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Preußen im Herbst des Jahres 1730. Freiherr Friedrich von Krosigk ist Criminalkommissarius Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm I. von Preußen, kurz: ein Crako. Gerade als er einen Fall abgeschlossen hat, der mit einer brutalen Hinrichtung der Verurteilten endet, wird der Crako bereits zum nächsten Fall beordert. Eine Reihe von Morden an jungen Mädchen erschüttert ein kleines Dorf namens Wolfsgrube und die Umgebung Königsbergs; das abergläubische Volk fürchtet, ein Gierfraß treibe sein Unwesen, also ein blutrünstiges Wesen, das vampirische und werwölfische Züge in sich vereint. An dem Crako ist es nun, den brutalen Morden an den jungen Frauen nachzugehen und sie aufzudecken. Ihm zur Seite gestellt wird Hauptmann Karl Freiherr von Kosemaul als Assistent. Der Dialekt sprechende Hüne erweist sich als angenehme Gesellschaft, und so reisen die beiden in besagtes Dorf, nachdem sich der Crako genauere Informationen über die mystische Ungestalt zu Eigen gemacht hat.
Die beiden quartieren sich im hiesigen Wirtshaus ein. Die Wirtsleute erwecken bei dem Crako sofort Misstrauen, und auch der Dorfschulze, den der Crako und sein Assistent später kennen lernen, sowie seine Söhne hinterlassen bei dem Criminalkommissarius keinen guten Eindruck. So beginnt man mit der Befragung der Dorfleute, als ein weiterer Mord geschieht: Eine Kinderleiche wird im Wald gefunden. Die Hände und Füße wurden von dem kleinen Körper abgetrennt und sind nirgends zu finden, die Stümpfe scheinen wie sauber geleckt. Zu dem Verdacht, ein Gierfraß gehe um, kommt die Idee, Wölfe seien für das Unglück verantwortlich, hinzu. Die Dörfler beginnen mit der Hatz nach den Untieren, die sie als Täter vermuten.
Doch der Crako glaubt nicht daran, dass Tiere eine solch abscheuliche Tat begangen haben. Die Zigeunerin Ragana, die mit ihrer Tochter beim Dorfschulzen arbeitet, äußert dem Crako gegenüber einen erschütternden Verdacht: Soll etwa General von Wolfsdorf, der ganz in der Nähe sein Anwesen besitzt, für die Schandtaten verantwortlich sein? Der Crako geht dieser Behauptung trotz seiner Zweifel nach - und ist dem wahren Täter auf der Spur, ehe er sich versieht.
Wer beim ersten Lesen des Titels an einen Roman für Kinder denkt, und für wen "Der Crako und der Gierfraß" eher nach alberner Unterhaltung klingt, der sei gewarnt! Schon nach dem ersten Dutzend Seiten wird klar, dass der Titel dieses historischen Thrillers irreführend ist. Statt einer zum Schmunzeln anregenden Geschichte erwartet den Leser ein historisches Bild Preußens, eine Prise Kriminalroman und ein guter Schuss Horror. Denn Michael Kirchschlager geizt nicht mit schonungsloser Darstellung von Foltermethoden, Morden und Kinderleichen. Dabei verliert der Autor zu keinem Zeitpunkt die Balance zwischen Ekel erregenden Szenen und stilistischer Klasse; in sicher gewählten Worten treibt er den Leser durch das Preußen des achtzehnten Jahrhunderts vorwärts, bis dieser sich in der Geschichte um den Crako und seinen Assistenten Kosemaul verliert.
Die Spannung baut sich nicht durch den Kriminalfall auf, der geklärt werden soll, denn dafür liegen die Fakten dem Leser zu offensichtlich auf der Hand. Vielmehr entsteht der Reiz beim Lesen durch das lebendige Bild, das Kirchschlager von der damaligen Zeit zeichnet. Die Dialoge und Handlungen der Personen entsprechen den historischen Gegebenheiten; vor allem die Mundart des Assistenten Kosemaul wird einem schnell ans Herz wachsen. Schade, dass Kirchschlager seinem Protagonisten, dem Crako, so wenig Platz einräumt. Er agiert, er beobachtet und kommentiert - ihn persönlich jedoch lernt der Leser leider kaum kennen. Aber vielleicht ändert sich das in einem der nächsten Bände um den Crako.
Gegen Ende des 208 Seiten starken Romans lassen die logischen Zusammenhänge ein wenig nach, was das Lesevergnügen etwas schmälert. Recht zügig schließen die Jagd nach dem wahren Mörder und dessen Schicksal ab; das Ende hätte gern etwas spannender und mitreißender gestaltet werden können.
Insgesamt ist "Der Crako und der Gierfraß" ein gelungener erster Band um den Criminalkommissarius Freiherr Friedrich von Krosigk, der Lust auf mehr macht. Man sei gespannt auf den nächsten Fall des Crakos.