Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Als die Disney-Produktion "Fluch der Karibik" im Herbst 2003 in den Kinos anlief, ahnte kaum jemand, dass der Film nicht nur zu einem internationalen Erfolg werden, sondern zudem das ausgestorben geglaubte Piratengenre wieder aufleben lassen würde. Wenige Monate vor dem Kinostart der Fortsetzung Ende Juli 2006 erschien nun der "Roman zum ersten Kinofilm", verfasst von Wolfgang Hohlbein - einem Autor also, der als Inbegriff der deutschen Fantastik-Literatur gilt - und dessen Tochter Rebecca.
Schon als kleines Mädchen ist Elizabeth Swann, die Tochter des Gouverneurs von Jamaika in Port Royal, fasziniert vom abenteuerlichen Leben der wilden Piraten - wie aufgeregt sie ist, als mitten auf dem Meer ein schiffbrüchiger und ohnmächtiger Junge gefunden wird, den ein geheimnisvolles Medaillon um seinen Hals als echten Pirat kennzeichnet! Aus Angst um den Jungen - denn schließlich werden Piraten zu dieser Zeit erbarmungslos verfolgt und hingerichtet - nimmt sie ihm das Medaillon ab, versteckt es sicher unter ihrem Kleid und verwehrt dem jungen Will Turner damit die einzige Erinnerung an seine Vergangenheit.
Einige Jahre vergehen, in denen Elizabeth zu einer hübschen jungen Frau heranwächst und Will in Port Royal eine Ausbildung zum Schmied macht, doch dann brechen Ereignisse über die beiden herein, die Elizabeth nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätte erleben wollen. Die verfluchte Crew der "Black Pearl", dem gefürchtetsten Piratenschiff der Karibik, fällt in Port Royal ein und entführt die Tochter des Gouverneurs. Will, der in heimlicher Liebe zu Elizabeth entbrannt ist, entschließt sich kurzerhand, den Piraten zu folgen - doch nur jemand, der bereits einmal dort war, ist in der Lage, den Ankerplatz der "Black Pearl" zu finden. Widerwillig beschließt Will, den verrückten Pirat Jack Sparrow, der in Port Royal auf seine Hinrichtung wartet, zu befreien und um Hilfe zu bitten. Dieser schlägt ein, zumal er persönliches Interesse an der "Pearl" hat. Doch wie kann man Piraten besiegen, die durch einen Fluch dazu verdammt sind, unsterblich zu sein? Noch weiß Will nicht, dass er selbst die Antwort auf diese Frage ist ...
Auf den ersten Blick irritiert der Name eines deutschen Autors auf dem Roman zu einer international erfolgreichen Kinoproduktion, doch da sich bislang kein amerikanischer Autor wie zum Beispiel Max Allan Collins ("Die Mumie", "Die Mumie kehrt zurück", "The Scorpion King", "Road to Perdition", "Der Soldat James Ryan", "Waterworld", "Air Force One", ...) an diese Aufgabe gemacht hat, war die Wahl eines deutschen Autors mit Wolfgang Hohlbein wohl sehr naheliegend, garantiert doch allein dessen Name schon Erfolg - und das, obwohl Hohlbeins Werke von Kritikern nicht selten als lieblose Massenproduktionen bezeichnet werden. Gemeinsam mit seiner Tochter Rebecca, die vor wenigen Jahren mit ihren ersten eigenen Gehversuchen im schriftstellerischen Bereich begonnen hat, legt Wolfgang Hohlbein mit "Fluch der Karibik" also einen Roman vor, der die Fans des Kinofilms ebenso begeistern soll wie dieser.
Leider tut er das nicht. Natürlich liest sich die Geschichte kurzweilig und spannend (wobei man auch hier zwischen Film und Buch Abstriche machen muss), doch sind es nicht allein diese beiden Elemente, die einen Roman zum Film ausmachen - und schon gar nicht den Roman zu einem Film wie "Fluch der Karibik", der durch Charaktere wie dem verrückten Captain Jack Sparrow getragen wird, im Film großartig dargestellt von Johnny Depp. Besonders Mimik, Gebärden und Ausdruck der Akteure sind es, die dem Film seinen unterhaltsamen, seinen humorvollen Wert geben, Eigenschaften, die im vorliegenden Buch jedoch leider viel zu wenig und vor allem zu oberflächlich beschrieben werden. Zudem werden Handlungen, die im Film humorvoll, actionreich oder sogar beides gleichzeitig waren, von Rebecca und Wolfgang Hohlbein häufig lieblos und in aller Kürze zusammengefasst und aneinandergehängt, vielleicht, weil man nicht wusste, wie man entsprechende Szenen in passenden Worten beschreiben könnte. Vor allem Jack Sparrow hat darunter zu leiden, denn dessen Charakter und Humor gehen dadurch größtenteils verloren. Zahlreiche Einschübe und mit Erklärungen überfüllte Nebensatzstrukturen lassen die Geschichte zudem gequetscht wirken und wechseln sich mit überzogenen Metaphern ab, die viel zu dominant und aufdringlich sind.
Sehr erfreulich zeigen sich jedoch die Gedankengänge und das Innenleben Elizabeth Swanns, die glaubwürdig und einfühlsam herausgearbeitet wurden und zumindest dieser Figur ein wenig Tiefe verleihen.
Fazit:
Zweifelsohne lässt sich "Fluch der Karibik" rasch, kurzweilig und ohne größeren Anspruch lesen, und wem dies genügt, der findet im vorliegenden Roman sicherlich eine nette Unterhaltung. Als Liebhaber des Filmes jedoch hatte man sicherlich mehr erwartet. Zu lieblos werden viele der actionreichen Szenen behandelt, zu sehr wird die überaus interessante Figur Jack Sparrow vernachlässigt, zu sehr geht der spritzige Humor des Films unter. Dass der Roman zudem noch ein Kompendium an überzogenen Metaphern ist, macht die Sache nicht besser.