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Wie denkt ein Mörder? Ein Mörder, der vom Wahnsinn befallen ist, der Menschen grausam und bestialisch tötet, der nur seiner eigenen, kruden Wahrheit folgt? Kann ein gesunder Mensch den düsteren Abwegen der Gedanken eines solchen Mörders folgen?
Nach einer Vergangenheit voller Schicksalsschläge sind es diese Fragen, die Mark Dupeyrat für sich zu beantworten sucht. Das Leben des Journalisten lief bisher auf wenig ehrbaren Pfaden; als Sensationsreporter für die Klatschpresse handelte er sich einen mehr als zweifelhaften Ruf ein, sein Spezialgebiet sind Serienmörder.
Die Schlagzeilen um den französischen Tauchmeister Jacques Reverdi, der in Asien zwei junge Frauen brutal getötet haben soll, bedeuten für Mark die Möglichkeit, einen Weg in die tiefste dunkle Seele eines Mörders einzuschlagen. Doch der Angeklagte zeigt sich unkooperativ; Mark muss also zu einer List greifen, um sich dem in einem Gefängnis in Malaysia einsitzenden Reverdi zu nähern. Er erschafft eine völlig neue Identität namens Elisabeth Bremen und schickt dem Mörder auf diesem Weg glühende Verehrungsbriefe. Auf diese Weise gelingt es Mark tatsächlich, Reverdi dazu zu bringen, sein beharrliches Schweigen bezüglich der Morde zu brechen. Schon bald entsteht ein reger Austausch zwischen den beiden. Doch welchen Preis wird Mark dafür bezahlen müssen?
Als Reverdi "Elisabeth" auffordert, ein Bild von sich zu senden, greift Mark zu einer List und schickt ihm das Bild eines jungen, hübschen Models namens Khadidscha, das er über einen befreundeten Fotografen kennen gelernt hat.
Um den Pakt mit dem zum Tode verurteilten Teufel zu vollenden, geht Mark nun auf eine Reise nach Asien, zu der Reverdi ihn drängt. Mit Hilfe von seltsamen Botschaften und rätselhaften Nachrichten lässt Reverdi den Journalisten, besser gesagt "Elisabeth", auf eine makabre Schnitzeljagd gehen, durch die sich das Werk des Mörders, seine Intentionen, Ziele und Vorgehensweisen offen ausbreiten sollen. Mark ahnt noch nicht, in welche Gefahr er sich mit diesem Spiel voller Illusionen und Geheimnisse begibt.
"Das schwarze Blut" stellt Grangés mittlerweile fünften Roman dar. Nach den großen internationalen Erfolgen von "Die purpurnen Flüsse" (Les Rivières Pourpres) und "Das Imperium der Wölfe" (LÂ’Empire des Loups) waren die Erwartungen an den französischen Stephen King, wie die französische Presse Grangé gern tituliert, natürlich besonders hoch.
Als Protagonisten wählte Grangé eine wenig heldenhafte Figur. Eher plump und klein, wenig gut aussehend und unsympathisch durch Wort und Tat wird Mark dem Leser vorgestellt. Trotz der Erfahrungen und Entdeckungen, die Mark auf seiner Reise in die Psyche eines Mörders macht und die ihn verletzlich und Stück für Stück zu einem Wrack machen, kommen sich Figur und Leser kaum näher. Das Mitleid hält sich in Grenzen und damit auch die Intensität, mit der man sich auf die Geschichte einlässt, obwohl der Mut Grangés, einen unsympathischen Anti-Helden ins Zentrum des Geschehens zu rücken, ihm angerechnet werden muss. So kann man sich als Leser auf eine objektive, beobachtende Ebene einlassen, die es zwar erleichtert, der spannenden Schnitzeljagd zu folgen, die aber eben auch eine Distanz schafft und so den letzten Zugang in das Werk verwehrt.
Während also der Protagonist wenig Möglichkeit gibt, sich in den Roman einzufinden, vermag die Geschichte nicht bis zum Ende zu fesseln. Die Passagen auf der Reise durch Asien sind interessant und spannend zu lesen, es fehlt ihnen jedoch an Lebendigkeit. So wie Mark nur Augen für Reverdis bizarre Schnitzeljagd hat, bekommt der Leser ebenso nur das Wesentliche serviert.
Dadurch leidet auch leider die Glaubwürdigkeit. Mark findet zu einfach einen Weg in Reverdis Seele und seine Gedanken, in Asien kann er mit Leichtigkeit die richtigen Personen finden, die ihm helfen können, und diese sogar zur Zusammenarbeit bewegen - hin und wieder stört diese unkomplizierte und effiziente Vorgehensweise des Autors.
Über all diesen Kritikpunkte, die auf einen nur mäßigen Thriller aus bekannter Feder schließen lassen, darf man derweil die Qualität des Geschriebenen nicht außer Acht lassen. Stilvoll bettet Grangé seine Geschichte in gelungene Sätze, schmückt - hier liegt der Vergleich zu King nicht fern - sie mit plastischen Bildern und lebendigen Vergleichen.
Grangé bietet solide Thriller-Unterhaltung, die sich die Waage zwischen spannender Lektüre und wenig glaubwürdiger Handlung hält. Ein toller Stil steht leichter Oberflächlichkeit gegenüber. Im Vergleich zu "Die purpurnen Flüsse" beispielsweise ist keine Weiterentwicklung des Autors zu erkennen, eher eine Reduzierung auf fulminante Szenen. Aber an einem heißen Sommertag wird dem Leser schon mal ein kalter Schauer über den Rücken laufen angesichts der brutalen, grausamen Details der Morde.