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Die Schwurgerichtsverhandlung gegen die Angeklagte Harriet Vane neigt sich dem Ende zu. Der offensichtlich von der Schuld der Angeklagten überzeugte Richter fasst die Argumente von Anklage und Verteidigung zusammen, um den Geschworenen ihre Aufgabe zu erleichtern. Elf der Geschworenen, die Staatsanwaltschaft und die Polizei sind felsenfest davon überzeugt, dass Miss Vane ihren ehemaligen Geliebten Phillip Boyes, einen mittelmäßig erfolgreichen Autor, durch eine große Dosis Arsen umgebracht hat.
Nur zwei Personen glauben an ihre Unschuld: Miss Climpson, eine "alte Jungfer" und die zwölfte Geschworene, und Lord Peter Wimsey, in diesem Moment nur Beobachter des Prozesses und Freund des Anwalts der Angeklagten (der selbst nicht von der Unschuld seiner Mandantin überzeugt ist).
Durch den stundenlangen Widerstand von Miss Climpson muss der Prozess - sehr zum Missfallen des Richters und der Polizei - neu angesetzt werden, mit neuen Geschworenen und einem neuen Richter. Es bleiben Lord Peter vier Wochen Zeit, den Fall zu lösen und den wahren Schuldigen zu überführen.
Im Anschluss an den Prozess erfährt man, warum der Hobbydetektiv ein so starkes Interesse an diesem Mord hat: Er hat sich in die Angeklagte verliebt und macht ihr bei seinem ersten Besuch im Gefängnis auch gleich einen Heiratsantrag, den sie in Anbetracht der Situation natürlich ablehnt. Dennoch nimmt sie seine Hilfe an, um ihre Unschuld zu beweisen.
Es beginnen die schwierigsten Ermittlungen in der Laufbahn des Lords, denn seiner Angebeteten droht bei seinem Scheitern der Tod durch den Strang!
Doch dieser Fall erweist sich als sehr kompliziert und nahezu unlösbar. In der Mordnacht haben nur der Anwalt des Toten und die Angeklagte die Möglichkeit gehabt, Phillip Boyes das Arsen zu verabreichen. Eine dritte Möglichkeit (entgegen der Meinung aller Beteiligten, auch der Angeklagten und Lord Peters) ist, dass Phillip Boyes doch Selbstmord begangen hat, aus Enttäuschung darüber, dass Harriet Vane seinen Heiratsantrag abgelehnt hat.
Doch Miss Vane scheidet für Lord Peter aus und der Anwalt hat ein unglaublich klares und unzerstörbares Alibi, denn er hat entweder zu jedem Zeitpunkt unter Beobachtung seines Personals gestanden oder die gleichen Dinge gegessen oder getrunken wie Phillip Boyes. Also konzentriert sich Lord Peter erst einmal auf die dritte Möglichkeit: Selbstmord.
Dramatische Ermittlungen stehen Lord Peter bevor, extrem unter Zeitdruck und emotional immer wieder zwischen "himmelhoch jauchzend" und "zu Tode betrübt" schwankend. Bis zum entscheidenden Tag der neuen Beweisaufnahme und Zeugenbefragung bleibt der Fall in der Schwebe, nur vorangetrieben von Lord Peter.
Hier legt Dorothy L. Sayers den Grundstein zu einer Liebesgeschichte, die über vier Romane hinweg die Herzen und den Verstand der Leser beschäftigen sollte. Höchst amüsant und ob des unlösbaren Hindernisses, dass er seine Angebetete vom Galgen zu befreien hat und diese Dankbarkeit einer offenen Beziehung natürlich extrem zuwider läuft, mit einer inneren Spannung versehen, die beinahe die Handlung des Krimis überragt.
Doch auch der Kriminalfall ist in seiner Komplexität und Spannung, seinem Aufbau und seiner überraschenden Lösung genial. Auch wenn es hier im Grunde nicht um einen klassischen "Who done it"-Fall geht, sondern eher um einen "Wie hat er es getan"-Fall, beeindruckt mich die Autorin. Sie verbindet Zeigeschichte mit einem Mordfall und hinterlegt die Charaktere des Lords und der Angeklagten mit einer Liebesgeschichte, die unübertroffen dargestellt wird.
Am Anfang dieser Hörbuch-Ausgabe erweist sich dieses Genre als extremes Hindernis: Eine Schwurgerichtsverhandlung, die aus einer endlosen Abfolge von Fragen und meist kurzen Antworten besteht, wird fast zu einem Martyrium für den Hörer. Lässt sich diese Abfolge eher leicht lesen, da die andauernde Nennung der sprechenden Person "überlesen" wird, ist ein Hörbuchtext, der an die hundert Mal die Nennung des jeweiligen Befragten und des Richters aneinanderreiht, schlicht langweilig. Hier wäre eine nuanciertere Sprechweise zur Unterscheidung hinreichend gewesen. Doch abgesehen von dieser Anfangssequenz liest Christian Brückner diesen Text einfach wundervoll. Er lässt die gespannte Stimmung Lord Peters und die Hoffnungslosigkeit Harriet Vanes spürbar werden und trägt erheblich zu dem Eindruck bei, den die Geschichte beim Leser und beim Hörer hinterlässt. Die notwendigen Kürzungen mögen den eingefleischten Fan der Bücher stören, der weniger puristische Krimifan hingegen bemerkt sie nicht.
Ein Muss für jeden Krimifan und unbedingt als erster von vier Fällen zu hören, in denen dieses Paar für Spannung und Witz sorgt.
Fazit: Das Hörbuch nach dem Roman von Dorothy Sayers ist zwar leicht gekürzt, büßt aber weder an Qualität noch an Aussagekraft ein. Dank der guten Leistung von Christian Brückner ist es dem Roman ebenbürtig und sehr zu empfehlen.