Mit seinem Roman "Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär" gelang dem deutschen Autor Walter Moers 2002 ein Erfolg, der auch heute noch seine Wellen in Form weiterer Romane über den Kontinent Zamonien nach sich zieht. Auch als Hörbuch, stimmgewaltig interpretiert von Comedian Dirk Bach, verkaufte sich die Geschichte über den nicht immer ganz ehrlichen Blaubären zahlreich, und das, obwohl der Verkaufspreis mit 99 Euro nicht gerade billig war. Nun erschien die ungekürzte Lesung im Mai 2006 als preisgünstige Sonderausgabe.

"Ein Blaubär hat siebenundzwanzig Leben. 13 ½ davon werde ich in diesem Buch preisgeben, über die anderen werde ich schweigen. Ein Bär muss seine dunklen Seiten haben, das macht ihn attraktiv und mysteriös."

So beginnt Blaubär zu erzählen. Und er erzählt viel - angefangen bei seiner ersten bewussten Wahrnehmung, als er in einer Walnussschale auf dem Meer dümpelte, von Tratschwellen das Sprechen gelernt hat und schließlich von den Zwergpiraten aus dem Wasser gefischt und aufgezogen wurde, bis er zu groß für deren winziges Schiff wurde. Weiter geht es, flüchtend über die Meere, faulenzend auf einer tödlichen Feinschmeckerinsel, gemeinsam mit einem Rettungssaurier hoch oben in den Lüften. Schließlich verschlägt es Blaubär in die Finsterberge, wo er Schüler von Prof. Dr. Abdul Nachtigallers Nachtschule wird und von seinem mit sieben Gehirnen ausgestatteten Lehrmeister alles lernt, was man nur lernen kann. Durch ein Dimensionsloch geht es schließlich in die Süße Wüste, in der eine Stadt voller Fantome auf den Bären wartet, bevor es ihn in eine weitere Stadt verschlägt, die im Zentrum eines gewaltigen Tornados liegt. Schließlich - nach einer beschwerlichen Reise durch einen Riesenkopf - gelangt Blaubär nach Atlantis, der Hauptsstadt Zamoniens, wo er zu großem Ruhm gelangt, weil er sich als Meister im Spinnen von Lügengeschichten erweist und dort Wettkämpfe und Meisterschaften in dieser Disziplin ausgetragen werden ...

"Ensel und Krete", "Rumo & Die Wunder im Dunkeln" und "Die Stadt der Träumenden Bücher" - all diese in Zamonien spielende Bestseller von Walter Moers gründen ihren Erfolg auf dem Roman "Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär". Walter Moers, der unter anderem auch durch "Das kleine Arschloch" bekannt geworden ist, berichtet in seiner Erzählung über das halbe Leben des berühmtesten Blaubären der Literatur, der später als Lügengeschichten erzählender Großvater einen festen Platz in der Kinderfernsehserie "Die Sendung mit der Maus" fand. Mehr noch: Walter Moers erzählt keineswegs lediglich über den Blaubären, er lässt ihn selbst zu Wort kommen. So werden die ersten 13 ½ Leben von Blaubär selbst aus der ersten Person berichtet - zu entscheiden, welche Abenteuer wahr und welche erfunden sind, bleibt dem Leser (oder in vorliegendem Fall Hörer) selbst überlassen.
Walter Moers sprudelt nur so über vor kreativen und vor allem humorvollen Ideen, die alle ihren Weg in die "13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär" gefunden haben. Doch diese vielen überschwänglichen Ideen haben zwei Seiten: Zum einen sorgen sie zwar für reichlich Abwechslung und Spannung, zum anderen haben sie jedoch den Nachteil, dass sie stellenweise viel zu ausschweifend beschrieben werden und der Geschichte dadurch leider einige Längen verleihen. Was ebenfalls seitens des Lesers beziehungsweise Hörers vermisst wird, das ist ein konkretes Ziel, auf das man hinfiebern könnte. Stattdessen hangelt sich die Erzählung von einer Station zur nächsten, ohne dass man einen roten Faden erkennen kann.
Gelesen - oder besser: gespielt - wird "Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär" von Dirk Bach, der als begeisterter Moers-Fan die perfekte Wahl zu sein scheint. Seine Interpretation des vorliegenden Textes bestätigt diese Vermutung: Mit vollem Eifer und viel Elan trägt Comedian Dirk Bach Walter Moers’ Geschichte vor, lässt Fantasien akustische Wirklichkeit werden und versetzt den Hörer direkt auf den bizarren Kontinent Zamonien, auf dem Nichts - aber auch wirklich Nichts - unmöglich zu sein scheint. Auch versteht Bach es wundervoll, den Walter Moers eigenen Humor akustisch umzusetzen und das gute 1100 Minuten lange Hörbuch so zu einem spaßigen Vergnügen zu machen.

Fazit:
Zwar wirkt "Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär" an einzelnen Stellen zu ausschweifend und ein wenig langatmig und auch das Fehlen eines bestimmten Zieles stört, doch Dirk Bachs überragende Sprecherleistung gleicht dies spielend aus. Wem der spezielle Humor Walter Moers’ gefällt, der wird mit diesem Hörbuch sicherlich nichts falsch machen. Schade ist allerdings, dass der vorliegenden Sonderausgabe das "Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene Zamoniens und Umgebung" nicht mehr in Booklet-Form beigelegt ist.

Hinweis:
Im November 2006 erscheint Walter Moers’ fünfter "Zamonien"-Roman unter dem Titel "Der Schrecksenmeister" als gebundenes Buch bei Piper. Wie schon bei "Ensel und Krete" und "Die Stadt der Träumenden Bücher" wird es sich dabei erneut um eine von Walter Moers ins Deutsche übersetzte Erzählung aus der Feder des zamonischen Schriftstellers Hildegunst von Mythenmetz handeln.