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Der Fall scheint klar zu sein: Howard Gilbert war mit seiner Verlobten Brenda Sterling im Theater, es gab Streit, und etwas später am Abend erwürgte Gilbert die junge Frau. Ihre Leiche wird später auf einem ausgebombten Grundstück gefunden, von dem - so lautet zumindest eine Zeugenaussage - Howard Gilbert zu später Stunde floh. Da Gilbert kein schlüssiges Alibi vorzuweisen hat und sowieso als eifersüchtig auf seine Frau galt, weil sie als Mannequin arbeitete, wird er zum Tode verurteilt.
Plötzlich jedoch meldet sich Wilfried Sterling, der Vater der Ermordeten, bei dem Schriftsteller und Hobbydetektiv Paul Temple und setzt ihn auf den Fall Gilbert an. Er glaubt nicht, dass Gilbert seine Tochter ermordet hat. Bis zur Hinrichtung bleiben noch knapp zwei Wochen - zwei Wochen, in denen Paul Temple und seine Frau Steve Gilberts Unschuld beweisen und den Fall aufklären müssen. Der wird indes immer mysteriöser: Brenda Sterling fehlte, als man sie tot auffand, der linke Schuh. Wohin er verschwunden ist, weiß niemand. Als Paul Temple im Zuge seiner Nachforschungen das Gespräch mit einer Arbeitskollegin von Brenda Sterling sucht, spitzt sich die Situation zu: Die junge Frau wird leblos in ihrer Wohnung aufgefunden, und ihr fehlt - der linke Schuh
"Der Fall Gilbert" ist die sechste Hörspiel-Adaption der Kriminalfälle von Francis Durbridge. Er ist einer der spannendsten Fälle der Serie um den smarten Ermittler Paul Temple, wenn nicht sogar der spannendste. Die WDR-Produktion aus dem Jahr 1957, neu aufgelegt bei Der Hörverlag im Februar 2006, weiß glänzend und mit hoher Spannung zu unterhalten. Wie bei allen Paul-Temple-Hörspielen liegt der Erfolg in mehreren Punkten begründet:
Zunächst sind die Sprecher ganz ausgezeichnet. Man hört, dass man es mit Theaterschauspielern zu tun hat, die ausdrucksvoll und professionell zu intonieren wissen. In der Rolle des Gentleman-Ermittlers Paul Temple glänzt wie gewohnt René Deltgen, in der Rolle seiner Frau Steve ist Annemarie Cordes die amüsanteste und beste Sprecherin, die diese Rolle im Verlauf der Reihe gespielt hat. Auch die Geräuschkulisse ist stets passend und wirkt sehr lebendig.
Weiteres Erfolgsgeheimnis der Kriminalhörspiele sind die zahlreichen Running Gags und Rituale, die in jedem Teil auftauchen: Da ist natürlich wie stets Charlie, der Butler der Temples, der sich immer wieder zu einem saloppen "Okay" hinreißen lässt, da ist Paul Temples bekannter Ausruf "Bei Morpheus!", da sind die "Vorahnungen" von Steve, die auch hier ihren Mann mit dem Kauf von teuren Hüten und Kleidern in den Wahnsinn treibt. Auch anderes bleibt wie gewohnt - ständig geht Besuch bei den Temples ein und aus, ständig werden Drinks genommen, ständig wird mit dem Auto durch die Gegend gefahren - es gehört einfach dazu.
Sowohl charmant als auch amüsant ist der Hauch von Oberschicht und britischem Flair, der der gesamten Geschichte anhaftet. Die Temples sind stilvoll, witzig und eloquent (und wohlhabend), sie necken sich pausenlos gegenseitig, bleiben selbst im Angesicht von Leichen oder bei Anschlägen auf ihr eigenes Leben gelassen, empfangen den Polizeichef von Scotland Yard zu einem Drink in ihrem Wohnzimmer oder besuchen undercover halbseidende Tanzlokale. Aus heutiger Sicht amüsant ist auch das altmodische Frauenbild in den Hörspielen, etwa wenn Steve und Paul sich über eine Frau in flachen Schuhen amüsieren, weil dies als unweiblich gilt. All dies vermengt sich zu einer höchst reizvollen Krimi-Mischung mit rasantem Tempo und teils markerschütternden Musikeinspielungen, so dass es kein Wunder ist, dass die Paul-Temple-Fälle heute noch absoluter Kult sind und eine große Schar von Anhängern haben.