Sie können mich aufhalten, doch Sie werden mich nie fassen.
Dies ist die grausame Prophezeihung, die Kriminalhauptkommissar Fabel, den "englischen Kommissar", per Email erreicht. Er jagt einem Serienmörder nach, der einen besonders perfiden Plan verfolgt. Kurz nach jedem Mord schickt er unter dem Namen "Son of Sven" eine Email an Fabel, um ihn daran zu erinnern, dass dies eine persönliche Auseinandersetzung ist.
Der Mörder imitiert ein Ritual der Wikinger, ein Menschenopfer. Beim so genannten Blutadler wird noch lebenden Menschen der Leib aufgeschnitten und die noch atmenden Lungen brutal herausgerissen und über die Schultern des Opfers geworfen. Die Wikinger glaubten, dass die so geopferten Menschen direkt zu Odin fliegen und ihm Kunde des Opfers überbringen würden.
Im heutigen Hamburg scheint so ein Opfer absurd, dennoch werden Frauen auf diese Art ermordet, zwischen denen auf den ersten Blick kein Zusammenhang besteht. Immer ist die Polizei zu langsam, sie findet keine Hinweise auf diesen genial und barbarisch agierenden Mörder.

Doch nicht nur diese widerwärtigen Taten halten die Hamburger Polizei in Atem, zudem werden gehäuft Frauen aufgefunden, die unter den Nachwirkungen von starken Drogen stehen und von mehreren Männern rituell vergewaltigt wurden. Hängen diese Vergewaltigungen mit den Serienmorden zusammen?

Fabel kann bei seinen Ermittlungen niemandem außer seinen engsten Mitarbeitern vertrauen, denn auf einmal kommen politische Interessen ins Spiel und sogar der Bundesnachrichtendienst BND schaltet sich ein. Als in all dem Chaos auch noch eine neue ukrainische Verbrechergruppe auftaucht und das Kommando über alle anderen Banden übernimmt, steht die Polizei vor einem totalen Rätsel. Morde, Vergewaltigungen, Rituale häufen sich und nach und nach verknüpft sich alles zu einem großen Netz, in dem jeder verdächtig scheint und alles zusammenhängt.

Am Ende bewahrheitet sich die Prophezeihung des Mörders ...

Für den Leser ist es faszinierend zu beobachten, wie sich alle Fäden nach und nach verknüpfen. Dabei stört es auch nicht, dass der Leser manche Schlüsse noch vor dem Kommissar zu ziehen vermag, dies erhöht fast noch die Spannung, da man nun dem ermittelnden Fabel Tipps geben möchte, die er so bitter nötig zu haben scheint.
Dieses Buch ist nicht nur ein Krimi, sondern auch ein beeindruckender Psychothriller. Der Leser taucht in die pervertierte Psyche eines Serienmörders ein, lernt die inneren Zerrissenheiten und Zweifel Fabels kennen und staunt immer wieder, welch kleine Ereignisse alles außer Kontrolle bringen können.
Die Jagd, die der Mörder mit Fabel veranstaltet, zeigt nur seine ganze Perversion. Immer wieder erhält Fabel eine Email, wird auf das neuerliche Opfer aufmerksam gemacht. Immer wieder hat er das Gefühl, zu versagen, die Frauen der Stadt nicht schützen zu können. Vor allem der letzte Punkt zeigt, dass Fabel ein durch und durch guter Polizist ist, der immer Gerechtigkeit erreichen möchte. Doch, wie ein türkischer Mafiaboss ihm erläutert, nicht alle Polizisten sehen dies so. Auch unter ihnen gibt es Verräter und Gestrauchelte.

Warnen muss man an dieser Stelle vor den Tatortbeschreibungen. Teilweise sind sie so detailliert wie Fotos, man kann sich alles bildlich vorstellen. Im Normalfall ist es wünschenswert, wenn ein Buch die Fantasie des Lesers so anstoßen kann, doch in diesem Fall führt das zu grausigen Bildern und Vorstellungen, die den Leser aber noch mehr in den Bann der Geschichte ziehen.
Neben dieser Warnung gibt es noch den Kritikpunkt der Verwirrung. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die jeweils einen Zeitraum von einigen Tagen behandeln. Innerhalb dieser Teile wechseln die Handlungsorte und die beteiligten Personen aber teilweise so schnell, dass man als Leser stets einen aufmerksamen Blick auf die Überschriften haben muss, um nicht vom Erzähltempo abgehängt zu werden.

Craig Russell hat einen beeindruckenden Krimi vorgelegt, der auf weitere Romane mit Jan Fabel in der Hauptrolle einstimmt. Der Autor hat Hamburg, eine der britischsten Städte außerhalb Englands, zum Schauplatz bestimmt, und damit hat er eine gute Wahl getroffen. Ihm gelingt es, den Charme Hamburgs und seiner Bewohner einzufangen und wiederzugeben. Besonders interessant ist der Krimi daher auch für Leute, die Hamburg kennen und mögen. Doch auch Nicht-Kenner werden sich nicht beim Lesen "verlaufen", im Buch finden sich Karten des Großraums Hamburg und der Stadt an sich.

Der Leser sollte sich aber darauf vorbereiten, dass der Fall um Son of Sven in diesem Buch noch nicht beendet ist und er, wenn die Geschichte ihn denn gefangen nimmt, er weitere Bücher kaufen muss, um alle Rätsel erklärt zu bekommen.