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 Die Wolke


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Tschernobyl - die Katastrophe von 1986 und ihre bis heute andauernden Folgen sind jedem bekannt.
Doch was wäre, wenn dieser Super-GAU nicht im fernen Russland stattgefunden hätte, sondern mitten in Hessen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Gudrun Pausewang in ihrem Roman "Die Wolke".

Janna-Berta ist jung und freut sich auf den Sommer. Ihre Eltern sind für ein paar Tage verreist und sie soll sich um ihren kleinen Bruder Uli kümmern. Kein Problem für das Mädchen, schließlich verstehen sich die Geschwister ganz gut.
Doch plötzlich schrillen in der Schule die Alarmglocken, die Kinder werden nach Hause geschickt. Keiner erzählt ihnen, was genau passiert ist, sie können nur mutmaßen. ABC-Alarm ist die Vermutung von Elmar, dem Klassenbesten, der immer über alles Bescheid weiß.
Janna gelingt es, eine Mitfahrgelegenheit in ihren Heimatort zu finden, wo Uli schon mit dem Mittagessen beschäftigt ist. Alles wirkt so normal, von Gefahr ist kein Anzeichen zu sehen. Doch die Nachbarn packen die Autos und beginnen zu fliehen. Janna weiß nicht, was sie machen soll: Sich mit Uli im Keller verstecken oder mit den Fahrrädern wegfahren und versuchen, den Bahnhof zu erreichen? Die Entscheidung fällt, als die Mutter der beiden mitten aus dem Chaos anruft und sie anfleht, zu fliehen und sich zu retten. Von ihr erfährt Janna, dass es wirklich einen Atomunfall gab - im dem Ort, in dem die Mutter und der Vater jetzt eingeschlossen sind.

Janna und Uli nehmen die Fahrräder und werden Zeugen davon, wie Menschen zu Unmenschen werden und aus Panik die Schwachen rücksichtslos zurücklassen oder überwältigen, um ein funktionsfähiges Auto zu finden oder schneller aus dem bedrohten Ort zu kommen. Denn von hinten nähert sich die unsichtbare Gefahr - die Wolke.
Uli ist bald erschöpft und die Kinder weichen auf einen Feldweg aus. Doch auch hier sind sie nicht sicher: Uli stürzt mit dem Rad, ein herankommendes Auto macht sich nicht einmal die Mühe, zu bremsen oder auszuweichen und überfährt ihn ohne Skrupel. Mit dem Tod ihres Bruders verschwindet auch Jannas Lebensmut.
Sie weigert sich, den Zug aus der Stadt heraus zu nehmen und bleibt im verseuchten Gebiet, in dem es nun auch noch anfängt zu regnen.

Über viele Umwege gelangt sie schließlich doch in ein Krankenhaus, später nach Hamburg zu einer Verwandten.
Doch immer bestimmen zwei Fragen ihr Leben: Wie sehr hat der giftige Regen sie verseucht? Und leben ihre Familienmitglieder noch?

Das Buch führt auf beklemmende Weise vor Augen, dass es auch in so fortschrittlichen Ländern wie Deutschland zu einem Super-GAU kommen kann und dass in diesem Fall wohl niemand vorbereitet wäre, das ganze Land würde in Panik und Chaos versinken.
Die Autorin führt in ihrem Roman nicht nur die akuten Gefahren vor Augen, sondern zeigt auch die Bedeutung der Spätfolgen für die Betroffenen auf. Eine Frau im Buch wird gezwungen, ihr Kind abzutreiben, aus Angst vor Missbildungen. An anderer Stelle wiederum wird die Verzweiflung der Mädchen gezeigt, die ihre Haare verlieren.
Und nicht nur die körperlichen Folgen werden beleuchtet, auch die seelische Belastung und die Ausgrenzung der Verstrahlten wird gezeigt.


Der Roman erschien ursprünglich schon im Jahr 1987, ein Jahr nach der Katastrophe von Tschernobyl. Nun wurde er zum Anlass der Verfilmung, die 2006 in den deutschen Kinos anlief, neu aufgelegt. Die Neuauflage enthält Fotos aus dem Film "Die Wolke" und ein Vorwort der Autorin, in dem erläutert wird, warum sie das Buch schrieb und welche Änderungen notwendig waren, um den Stoff für die Leinwand geeignet zu machen.
Dem Roman vorangestellt ist auch eine Anzeige in Gedichtform, die von sieben Männern und Frauen vier Wochen nach dem Unglück in Tschernobyl in der "Zeit" veröffentlicht wurde. Eine dieser Personen war Inge Aicher-Scholl, die Schwester von Hans und Sophie Scholl. In dieser Anzeige werden Kernaussagen des Romans zusammengefasst: Was machen die Politiker, um so eine Katastrophe zu verhindern? Warum schauen so viele Menschen weg und tun so, als könnte es ein Tschernobyl in Deutschland nie geben? Und wenn es doch passieren sollte, dann wird niemand sagen können, er wäre nicht gewarnt gewesen und hätte es nicht gewusst.

Das Cover passt ideal zum Buch: Ein Rapsfeld - ähnlich dem, in dem Uli begraben wird - unter einer eigentlich idyllisch anmutenden Wolke im Abendlicht. Wenn nur nicht das Warnzeichen für atomare Stoffe über allem prangen würde.

Es verwundert nicht, dass dieser Roman den deutschen Jugendliteraturpreis gewann. Eindringlicher kann man kaum vor den alltäglichen Gefahren warnen, als es in diesem Buch geschieht.

Anja Thiemé



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2006 | ISBN: 3473582409 | Preis: 5,95 Euro | 222 Seiten | Sprache: Deutsch

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