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Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen erzählte für sein Leben gern Lügengeschichten. Bereits zu seinen Lebzeiten (1720 - 1797) schrieb ein Unbekannter seine Erzählungen im Jahr 1781 nieder und Rudolf Erich Raspe übersetzte sie 1785 ins Englische. Die Rückübersetzung von Gottfried August Bürger erschien 1786 unter dem Titel
Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande. Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Dieser nunmehr 230 Jahre alte Text von Bürger diente dem Ueberreuter-Verlag als Vorlage für seine Klassiker-Ausgabe der Lügengeschichten als Hörbuch. Als Sprecher gewann man Bodo Primus.
Auf einer Reise nach St. Petersburg kommt Münchhausen in einen so schlimmen Schneesturm, dass er schon denkt, er müsse elendiglich erfrieren. Doch nachdem er sich niedergelegt und tief und fest geschlafen hatte, erwacht er mitten auf einem Dorfplatz, von Schnee keine Spur. Doch wo ist sein Pferd? Er blickt sich um und sieht es schließlich oben am Wetterhahn des Kirchturms hängen. Er hatte es dort festgemacht, im Glauben es sei ein Ast. In der Nacht war dann der Schnee geschmolzen und Münchhausen sank langsam und wohlbehalten bis auf den Grund hinab, wo er erwachte.
Und erst das Abenteuer, das Münchhausen im Krieg mit den Türken erlebt: Er wird nach einem langen Ritt und feindlichen Attacken gewahr, dass sein Pferd an einem Fluss so viel trinkt, wie unmöglich hineinpassen kann. Als er sich umblickt, bemerkt er, dass das Pferd sein hinteres Ende verloren hat. Der Baron findet es später und lässt das Tier wieder zusammennähen.
Weiterhin gelingt es ihm, nachdem er in Gefangenschaft der Türken an den Sultan als Sklave verkauft worden war, auf den Mond zu klettern.
Auch die Geschichte des achtläufigen Hasen, des Rittes auf einer Kanonenkugel oder die Abenteuer, die Münchhausen auf See erlebt - sie sind allesamt wahr, zumindest wird Münchhausen nicht müde, es zu behaupten.
Welch ein Wagnis, einen so alten Text als Hörbuch neu aufzulegen. Einen Klassiker, den die meisten Menschen kennen - oder zu kennen glauben.
Denn wie viel Witz, Charme und Esprit in diesem Text stecken, vermittelt diese Hörbuch-Edition wunderbar. Dank Bodo Primus wird diese Lügengeschichte zu einem modernen Märchen über die Fantasie eines alten Mannes, zu einem zeitgeschichtlichen Dokument, als deutsche Barone an der Seite russischer Soldaten für den Zaren gegen die Türken in den Krieg zogen. Einer Zeit, in der Adel und Bauerntum zwei völlig unterschiedliche Welten waren und einer Zeit, die durch die Erinnerungen und Erzählungen des Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen lebendig werden.
Dies gelingt Bodo Primus scheinbar mühelos. Seine lässige Interpretation des Textes, seine unauffällige Betonung und die fast altersweise wirkende Manieriertheit, die er der Stimme des Barons verleiht, erwecken im Hörer das Gefühl, wirklich den Erinnerungen des Baron zu lauschen, wie er sie in kleiner Runde zum Besten gibt. Man glaubt fast Zuschauer zu sein, den alten Mann im Lehnstuhl vor sich zu sehen, wie er vor Vergnügen fast strahlend seine Freunde ein ums andere Mal aufs Glatteis führt. Auch wenn ihm klar ist, dass niemand in der Runde ihm wirklich glaubt, so sonnt er sich doch in dem Ruhm seiner erfundenen Abenteuer und dem vorgetäuschten ungläubigen Staunen seiner Freunde. Und sei es auch nur, weil sie seiner Fantasie und seinem Einfallsreichtum Respekt zollen.
Diese Hörbuchproduktion sollte in keiner Sammlung fehlen. Sie ist ein wahrer Klassiker der deutschen Fantasy-Literatur. Leicht angestaubt der Text, aber höchst lebendig zum Leben erweckt durch die Interpretation von Bodo Primus.
Fazit: Diese Abenteuer sind auch heute noch lesens- und noch viel mehr hörenswert. Dank einem sehr gut aufgelegtem Sprecher, der richtigen Entscheidung, den Text der Fassung von 1786 zur Vorlage zu nehmen und dem angenehm niedrigen Preis ist dieses Hörbuch wirklich uneingeschränkt zu empfehlen.