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Das friedliche Gesicht des Schäfers will so gar nicht zu dem Spaten passen, der in seinen Gedärmen steckt. Miss Maple setzt alles daran, den Mörder des von allen Schafen geliebten George Glenn zu finden. Ihr zur Seite stehen der Leitwidder Sir Ritchfield, das Gedächtnisschaf Mopple the Whale und Othello, das einzige schwarze Schaf der Herde.
Doch es ist nicht so leicht, Menschen und ihre oft absonderlichen Verhaltensweisen zu verstehen. Menschen benehmen sich so unlogisch, so verrückt und wahnsinnig, dass ein einfaches, intelligentes Schaf oft nicht dahinterkommt, was deren Tun bezwecken soll. Verdächtig ist den Schafen natürlich der Metzger, aber Miss Maple ist sich nicht sicher, ob es ihre Furcht oder ihr Hass ist, der ihnen diesen Verdacht eingibt.
Plötzlich scheinen sich eine Menge Menschen aus dem Dorf für Georges Schäferwagen, die Weide und das große Grundstück zu interessieren. Zum ersten Mal im Leben der Schafe scheinen Menschen als Herdentiere aufzutreten. Nächtliche Besuche, schleichende Gestalten im Nebel und aufgeregte Stimmen heimlicher Besucher verwirren die Schafe. Am liebsten würden die meisten Schafe die Untersuchung von Georges Tod einstellen und alles vergessen. Ohne Mopple würde die Herde wohl sowieso kaum noch einen Gedanken daran verschwenden, wer ihn umgebracht hat. Doch Miss Maple besteht auf der Aufklärung der abscheulichen Tat. Sie will diesen menschlichen Wolf finden.
Doch einfach wird das nicht. Als Schaf kann man nicht so einfach herumlaufen, Zeugen befragen und nach Indizien suchen wie in den Krimis, die George ihnen vorgelesen hat. Doch Miss Maple lässt sich nicht ermutigen und als unvermittelt eine fremde Frau auftaucht, scheint Bewegung in die Ermittlungen zu kommen, denn die Schafe wittern sofort, wer die Frau ist: Georges Tochter.
Der erste Roman der deutschen Krimiautorin Leonie Swann verkaufte sich 120.000 Mal in den ersten sechs Monaten nach seinem Erscheinen. Der sensationelle Erfolg führte sehr schnell zu einer Hörbuchedition, die die spannende Geschichte rund um eine Schafherde und einen Mord an deren Schäfer in gekürzter Fassung bietet. Das Fehlen einiger Handlungselemente, verschiedener Diskussionen unter den Schafen und verschiedener Charaktere - einige Schafe, der Schäferhund und manche Menschen sind komplett gestrichen worden - tut der Geschichte allerdings keinen Abbruch. Sie ist äußerst vergnüglich, höchst spannend und vor allem durch die ungewohnte Sicht absolut einmalig.
Den Fehler, den viele Tierbücher und Geschichten machen, ist es, die Hauptpersonen allzu menschlich werden zu lassen und eigentlich Etikettenschwindel zu betreiben. Diesen Fehler macht Leonie Swann nicht. Ihre "Helden" sind erfrischend anders. Sie wittern Dinge, die einem Menschen absolut nichts sagen, leben in einer eigenen Welt - inklusive Sagen, Märchen, Träumen und Hoffnungen. Sie sind stark benachteiligt, wenn es ans Schlussfolgern, kombinieren, werten geht und im Vorteil, wenn es ums fühlen, ahnen und moralisieren geht. Selten hat ein Schaf - oder besser eine Gruppe von Schafen - einen Hörer so vereinnahmt. Dies liegt zum großen Teil an der witzigen, locker geschriebenen Geschichte. Nicht unwesentlich ist jedoch der Beitrag, den Andrea Sawatzki dabei leistet. Sie vermittelt durch unterschiedlichste Tonlagen, mit oft zögerlicher Aussprache, ruhigem Erzählton und plötzlich hektischem Gestammel die Emotionen und Gedanken der Schafe auf das Vortrefflichste. Der Hörer vermag empathisch in der Schafherde aufzugehen und wird fast zu einem Teil dieser so fremden Säugetiere. Unmerklich verschiebt sich der Blickwinkel des menschlichen Zuhörers in Richtung der Schafe und mit Erstaunen merkt man im Laufe der Geschichte, wie man naserümpfend auf die Gewohnheiten und Verhaltensweisen der Menschen blickt und beinahe verachtend "deren" Hang zu Dingen missbilligt.
Leonie Swann ist das Kunststück gelungen, einen Schafkrimi zu schreiben, der diesen Namen wirklich verdient. Nicht der Mensch ist wichtig, sondern das Schaf, nicht die Menschen verhalten sich richtig, sondern die Schafherde. Es ist erfrischend, mit wie viel Humor und gekonnten Spannungselementen die Autorin dies vermag.
Fazit: Dieses Hörbuch ist - mit Ausnahme der gelegentlich deutlichen Kürzungen und dem damit verbundenen Verlust an "Schafatmosphäre" - ein perfektes Produkt. Die spannende Geschichte ist zu Recht ein Bestseller und wird es, durch Andrea Sawatzkis Leistung als Sprecherin, auch als Hörbuch werden.
Mögen die ewig weidenden Wolkenschafe den Drang nach Besitz dieses Hörbuchs in diesem einen Fall gutheißen!