Leicht und oft werden Redewendungen genutzt wie "Das muss ich erst mal verdauen" oder "Das ging mir an die Nieren". Dass diese meist leichtfertig genutzen Aussagen Wahrheiten verbergen, die einem bei einer ganzheitlichen Betrachtung von Krankheiten auffällt, ist nicht allen Menschen klar - und um dies zu ändern, schrieb Autor Reinhold Ruthe das vorliegende Taschenbuch von 190 Seiten.

Ruthe widmet sich zunächst ausführlich den Grundlagen einer ganzheitlichen Betrachtung von Krankheiten und zeigt dem Leser auf, was eine ganzheitliche Bedeutung meint. Hierbei geht er auch auf Besonderheiten ein, die einen kleinen, aber feinen Unterschied bilden, etwa auf die Frage, ob wir eine Krankheit haben oder krank sind.
Nach dieser großzügigen Einleitung, die im Wesentlichen die ersten drei Kapitel des Buches umfasst und bereits auf die Möglichkeit, Krankheit als Chance zu sehen, eingeht, folgt eine umfassende Betrachtung von Krankheiten, von Symptomen, wie sie sehr verbreitet sind. In diesem Teil des Buches geht Ruthe auf die Zunahme psychosomatischer Erkrankungen in der zivilisierten Gesellschaft ein, thematisiert den krank machenden Dysstress und grenzt ihn vom gesunden (da aktivierenden) Stress ab, ist aber auch bemüht, Schmerzempfindungen einen Sinn zu geben und eine Brücke von seelischem und körperlichem Schmerz zu schlagen.
Auch die weiteren Themen sind aus dem Leben gegriffen und mit einigen Fallbeispielen verdeutlicht. So lernt der Leser Angstpatienten kennen, deren Angst im Grunde darin liegt, allein zu sein, und die darum Menschen durch ihre symptomatische Abhängigkeit zu binden versuchen, aber auch Magenkranke, die sich buchstäblich selbst "zerfleischen", indem sie alles von anderen "schlucken" und scheinbar keine geeigneten Kommunikationsstrategien aus diesem Dilemma entwickeln können.
Zum Ende seines Buches gibt Herr Ruthe noch einige praktische Tipps und Denkanstöße, die sich vor allem auf die Annahme von Krankheiten als Chance, auf das eigene Verwirklichen durch geändertes Streitverhalten und auf Selbstannahme beziehen.

Reinhold Ruthe hat mit diesem Werk ein interessantes und zudem immer aktueller werdendes Thema aufgegriffen. Wie jedoch bereits bei seinem Buch "Die Perfektionismus-Falle" kritisiert, verliert sich Ruthe trotz der grundsätzlichen Struktur in seinem Buch gern in bestimmten Aspekten, wiederholt immer wieder Situationen aus der Bibel und versucht, die meisten Dinge durch einen starken Glauben zu erklären, zu lindern und gar auszumerzen. Ob diese Art des modernen Exorzismus an sich selbst Früchte zu tragen vermag, vor allem bei nicht christlichen Lesern, bleibt fraglich.
Sicherlich besteht die Möglichkeit, viele interessante Hintergründe und Aspekte für sich selbst in diesem Buch zu erkennen und anzunehmen, klammert man jedoch die christliche Sicht auf die Dinge aus, bleibt nicht mehr ganz so viel, das den Begriff eines Praxisbuches oder Ratgebers rechtfertigt.

Verlor sich Ruthe in "Die Perfektionismus-Falle" noch in zu vielen Teilbereichen, ohne die einzelnen Themen ausreichend zu würdigen, ist bei diesem Buch das genaue Gegenteil der Fall. Einige klassische Fälle, auf die sich Redewendungen aus Glaubensformeln gleichermaßen leicht anwenden lassen, haben hier ihren Niederschlag gefunden: Angststörung, Schmerzen im Allgemeinen, Asthma, Angina pectoris (so genannte "Managerkrankheit") und Magenerkrankungen. Beispielsweise die Managerkrankheit taucht hierbei immer wieder an den verschiedensten Stellen auf, wohingegen der Angststörung nur ein vergleichsweise kleiner - wenn auch zugegebenermaßen wirklich informativer - Randbereich bleibt.
Liegen die organischen oder psychosomatischen Beschwerden des Lesers jedoch woanders, ist ihm beispielsweise eine "Laus über die Leber gelaufen" oder ihm etwas "auf die Nieren geschlagen", so wird ihm dieses Buch auch nicht weiterhelfen können - es sei denn vielleicht, er ist empfänglich für allerlei christliche Botschaften.

Insgesamt ist dieses Buch des Autors leider nicht als Ratgeber zu empfehlen beziehungsweise nur solchen Lesern, die einen konkreten Bezug zur christlichen Glaubenslehre und ein Interesse an deren Umsetzung haben.