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 Die Musik der Primzahlen

Auf den Spuren des größten Rätsels der Mathematik


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Gesamt ++++-


Möchten Sie eine Million Dollar verdienen? Dann beweisen Sie die Riemannsche Vermutung.
Diese gibt einen Hinweis auf die Verteilung der Primzahlen. Sie wurde empirisch anhand einer riesigen Anzahl von Primzahlen überprüft, aber da es unendlich viele Primzahlen gibt - wie schon die alten Griechen wussten -, kann nur ein klarer mathematischer Beweis eine für Mathematiker annehmbare Bestätigung liefern. Der Beweis steht seit weit über hundert Jahren aus.
Die Primzahlen, also jene Zahlen, die nur durch Eins und durch sich selbst teilbar sind (2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, ?), haben die Menschheit bereits im Altertum fasziniert. Schließlich lassen sich alle anderen Zahlen als Produkte von Primzahlen darstellen. Die Primzahlen stell(t)en den Mathematiker vor etliche Rätsel. Zu ihren besonderen Herausforderungen gehörte immer ihre zufällige, chaotische Verteilung. Erst das Genie Friedrich Gauß entwickelte eine eher gesamtheitliche Betrachtung des Phänomens Primzahlen: Gauß suchte weniger nach einer Formel, die neue (größere) Primzahlen präzise vorhersagen konnte, sondern er betrachtete ihr Vorkommen auf statistischer Basis. So konnte er eine brauchbare Annäherung an die Anzahl der Primzahlen innerhalb einer bestimmten Zahlenmenge finden.
Bernhard Riemann, einer der Nachfolger Gauß? in Göttingen, entdeckte durch Umformung der so genannten Zeta-Funktion eine Korrelation zwischen den Nullstellen dieser Funktion und dem Auftreten von Primzahlen. Er gehörte zu den Revolutionären, die sich der imaginären Zahlen - zu diesen gehört die Wurzel aus Minus-Eins - bedienten, um außergewöhnliche Probleme der Mathematik zu lösen. Riemann behauptete, seine Vermutung beweisen zu können, aber er lieferte den Beweis nie ab. Und Angehörige neuerer Mathematiker-Generationen bissen sich an der Riemann-Vermutung, im Gegensatz zu anderen Jahrhundert-Problemen wie dem letzten Fermat-Theorem, die Zähne aus.
?Was soll?s??, mögen Sie sich fragen. Völlig abstrakt ist das Problem jedoch nicht. Denn die Sicherheit des elektronischen Geldtransfers und damit der Kreditkartenzahlung hängt vor allem davon ab, dass niemand mit einer einfachen Formel riesige Zahlen in ihre Primzahlfaktoren zerlegen kann. Unsere Kreditkartenkennzahlen werden nämlich über Produkte gewaltiger Primzahlen chiffriert. Wer die Riemannsche Vermutung beweist, kann vermutlich auch die Sicherheitscodes knacken.

Spannend und auch für Nicht-Mathematiker gut verständlich erzählt der Autor, selbst renommierter Mathematiker, die Geschichte der Erforschung der Primzahlen anhand von Kurzbiografien berühmter Mathematiker - die meistens mindestens so skurril waren und sind wie die von ihnen in Angriff genommenen wissenschaftlichen Aufgaben - sowie packenden Wettläufen zwischen konkurrierenden Forschern. Es gelingt ihm, einerseits den "Geist" der Mathematik zu vermitteln, die Ästhetik der reinen Zahlentheorie, andererseits aber auch ihre Einbindung in die Praxis, so zu Napoleons Zeit und im zweiten Weltkrieg (Entschlüsselung der "Enigma") in die Kriegstechnologie und später in die Wirtschaft - siehe Webseitenverschlüsselung.
Der Leser lernt auch viel über die historische Entwicklung der Mathematik und ihre Hochburgen in Geschichte und Gegenwart - zum Beispiel Göttingen, Princeton und Paris. Nebenbei wird man mit interessanten, eher ungewohnten Gebieten der Mathematik wie den imaginären Zahlen vertraut gemacht, deren Natur für den Laien durchaus eine Herausforderung darstellt, die aber zur Grundlage für die Riemannsche Vermutung und damit für ein wesentliches Gebiet der Primzahlenforschung wurden.
Wer in seiner Ausbildung gründlicher in Zahlentheorie und Algebra eingestiegen ist, wird sich wohl manchmal mehr Tiefe, mehr Formeln, mehr Details wünschen, der "reine" Laie indes wird nicht überfordert, wenngleich das Buch durchaus Aufmerksamkeit abverlangt. Zahlreiche Tabellen und Grafiken fördern das Verständnis; Fotografien der erwähnten und porträtierten Mathematiker ergänzen den Text.
Und mit der Zeit wird begreiflich, warum viele Mathematiker die Frequenz der Primzahlen auf dem Zahlenstrahl und die Folge der Nullstellen in der Riemannschen Variante der Zeta-Funktion als eine fremdartige, faszinierende Form von Musik begreifen, die sich sogar akustisch darstellen lässt. Zweifellos enthält die Zahlentheorie ästhetische Elemente. Dass ihr größtes Rätsel auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ungelöst blieb, erhöht ihre Faszination allenfalls.
Ein fesselndes Buch, das dazu beiträgt, das Vorurteil von der Mathematik als trockenem, ödem Fach gründlich zu korrigieren!

Regina Károlyi



Softcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 3423342994 | 398 Seiten | Sprache: Deutsch

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