Der Schotte Craig Russell wurde hierzulande gleich mit seinem ersten Roman "Blutadler" bekannt, der den Auftakt zu einer mehrteiligen Thrillerreihe um den Protagonisten, den Polizisten Jan Fabel, bildet. 2006 erschien der Thriller als Hörbuch bei Lübbe Audio; gelesen wird er von dem bekannten Synchronsprecher David Nathan.

Jan Fabel arbeitet bei der Hamburger Polizei, genauer gesagt bei der Mordkommission. Seltsame Mails erreichen den Kriminalhauptkommissar von jemandem, der sich "Son of Sven" nennt - und der offenbar der Mörder mehrerer junger Frauen ist. Die Art der Tötung ist bei jedem Mal dieselbe. Bestialisch werden die Frauen regelrecht hingerichtet, ihnen werden die Lungen aus dem Leib gerissen und über die Schultern geworfen. Wie sich im Lauf der Ermittlungen herausstellt, handelt der Mörder nach einem uralten, blutigen Ritual aus der Zeit der Wikinger; die Lungenflügel sollen die Schwingen darstellen, durch die die Opfer direkt zu Odin fliegen würden.
Jan Fabel und sein Team arbeiten fieberhaft daran, den Mörder zu finden. Was haben die jungen Frauen miteinander zu tun? Wo sind Schnittstellen, die einen Schluss auf die Wahl der Opfer zulassen? Wer steckt hinter den abscheulichen Verbrechen, die tief in einer längst vergangenen Religion verwurzelt zu sein scheinen?
Gleichzeitig kommt es in Hamburg vermehrt zu Vergewaltigungen, bei denen die Frauen unter starke Drogen gesetzt wurden; besonders auffällig ist, dass die Tat stets von mehreren Männern mit offenbar rituellen Motiven durchgeführt wurde.
Fabel forscht weiter nach. Plötzlich geht es um mehr als die bestialischen Morde und die Vergewaltigungen; der BND schaltet sich in die Untersuchungen ein, und in das organisierte Verbrechen Hamburgs kommt Unruhe, als eine osteuropäische Bande die Macht an sich zu reißen versucht - und es sieht tatsächlich danach aus, als hätten all diese Brandherde etwas miteinander zu tun. Immer mehr Zusammenhänge werden deutlich, immer mehr Puzzlestücke finden sich und lassen sich fragmentartig zu einem Ganzen zusammensetzen. Aber wird Fabel den Mörder aufhalten können, bevor er wieder zuschlägt?

Fulminant und unheilschwanger beginnt das Hörbuch mit dem Vorlesen einer Mail von "Son of Sven", und sofort weiß David Nathan seine Zuhörer in seinen Bann zu ziehen. Mit ruhiger Stimme trägt er die gekürzte Fassung des Romans, die auf sechs CDs mit 412 Minuten Gesamtspielzeit gepresst wurde, vor.
Dass es sich um eine gekürzte Fassung handelt, ist leider zu häufig zu bemerken. Manche Situationen wirken aus dem Zusammenhang gerissen, die stimmige Atmosphäre leidet hin und wieder unter den Kürzungen, die vorgenommen wurden, um das Buch kompakter in das Audioformat zu bekommen. So fehlen zwar keine wichtigen Informationen, jedoch macht das Hörbuch eher den Eindruck, alle relevanten Informationen, Begebenheiten und Szenarien abzuspulen als den Leser in eine unruhige, gespannte Stimmung zu versetzen.
Dabei ist dem Sprecher der geringste Vorwurf zu machen. Sicher in Intonation und Pausen liest er den Thriller im Großen und Ganzen ohne jeden Makel; er kann jedoch nicht verhindern, dass es dem Thriller in der Hörfassung deutlich an Spannung mangelt und dass etwas mehr Atmosphäre gut getan hätte. Nur an wohl platzierten kleinen und größeren Höhepunkten des Hörbuches entsteht Druck für den Zuhörer, weiterhören zu müssen, um zu erfahren, was als nächstes passiert.
Dennoch: Die Handlung ist interessant und weiß zu unterhalten. Mit Jan Fabel ist ein nicht unsympathischer Protagonist an der Seite des Zuhörers, derweil sein Ermittlerteam enttäuschend blass bleibt. So wird der Zuhörer von den Geschehnissen zwar angesprochen, jedoch nicht zu emotional verwickelt, was ein genießendes Lauschen wahrscheinlicher macht als ein atemloses Zuhören.

Die Hörbuchfassung kann leider nicht mit dem Roman mithalten. Zwar ist der Sprecher exzellent ausgewählt, an Verpackung und Informationsgehalt - zwei kurze Informationen zu Autor und Sprecher sowie eine Inhaltszusammenfassung und Werbung anderer Produkte aus dem Hause Audio Lübbe - ist nichts auszusetzen und die Handlung ist solide; doch die vorgenommenen Kürzungen rauben Stimmung und Spannung und bieten dem Zuhörer ein nettes, aber nicht überragendes Hörvergnügen.