"Industrial Love" ist der Titel des ersten Bildbandes des rumänischen Künstlers Hanno von Bran, der hierzulande vor allem durch die Cover-Illustrationen der Necroscope-Bände bekannt ist. Auf 109 Seiten entführt von Bran seine Gäste in seine Vision von Industrial, Horror und Fetisch. Der Band ist in drei Kapitel, oder Level, gegliedert, die sich unterschiedlichen Themenkomplexen annehmen.

Der Stil von Hanno von Bran ist eigenwillig, aber interessant. Als Basis seiner Werke fotografiert er junge Frauen und bearbeitet diese Fotografien am Computer nach, indem er deren Aussehen modifiziert und sie in einen phantastisch industriellen, teilweise surreal anmutenden Hintergrund einfügt. Auf diese Art erzielt von Bran einen photorealistischen Effekt, der den Betrachter die Frage stellen lässt, wie viel des Dargestellten natürlich bzw. künstlich ist. Obwohl zumindest ein Teil der enthaltenen Bilder in farbiger Version exisitiert, wurden sie in diesem Band alle in Grautönen abgedruckt.

Level 1 umfasst 42 Bilder, darunter fünf doppelseitige, sowie drei Detailausschnitte, und ist damit der umfangreichste Teil des Buches. Mit Ausnahme der beiden Bilder "Masks of Cthulhu" und "Church of Cthulhu" sind stets Frauen das zentrale Motiv, gekleidet in Lack und Leder, angetan mit einem derart eng geschnürten Korsett, dass die Taille oftmals annähernd mit zwei Händen umfasst werden kann.
Gerade der Kontrast zwischen der Schönheit dieser Frauen und dem Verfall der sie umgebenden Landschaft macht einen Großteil des Reizes dieser Bilder aus, schöne Beispiele hierfür sind "Diptych left" und "Diptych right". Zudem versteht es Hanno von Bran, die feine Grenze zwischen ästhetischer Erotik und plakativer Nacktheit zu wahren. Aber selbst auf den ersten Blick verstörenden Motiven, wie "Hunger-Machine" und "Torso 47", kann der Künstler noch eine beunruhigende Ästhetik verleihen.

Level 2 befasst sich mit den bekanntesten Arbeiten Hanno von Brans, den Coverillustrationen der Horrorreihe "Necroscope", die ebenfalls im Festa-Verlag erscheint. "Industrial Love" widmet sich den ersten 17 Titelbildern, die jeweils eine Doppelseite an Platz beanspruchen. Hierbei ist auf der linken Seite immer ein Coverbild abgedruckt, bei dem es sich stets um den Kopf einer schaurigen Gestalt handelt. Auf der rechten Seite ist nun das Gesamtbild zu sehen, dem der entsprechende Kopfausschnitt entnommen wurde.
Für Necroscope hat sich von Bran von der Darstellung erotischer Schönheiten abgewandt. Vielmehr sind nun Personifikationen des Horrors das Thema dieser Bilder - Gestalten, die Albträumen entsprungen zu sein scheinen. Zeigen bereits die "Necroscope"-Cover eine unheimliche Wirkung, so wird diese durch die Darstellung vollständiger Szenen noch verstärkt. Diese entpuppen sich darüber hinaus als sehr abwechslungsreich, da die verwendeten Motive sehr viele Bereiche des Horrors abdecken und sich nicht nur auf das Vampir-Genre konzentrieren.

Mit Level 3 kehrt Hanno von Bran zu den Schönheiten im Korsett zurück, erweitert sie diesmal aber um das Motiv der "Bad-Babies". Dabei handelt es sich um die Darstellung von Säuglingen bzw. Föten, die in die dargestellten Szenerien miteingebunden werden. Unter anderem findet sich in diesem Bereich auch das Cover zu dem von Festa verlegten Roman "Monstrocity" aus der Feder von Jeffrey Thomas.
Dieser Bereich ist ob der verwendeten Motive nur sehr schwer zu bewerten. Die Komposition dieser Bilder ist jedoch gelungen und kann ohne Bedenken mit den Werken aus Level 1 verglichen werden. Stellenweise wirken die dargestellten Szenen, insbesondere durch die Verwendung des Säuglingsmotivs, an Karikaturen beliebter Baby-Bildpostkarten.

"Industrial Love" ist kein Bildband, der die breite Masse anspricht. Leute mit Vorliebe für den Bereich Horror und Industrial dagegen, ebenso wie Fans von Korsetten und Angehörige der Fetisch-Szene, sei der Band ans Herz gelegt. Die Bilder sind von guter künstlerischer Qualität und wirken trotz übereinstimmender Thematik abwechslungsreich. Lediglich die mageren Texte enttäuschen etwas. Zumindest am Beispiel eines Bildes hätte der Künstler die Entstehung seiner Werke dokumentieren können. Dennoch ein gut gemachter Bildband, der sich preislich im annehmbaren Niveau bewegt.