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Im Verlauf des Jahres 2004 haben Robert Gernhardt und Peter Knorr auf zahlreichen Bühnen ihr Programm "Das Ungeheuer von Well Ness" vorgetragen. Ein Live-Mitschnitt einer dieser "Herren-Abende" wurde vom Westdeutschen Rundfunk mitgeschnitten und hat 2005 den Weg auf eine CD, produziert vom "Audio-Verlag", gefunden. Auf knapp 55 Minuten bringt es der Vortrag, der Texte von Robert Gernhardt, Peter Knorr und Bernd Eilert verwendet.
Im "
Loblied auf die Ärzteschaft" wird in fünf Versionen genau das Gegenteil eines Lobliedes geboten, nämlich Häme, Zynismus und - seltener - Ironie. Ärzte werden als Absahner, eitle Gesellen und Scharlatane verunglimpft.
"
Das Medizinexamen" ist eine intelligente Persiflage auf Prüfungssituationen. Der Prüfling entzieht sich konsequent der Frage, indem er scheinbar philosophisch und höchst ausweichend eine Antwort vermeidet bis er durchgefallen ist - doch auch das nimmt er zum Anlass für eine pseudophilosophische Antwort.
Folgende kürzere Stücke wie "
Schlimmer wohnen", "
Trinkerbeerdigung" oder "
Der Telefonbuchübersetzer" erinnern nicht von ungefähr an eine Otto-Show - sind die drei Männer doch als Texter dieser anarchisch-blödelnden Ostfriesenaction deutschlandweit bekannt geworden.
Dann steuert das Programm unaufhaltsam auf ein zentrales Thema der "Well Ness"-Szene hinaus: Sexualität.
Musterbeispiele des - teils - schlechten Geschmacks und der gnadenlosen "Zotenbereitschaft" des Autorentrios sind "
Mutmaßungen über Sexualität", "
Warum manche Männer Mädchen lieben" - dies allerdings wunderbar ironisch und pointiert auf die Spitze getrieben - , "
Brautwerbung" und "
Gattenliebe".
Neben kürzeren, meist recht albernen Überleitungen ist der eigentliche Höhepunkt dieses Programms und damit dieses Hörbuchs der Schluss: "
Der Inselpfarrer" ist eine köstliche Geschichte voller Witz und Humor und Dutzenden mehr oder weniger passend in den Text eingebauter Inselnamen. Die kuriose Verwendung und der phantasiereiche Nutzen diverser Namen ist einfach nur brillant gemacht und auch nach mehrmaligem Hören ein Riesenspaß.
Einige der kurzen Stücke funktionieren, die meisten aber leiden unter einer einfachen und schlichten Tatsache: Sie sind ein Mitschnitt eines Live-Programms und nicht als Hörspiel gedacht. Die Stimmen sind nicht immer klar zu unterscheiden, die Pointen leben teils von der Präsenz des Vortragenden, und Pausen, effektvolle Unterbrechungen, Blicke und vielsagende Gesten - selten sind diese zu erahnen, meistens fallen sie durch ihre Abwesenheit auf. Dies schmälert die Wirkung des Vortrags und nimmt dem ganzen Programm die Frische, die Prägnanz und die Lebendigkeit. Nur wenige Stücke vertragen die Auslassung des Bildes gut, der Inselpfarrer ist ein Musterbeispiel hierfür.
Eins aber kann man den beiden "alten Herren" - Robert Gernhardt ist leider ein Jahr nach der Produktion dieser CD gestorben - nicht absprechen: Der Spaß, den sie bei diesem Abendprogramm hatten, die Verve ihres Vortrags, die eloquente Lässigkeit der Dialoge suchen ihresgleichen. Sie sind hier auf der Höhe ihres Vermögens, ihr Publikum mitzureißen - leider bekommt der Hörer davon nicht immer allzu viel mit.
Fazit: Diese Hörbuch-Produktion leidet darunter, dass es sich bei der Aufnahme um den Mitschnitt eines Live-Programms handelt. Dies mindert den Nutzen und die Überzeugungskraft, mit der Robert Gernhardt und Peter Knorr zu Werke gehen. Es lässt sich nur erahnen, wie erfolgreich sie diesen Vortrag gestaltet haben. Doch trotz dieser Einschränkungen ist es eine meist recht vergnügliche - in Teilen allerdings recht alberne - Sammlung von Witzen, Gedichten, Geschichten und Satiren.
Der "Inselpfarrer" allein lohnt diese CD, wenn der Preis nicht wäre - der nämlich ist ziemlich unverschämt!