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Keine Gelegenheit auslassen, etwas Neues zu probieren oder zu kochen, möglichst häufig aus der Zuführung von Brennstoff ein sinnliches Erlebnis machen, das sind die Grundsätze eines Gastronauten. In einer Zeit, in der das Essen nicht nur wörtlich in aller Munde ist, ist "Der Gastronaut" trotzdem noch ein ganz außergewöhnliches Buch.
Es geht also darum, aus Essen etwas Besonderes zu machen, also probiert Stefan Gates in seinem Buch alle möglichen, und sehr viele landläufig unmöglichen, Sachen aus. Im ersten Kapitel, dem "Werkzeugkasten", geht es darum, wie man manche Sachen selbst macht, wie man mit Gold kocht, selbst Käse herstellt, oder sogar Margarine - letzteres klingt sehr nach Chemielabor.
Dann geht es um "Kulinarische Erlebnisse" und dieses Kapitel zeigt als erstes einen nur wenig klaren Aufbau, unter einen sehr allgemeinen Oberbegriff gehören hier denkwürdige Mahlzeiten und bacchantische Orgien, aber auch das Verspeisen von Insekten. Aber von den Insekten ist es nicht weit bis zur Unappetitlichkeit, und diese erreicht Gates im dritten Kapitel "Essen und Körper", in dem es neben Aphrodisiaka auch um Flatulenzen und um Kannibalismus geht. Da geht es schon um schwärzesten Humor und feinsinnige Leser könnten sich abgestoßen fühlen.
Dann doch lieber "Exhibitionimus für Romantiker". Dieses Kapitel zeigt viele kleine Herrlichkeiten und kulinarische Schweinereien auf, manche davon fast normal, andere mächtig abgedreht, wer kocht schon gern mit Aftershave. "Abenteuer für Unverzagte" geht einen kleinen Schritt weiter, zeigt spannende Rezepte mit Grillen - nicht zum Grillen - auf und bringt auch Nashornsuppe, gefüllte Fischköpfe und einen vorsintflutlichen Pudding auf den Tisch.
Überhaupt steht Stefan Gates ganz offensichtlich auf althergebrachte Gerichte, denn immer wieder verweist er auf die Gastronauten der Geschichte, versucht sich an Gerichten, die es schon bei Römern oder im Mittelalter gab. Ein bisschen komplizierter wird es dann im sechsten Kapitel mit dem Titel "Große Projekte für Auserwählte". Spanferkel, Pute, gefüllt mit Ente, diese gefüllt mit Hähnchen, oder gleich Imu, eine polynesische Art des Garens unter der Erde - hierfür sollte man einen Garten haben, den man anderthalb Meter ausheben kann, ach so, eine Tonne Metallschrott braucht man auch, wenn gerade kein Lavagestein vorhanden ist -, für die hier vorgeschlagenen Gerichte braucht man Zeit und ein paar Voraussetzungen, und eventuell auch noch ein paar Freunde, die freiwillig große Gruben ausheben.
Mit den Resten verabschiedet sich Stefan Gates schon fast aus seinem kurzweiligen Buch, und hier kommt dann endgültig das zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört. Hier gibt es alle möglichen Rezepte und Geschichten rund ums Essen, von Rebhuhn über Rindercarpaccio bis zu Rezepten für jeden Monat im Jahr und einer Einführung in die Geschichte des Abwaschens.
Besonders praktisch ist dieses Buch wahrlich nicht, die meisten Gerichte sind recht weit von dem weg, was man als gute Hausmannskost bezeichnet. Aber das, was an diesem Buch unpraktisch ist - ja, auch die Rezepte sind unübersichtlich und bei weitem nicht so ausführlich, wie man das so landläufig aus Kochbüchern kennt -, das ist auf der anderen Seite witzig und unterhaltsam. Mit schwarzem und sehr englischen Humor bringt der Comedyautor Stefan Gates viele schräge Anekdoten und kleine Weisheiten zu den Kulinaria der Welt. Ein seltsames Buch, ein Buch, das keiner braucht, aber für viele ein großer Spaß sein kann.
Gerstenberg hat dieses Nicht-Kochbuch in den exakten Look von Ben Schotts Sammelsurium verpackt, das ist sicherlich kein Zufall, und eine gewisse Seelenverwandtschaft der Bücher ist nicht abzustreiten, aber ein bisschen unverschämt wirkt diese Kopie auch. Man kann sich aber natürlich auch des hübschen Covers und der guten Verarbeitung einfach nur freuen.