Charlène ist ein junges, aufgewecktes Mädchen. Sie ist vielleicht ein wenig zu ungestüm, doch hat sie einen freundlichen Charakter und einen sehr wachen Geist. Ihre beste Freundin ist Vanessa, die wunderbare blaue Augen besitzt. Doch als Charlène elf Jahre alt ist, muss sie sich von ihrer besten Freundin trennen, die fortgeht. Auch für sie selbst beginnt ein neuer Lebensabschnitt, denn sie geht nun in die sechste Klasse des angesehenen Collège Chopin. Sie ist fest entschlossen, die Beste zu werden und fleißig zu lernen.

Doch die Tage ohne Vanessa sind unerträglich. Seit dem ersten Tag an der neuen Schule fühlt Charlène sich einsam und verlassen. Ihre Schulleistungen lassen nach, sie kapselt sich immer mehr von ihren Eltern ab und fällt in tiefe Einsamkeit. Dies geht so lange, bis Sarah in ihr Leben tritt. Schon am ersten Tag nach den Sommerferien fällt ihr die lebhafte, bewundernswerte Schülerin auf, die alle Blicke auf sich zieht. Eines Tages übernimmt sich Charlène bei einem Dauerlauf trotz ihres Asthmas soweit, dass sie dem Tode nahe ist. Da setzt sich Sarah an ihr Krankenbett und verspricht ihr, sich um sie zu kümmern und sie nicht mehr alleine zu lassen.

Die folgenden Monate schwebt Charlène im siebten Himmel. Gemeinsam unternehmen die beiden Mädchen ausgelassenen Blödsinn und sind die besten Freundinnen. Dann jedoch kommen die Sommerferien und sie müssen die ganze Zeit getrennt verbringen. Deswegen freut sich Charlène so sehr auf den ersten Schultag. Doch dieses Jahr ist alles anders. Sarah beachtet sie kaum und so muss sie jede Aufmerksamkeit von ihr mühsam erringen. Täglich bettelt sie um ihre Zuneigung und spürt, dass sie immer abhängiger von der strahlenden Sarah wird. Innerlich fühlt Charlène, dass sie sich durch dieses Verhalten selbst erniedrigt. Aber sie kann nicht anders, sie liebt Sarah so sehr. Ihre Liebe zu ihrer alten Freundin ist so stark, dass sie sich in Obsession und Hass verwandelt.

Die Hauptfigur Charlène erlebt am eigenen Leib, was es bedeutet, von jemandem abhängig zu sein. Und Sarah, die sich ihre beste Freundin nennt, weiß genau, was sie tut, wenn sie Charlène so sehr erniedrigt. Es ist ein gefährliches Spiel aus Liebe und Hass zwischen den beiden Mädchen, das Charlène langsam in den Wahnsinn treibt.

Es ist bewundernswert, wie die junge Autorin die Gefühle und das Innenleben der Hauptfigur so lebhaft und fesselnd darstellt. In sehr klaren, schlichten Worten wird der langsame, zerstörende Wahnsinn, die wütende Leidenschaft eines jungen Mädchens auf Papier gebannt. Der Leser fühlt so sehr mit, dass er selbst die grausame Tat, die aus der Obsession resultiert letzten Endes gut heißen kann, da dies der einzige Weg ist, mit dem sich Charlène ihrem Wahnsinn endgültig stellen kann. Gerade die sanfte Sprache der Autorin vermittelt sehr gut die Verzweiflung und Zerrissenheit der jungen Hauptfigur, die ihr Leben nur noch mit einem Verbrechen zu retten weiß.

Ein aufwühlendes, zerstörerisches Buch über die zerbrechlichen und sensiblen Jahre der Pubertät. Sowohl literarisch, als auch erzählerisch ein bewegendes und fesselndes Leseereignis. Dies ist ein wirklich gutes, außergewöhnliches Buch, das ein heikles Thema sehr sorgsam und intelligent erzählt.