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"Keine Publikation von literarischen Arbeiten mehr, kein Kontakt mit Ausländern, ob persönlich oder brieflich. Bei Zuwiderhandlung: Festungshaft. Punktum."
Klar und unmissverständlich schrieb der Herzog von Württemberg an den bedeutenden deutschen Dramatiker Friedrich Schiller und trieb ihn damit zur Flucht aus Stuttgart. In der Nacht vom 22. auf den 23. September 1782 war es soweit: Schiller brach mit seinem Freund Andreas Streicher auf, entfloh aus der Enge hinein ins Ungewisse.
Bild für Bild erfindet Comic-Künstler Horus den Dichter neu. "Schiller! Eine Comic-Novelle" wurde im Schiller-Jahr 2005 durch die Kulturstiftung des Bundes gefördert und ist bei Ehapa Comic Collection als Hardcover erschienen. Die Idee, eine Comic-Biografie zu erstellen, ist grandios und richtet sich vor allem an eine jüngere Zielgruppe. Gerade für Schüler ist es leichter, den Einstieg in das Werk eines solch klassischen Dichters über einen Comic zu erhalten und mit Hilfe dieses Mediums selbst in die Zeit des späten 18. Jahrhunderts einzutauchen.
Leider ist eine gelungene Idee nie auch gleichzeitig die Garantie auf eine erfolgreiche Umsetzung. In HorusÂ’ Comic wird nur ein kleiner Abschnitt aus Schillers Leben widergespiegelt. Warum wird der Rest seines Lebens ausgeblendet? Dadurch wird dem Leser ein emotionaler Zugang zum Schriftsteller genommen, weil er durch diese extreme Reduktion keine Entwicklung des Protagonisten miterlebt. Vielleicht wird dieser Vorwurf in Zukunft zumindest mit einer Fortsetzung des Comics entkräftet. Immerhin finden sich auf den letzten Seiten ein paar nähere Informationen zu Schillers Leben und Wirken.
Auch die Zeichnungen - allesamt in gedeckten Braun-, Grün-, Orange- und Blautönen - sind nicht besonders gelungenen. Die Gesichter aller Figuren wirken verstümmelt und fast schon Angst einflößend. Auch wenn durch die vergleichsweise bilderarme Zeit nicht feststeht, wie Schiller nun tatsächlich ausgesehen haben mag und er bestimmt nicht als zweiter Adonis gezeichnet werden muss, fragt man sich doch, warum Horus seinen Protagonisten so verunstaltete: Mit hagerem Gesicht, Segelohren, Adlernase, eingefallenen Wangen, schulterlangen Haaren und Bartstoppeln, die wie Schnitte im Gesicht wirken, blickt einen der Comic-Held auf den insgesamt zweiundfünfzig Seiten abschreckend entgegen.
Auch didaktisch ist es schwer mit diesem Buch zu arbeiten. Die Sprechblasen sind viel zu lang (oft über zehn Zeilen) und wiederholen sich ständig. Beispielsweise ist die doppelte haargenaue Beschreibung "Streicher hat an diesem Tag das Fracksausen seines Lebens" völlig überflüssig.
Bei diesem Projekt lässt sich daher leider nur sagen: "Schiller! Eine Comic-Novelle" hätte gerade für die Interessensentwicklung jüngerer Leser viel pädagogisches Potenzial gehabt. Die Verantwortlichen haben sich bemüht, aber guter Willen allein reicht eben oft nicht. Schade!