Schergen ihres bösen Widersachers auf den Fersen, da dieser ebenfalls erfahren hat, dass der Prinz noch lebt - und Cailin hat gleich zwei Probleme: Zum einen ist sie bald nicht mehr sicher, welcher der beiden nun wirklich der gesuchte Prinz ist - und zum anderen wachsen die drei auf der strapaziösen Reise immer mehr zusammen. Dennoch muss sie den Prinz opfern ...
Dieser Fantasy-Roman wurde 2003 für den Wolfgang-Hohlbein-Preis eingereicht und als einer der drei besten Romane ausgezeichnet. Beim Jugendbuchverlag Ueberreuter, der auch Hohlbeins Werke herausgibt, erschien er nun unter der Reihe "Meister der Fantasy".
Für den Meistertitel ist es bei Autorin Tanja Vetesnik sicher noch zu früh, aber ihr Roman ist dennoch solide Fantasy-Kost. Die Story ist schlicht und doch packend, der Erzählstil flüssig und sympathisch und die vorgestellte Welt faszinierend, auch wenn sie nicht allzu viel Neues bietet. Die Autorin leitet ihre Erzählung mit einem schaurig-stimmigen Prolog ein und gibt sich alle Mühe, auch im Folgenden immer wieder dichte Atmosphäre zu vermitteln. Bisweilen gelingt es ihr auch, dass man mit den drei jungen Helden mitleidet, und diese lässt sie viel leiden.
Es stellt sich bald heraus, dass nicht Cailin die Hauptfigur darstellt - sie macht auch keine nennenswerte Entwicklung durch -, sondern die beiden Jungen, die sich anfangs spinnefeind sind, sich diese Rolle teilen. Diese haben ihre Charaktereigenschaften - Tuadh stottert, Garrit ist anfangs unerträglich arrogant, beide haben Schwächen, die die Gruppe in Bedrängnis bringen - und entwickeln sich ganz gut und durchaus nachvollziehbar, verlassen die Grenzwelt charakterlich anders, als sie sie betreten haben. Das ist sympathisch und jugendbuchkonform.
Das Buch hat einiges an Härte aufzubieten, die in konsequenter Weise von dem fünften Krieger des Bösen und seinen Schergen ausgeht, aber vor allem auch von den Bewohnern der Menschenwelt, in der Mitleid eher die Ausnahme bleibt. Von der dTiarnai-Welt lernen wir leider nur sehr wenig kennen - vielleicht ändert sich das noch, denn die Geschichte bietet durchaus Anknüpfungspunkte für eine Fortsetzung. Und die drei jugendlichen Helden haben das Potenzial, dem Leser ans Herz zu wachsen.
Bedauerlich ist, dass sich die Autorin am Ende zugunsten einer sich stetig aufbauenden Spannung keine Zeit mehr für die junge Cailin nimmt - dem Leser wird nicht die Möglichkeit gegeben, von ihr Abschied zu nehmen, irgendwann wird sie einfach nicht mehr erwähnt. Überhaupt macht die Autorin von Cailins seherischen Fähigkeiten für meinen Geschmack zu wenig Gebrauch - sie dient vorrangig als Mittel zum Zweck, um die beiden Jungen zu finden. Vielleicht wurde hier einiges der Wettbewerbsvorgabe geopfert, dass der Roman die 350 Seiten nicht überschreiten darf.
Hardcover und dickes Papier lassen das Buch dicker erscheinen, als es ist. Aber die Geschichte selber bietet einiges und wird nie langweilig. Alles in allem liegt ein spannender Fantasyroman vor, der für Jugendliche bestens geeignet ist und auch Erwachsene durchaus zu unterhalten versteht. Man darf gespannt sein, was die Autorin in Zukunft bringt - vielleicht wird ja noch eine Meisterin draus.