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Don Francisco de Quevedo bittet Alatriste, ihm zu helfen. Der Hauptmann, treuester Freund des großen Dichters, Satirikers und Poeten, wundert sich nicht, hat er doch bei vielen Gelegenheiten für den und mit dem ständig Streit suchenden Veteranen seinen Degen gezogen.
Doch zu seiner Verwunderung macht der große Quevedo ein Geheimnis aus der benötigten Hilfe, beraumt sogar ein Gehimtreffen mit drei Unbekannten an, um Hauptmann Alatriste die Sache zu erklären. Wäre der altgediente Soldat und harte Kämpfer Alatriste nicht unerschütterlich und von großer Charakterfestigkeit, die Aufgabe, die ihm Quevedo und die drei Männer erläutern, würde ihn mit Entsetzen erfüllen. Im großen Spanien der Edelleute, Stierkämpfe, des Glückspiels und der Händel ist nur eine Macht wirklich unangreifbar: die Kirche und die heilige Inquisition.
Und nun wollen diese drei Männer, Don Vicente de la Cruz und seine beiden Söhne sowie der ihnen einen Gefallen schuldende Quevedo genau das von Alatriste: Er soll ein Kloster überfallen und eine der Novizinnen befreien. Steht bereits auf dieses Verbrechen die Todesstrafe, ist das "Kloster der Anbetenden Benediktinernonnen" unter der Leitung von Bruder Juan Coroado und Julián Garzo. Diese aber stehen unter dem Schutz des höchsten königlichen Günstlings, dem Grafen von Olivares. Da dieser an das Geld der portugiesischen Genuesen herankommen will und der Vater des Juan Coroado der einzige Zugang zu diesen jüdischen Bankiers ist, genießt der Bruder absolute Straflosigkeit in den Mauern des Klosters und außerhalb. Unter Missachtung aller Kloster- und Kirchenregeln nutzt Bruder Juan Coroado diese Straflosigkeit zu ständiger Unzucht mit den Nonnen und Novizinnen des Klosters. Don Vicente de la Cruz verlangt nun von Quevedo und Alatriste, seine Tochter, die in dem Kloster gefangengehalten wird, zu befreien.
Dieser äußerst heikle und gefährliche Auftrag verlangt Alatriste eine Menge ab, ist er doch durch vorangegangene Abenteuer sowohl der Inquisition als auch dem Grafen Olivares ein Dorn im Auge und kurz davor, Spanien in Richtung Flandern zu verlassen. Doch zögert er keinen Moment, es gilt seinem Freund Quevedo zu helfen und der bittet nicht lange. So ziehen die fünf Männer, begleitet vom Ziehsohn Alatristes, Inigo de Balboa, in einer der nächsten Nächte zum Kloster, um Elvira de la Cruz zu befreien.
Inigo klettert über eine niedrige Mauerstelle und öffnet mit dem durch Bestechung erhaltenen Schlüssel eine kleine Pforte. Die fünf Männer dringen ins Innere des Klostergartens vor und Alatriste schickt Inigo nach Hause. Der gefährliche Teil des Unternehmens kann beginnen.
Da erklingt in der völligen Dunkelheit der mächtigen Klostermauern ein Ruf durch die Nacht, der den Fünf das Blut in den Adern gefrieren lässt:
"Ergebt euch im Namen der Inquisition!" Nachdem Arturo Pérez-Reverte 1996 mit "Hauptmann Alatriste" einen Abenteuerroman allererster Güte vorgelegt hatte, erschien 1997 der zweite Teil der Trilogie rund um den Veteranen und Degenfechter Diego Alatriste y Tenorio, die in den ersten Regierungsjahren Philipps des IV. von Spanien spielt.
"Die Reinheit des Blutes" schließt fast nahtlos an die Handlung des ersten Romans an und verwickelt den Hauptmann wiederum in gefährliche Ränkespiele und Intrigen rund um den obersten Günstling des Königs, den Grafen Olivares, die Inquisition in Gestalt des Paters Emilio Bocanera, den Degenfechter Gualterio Malatesta, der den Tod Alatristes herbeisehnt, und einen Höfling, der mit maßlosem Ehrgeiz an die Macht zu gelangen versucht und zum Todfeind Alatristes wurde: Luis de Alquézar.
Neben der Handlung ist es wichtig zu wissen, dass sämtliche historischen Details und der Großteil der erwähnten Personen und Günstlige am Hofe Philips des IV. existiert haben. Sogar die Gedichte, die Pérez-Reverte an viele Stellen in die Handlung einfließen läßt, sind apokryph - sie sind in der Originalausgabe im Wortlaut der Quellen zitiert und kenntnisreich in der deutschen Ausgabe übersetzt worden.
Diese Details sind es, die aus dem einfachen Abenteuerroman eine historische Geschichte machen. Sie beleuchten das Spanien des sechzehnten Jahrhunderts in unfassbar vielfältigen Facetten. Die Stärken des zweiten Romans rund um den Degenfechter sind denn auch die historischen Anmerkungen, Nebenbemerkungen und Abschweifungen das Autors. Ganz im Gegensatz zum ersten Roman begeistert die Handlung nicht. Zu keinem Zeitpunkt kommt Spannung auf, reißt die Geschichte mit oder erlangen die Figuren dieses mittelalterlichen Schachspiels die Form und das Format von "Hauptmann Alatriste". Waren es im ersten Roman die Figur des Hauptmanns und die seines Gegners Bocanera, Olivares und Malatesta, sind hier alle Beteiligten seltsam schwach. Auch die Rolle, die der Ziehsohn Alatristes, Inigo de Balboa, spielt, ist enttäuschend langatmig. Die Handlung pendelt zwischen belanglos und langweilig, unentschlossen und machtlos. Zu keinem Zeitpunkt fühlt man sich so gut aufgehoben wie im ersten Teil der Triologie. Wäre nicht die wundervolle historisch korrekte Komponente - hier eindeutig die Hauptrolle spielend -, der Roman wäre misslungen.
Fazit: Welch eine Enttäuschung ist dieser Roman. Nach dem grandiosen Auftakt in "Hauptmann Alatriste" verflacht die Handlung in "Die Reinheit des Blutes" spürbar - einzig die grandiose Art, in der Pérez-Reverte das "Goldene Zeitalter" Spaniens wieder auferstehen lässt, sind Grund, den Roman zu lesen. Hinzu kommt die Tatsache, dass dieser zweite Teil unabdingbar ist, um die gesamte Trilogie zu genießen.
Anmerkung: "Limpieza de sangre" ist in Deutschland im Band "Alatriste" gemeinsam mit Teil eins und drei der Trilogie erschienen.