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Artemis Fowl wird noch immer oft in einem Zug mit Harry Potter genannt, zu Unrecht. Außer der Altersklasse und der Tatsache, Protagonisten von Mehrteilern zu sein, haben die beiden wenig bis nichts gemeinsam.
Eoin Colfer hat mit Artemis Fowl eine Person geschaffen, von der man lang nicht einmal weiß, ob man sie mögen oder verabscheuen soll. Der Junge, ein brillanter Kopf und Meisterdieb, lebt nach dem Verschwinden seines geliebten Vaters mit der nunmehr depressiven Mutter, die den Tabletten mehr zugetan ist als ihrem Sohn, allein. So wächst in Artemis der Wunsch, sich selbst der Familientradition wegen schon hervorzutun und einen genialen Coup durchzuführen.
Er beschließt, den Elfen ihr Gold abzujagen, und tatsächlich luchst er einer Elfe mit List und Tücke das Buch der Elfen ab und entschlüsselt es. Nun muss er nur noch eine Elfe entführen und als Lösegeld das Elfengold verlangen. Natürlich bestens informiert und gewappnet, sich nicht von den Unterirdischen, wie sie hier genannt werden, aufs Kreuz legen zu lassen. Die Elfen hingegen sehen natürlich nicht ein, warum sie ihren Schatz aufgeben sollten. Die gefangen genommene Elfe Holly, eine Alraune, wollen sie hingegen auch nicht aufgeben, denn Holly ist eine von ihnen, und ganz nebenbei ist sie auch Mitglied der elfischen Elitepolizei.
Dieses Buch, das den Einstieg in eine mehrteilige Geschichte über Artemis Fowl darstellt, ist auf seine Art und Weise ein wirkliches Meisterwerk. Und wer könnte ein solches Meisterwerk besser lesen als Rufus Beck, der auch den Hörbüchern zu den Harry Potter-Bänden Leben einhauchte? Eine Lesung von Rufus Beck garantiert Lebendigkeit und eine Bandbreite verschiedener Stimmen, als habe man ein Hörspiel eingelegt.
Hinzu kommt, dass gerade Rufus Becks Art zu lesen hervorragend zu Eoin Colfers Art zu schreiben passt. Herr Beck versteht es einfach, den Hörer in die Geschichte eintauchen zu lassen, ihn mitzunehmen und dabei keinen Witz, den der Text bietet, auszulassen. Vielmehr unterstreichen gerade seine Betonungen und seine Stimmgewichtungen die Geschichte an sich und jeden einzelnen Charakter.
Artemis Fowl ist zwar die Hauptperson der Reihe, doch trotzdem drängen sich die anderen Charaktere nach vorn und gewinnen das Herz des Hörers.
Sei es nun die Alraune Holly Short, die als Mitglied der Elfenelitepolizei des Öfteren mit ihrem Vorgesetzten aneinanderrasselt, der deutlich konventioneller agiert als sie selbst, sei es der Zentaur, der sich in seiner Zentrale verschanzt und vor allem computergestützte Probleme lösen kann, oder sei es Butler, der schweigsame Begleiter von Artemis, der nicht einmal einen echten Namen zu haben scheint und trotzdem über Präsenz verfügt.
Eoin Colfer scheint nichts ernst zu nehmen und doch gibt er gerade dem Volk der Unterirdischen sehr viel Stil. Hier fressen sich Zwerge mit ausklappbaren Kiefern durch Erde und Gestein und lassen beides nach Öffnung ihrer Poklappe später wieder als Dung aus, sind die Elfen hochtechnisiert und immer ein wenig im Clinch mit den absolut hirnlosen Goblins, gibt es alkoholisierte und desillusionierte Elfen und aufstrebende IT-Freaks, die ihren wortreichen Erklärungen immer ein Wiehern beimengen.
Wer klassische Fantasy mag und hoch in Ehren hält, dem wird Artemis Fowl sicherlich nicht sonderlich gefallen. Wer nach einem Geschenk für ein Kind sucht, sollte auch besser die Finger von diesen Bänden lassen, da sie sehr komplex sind und sich sowohl Gesamthandlung als auch Humor eher an Erwachsene richten.
Wer aber schon lange auf kreativen Umgang mit dem Fantasy-Genre moderner Zeit gewartet hat oder diesen bevorzugt und von vielen Begriffen aus dem technischen Bereich nicht abgeschreckt ist, sondern eher angezogen wird, der wird an dieser Reihe, besonders als von Herrn Beck gelesenes Hörbuch auf drei CDs, seine wahre Freude haben.