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 Die Terminal-Trilogie, Band 2: Die Insel

Serie: Die Terminal-Trilogie, Band 2
Autoren: Julia Conrad
Verlag: Brendow

Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Als Michelle aus einem bizarren Traum aufwacht, findet sie sich in einem Krankenhausbett liegend wieder. Sie kuriert gerade eine Lungenentzündung aus und erinnert sich zunächst nur düster an das, was vorher geschehen ist: der versuchte Selbstmord und der darauf folgende Aufenthalt in einem Zwischenreich zwischen Tod und Leben, der Terminal genannt wird. Bei Michelle liegt ihre Freundin Maike im Zimmer, die mit ihr zusammen in den Tod gesprungen ist. Bei der ersten Arztvisite erzählt ihr der behandelnde Arzt von ihrer Rettung und ihrer Einweisung in die Psychiatrie.
Während der Zeit der Genesung suchen Michelle seltsame Stimmen und Visionen heim: gelbe Gestalten, die engelsgleich aussehen, aber offensichtlich böse sind, ein beständiges Murmeln, das tief aus dem Keller zu kommen scheint, und zahlreiche weitere Träume, die nach und nach das Mädchen an das erinnern, was sie zwischen ihrem missglückten Selbstmordversuch und dem Aufwachen erlebt hat. Dies wurde überwiegend im ersten Band der Trilogie geschildert ("Stadt jenseits des Todes"). Dass sich in dem Krankenhaus merkwürdige Dinge abspielen, liegt nicht nur daran, dass Michelle sich wieder erinnert, sondern dass das Haus zugleich ein Ort des Bösen ist. Bald findet das Mädchen zusammen mit ihrer Freundin Maike heraus, dass der Priester, ein Bruder Gregori, nicht nur ein fanatischer Prediger ist, sondern düstere Experimente mit Patienten anstellt, um sie willenlos zu machen und an sich zu binden. Bei der Erforschung der Pläne des arroganten Priesters begegnen sie auch einem längst vertrauten Feind, Uob, der aus der jenseitigen Welt gekommen ist und sich in der Menschenwelt eingenistet hat. Michelle glaubt sogar, den Ort zu kennen, an dem er sich aufhält: eine zugemauerte Krypta direkt unter der Psychiatrie.
Glücklicherweise finden die beiden Mädchen nicht nur alte Freunde wieder, sondern gewinnen auch neue, unter anderem einen ehemaligen Arzt aus dem Krankenhaus, der die Welt im Jenseits kennt und weiß, wie man den Uob besiegen kann. Erst wenn neun Menschen, die das Terminal bereits betreten haben, zusammen kommen, so berichtet der Arzt, kann das Schwert gegen Uob geführt werden. Während die beiden Mädchen zunehmend von ihren Feinden umzingelt werden, versuchen sie, die anderen sieben Menschen ausfindig zu machen.

Die Geschichte beginnt bildgewaltig und mit nuancierter Sprache. Was aber zunächst so einnehmend wirkt, verflüchtigt sich leider schnell zu einer ganzen Reihe von Problemen. Zum einen ist der Stil schwankend, und die stellenweise sehr üppige Sprachkraft verschwindet in lapidaren Beschreibungen. Zum anderen aber lesen sich andere, sprachlich sehr schöne Stellen wie aufgesogen von der poetischen Wortverliebtheit und hätten besser für sich gestanden als in einer über dreihundert Seiten fortlaufenden Geschichte. Keinesfalls wünsche ich mir hier, dass die Autorin ihren Stil nach unten glättet, aber einen geschickteren und funktionaleren Einsatz der Sprache in einem Roman, der ja auch spannend sein soll.
Ist der Roman denn spannend? Zu wenig; der mythische Hintergrund ist vollgepackt, teilweise wirr, und erhellt sich erst ab der Mitte des Buches, indem dieses Vielzuviel weggelassen wird. Doch natürlich warte ich als Leser darauf, dass begonnene Szenen rund gemacht, zu einem Abschluss gebracht werden, und genau das leistet der Roman nicht. Dann gibt es viel zu viele ähnliche Szenen, die sich aneinander reihen und ohne Handlung, ohne große Bewegung und das heißt natürlich auch ohne spannende Konflikte die Geschichte vorwärts zu treiben versuchen. Man könnte an dieser Stelle vermuten, dass es Julia Conrad mehr um die Charaktere geht, dass sie uns ein reiches Innenleben psychologisch feinsinnig nahe bringen will. Doch auch hier findet sich nichts Überzeugendes. Angenehm ist, dass die Hauptfiguren recht einheitlich sind und sich nicht in peinlichen Persönlichkeitswechseln ergehen, wie dies in der modernen deutschen Thrillerliteratur schick zu sein scheint. Dies ist ein klarer Vorteil des Buches und verweist auf die beachtenswerte Imaginationskraft und den Gestaltungswillen der Autorin. In diesem Roman stattet sie die Charaktere aber nicht wirklich mit Tiefe aus.
Außerdem muss man dreimal zu oft moralische Bekenntnisse lesen, z.B. dass es schlecht und ungesund ist, zu viel Alkohol zu trinken. Erstens weiß man so etwas, zweitens haben solche moralisierenden Stellen immer das Problem, dass sich der Erzähler zu sehr in den Vordergrund schiebt und dadurch die Figuren verschwinden. Damit verliert aber auch die Geschichte an Substanz.
Dies ist der zweite Teil der Terminal-Trilogie von Julia Conrad. Er bietet von seinem Aufbau her eine abgeschlossene Geschichte - zumindest fast: Rückblicke und Vorausdeutungen sind zwar da, bestimmte Rätsel bleiben unabgeschlossen, aber man fühlt sich am Ende des Buches nicht mitten aus einer Handlung herausgerissen.

Vielleicht darf man an dieser Stelle einen Ausblick auf zukünftige Romane von Julia Conrad wagen: Die qualitativ oft deutlich aus der Masse herausragende Sprache lässt auf große Romane hoffen. In diesem hier fehlt zu sehr das Bewusstsein für eine spannende Geschichte, für handlungsorientierte und abwechslungsreiche Szenen, für tiefe und reichhaltige Charaktere. Das ist insgesamt leider zu enttäuschend, um gut bewertet zu werden.

Frederik Weitz



Taschenbuch | Erschienen: 01. August 2006 | ISBN: 9783865061362 | Preis: 12,90 Euro | 317 Seiten | Sprache: Deutsch

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