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Im Juni 2006 erschien beim Loewe-Verlag Kai Meyers Roman "Seide und Schwert", der den Auftakt zur bereits dritten Jugendbuchtrilogie aus der Feder des deutschen Autors bildet. Fans und Kritiker waren und sind gleichermaßen begeistert von Meyers jüngstem Wurf im Bereich Jugendliteratur, und die Ankündigung, das Buch werde - wie schon die "Wellenläufer"-Trilogie - erneut von Andreas Fröhlich als Hörbuch eingesprochen, sorgte bereits im Vorfeld für Begeisterung. Im August 2006 erschien nun die leicht gekürzte Lesung - und sie hält, was sie verspricht.
Seit nunmehr 250 Jahren lebt das Volk, dem auch der junge Niccolo angehört, auf einer großen Wolke. Dank des Großen Leonardos, der zu seinen Lebzeiten Geräte erfunden hat, die den geheimnisvollen Aether in die Wolke pumpen und sie damit festigen, gibt es auf dem Wolkengebirge Höfe, Tiere und Felder. Doch Niccolo kommt die Wolkeninsel, auf der das Lesen strengstens untersagt ist, vor wie ein Gefängnis. Auch Niccolos Vater hatte diesen Eindruck, doch ihm konnte keiner das Lesen verbieten, weswegen er als Verstoßener am Rand der Wolke lebte. Doch Niccolo konnte viel von seinem Vater lernen, bevor dieser von einem Windstoß über den Rand der Wolke getrieben wurde und in die Tiefe stürzte.
Nun sackt die Wolkeninsel beständig ab. Wie Niccolo erfährt, können die Aetherpumpen keinen festigenden Drachenatem - denn nichts anderes ist der Aether - mehr aus dem Himmel saugen; wenn nicht schleunigst etwas unternommen wird, verliert die Insel ihre Festigkeit und ihre Bewohner werden unweigerlich in die Tiefe stürzen!
Mit einem nicht sonderlich vertrauenswürdig aussehenden Fluggerät macht sich Niccolo, der als einziger der Sprache jenes Landes, über dem die Insel gerade schwebt, mächtig ist - nämlich chinesisch -, auf den Weg zum Erdboden, um dort einige Drachen zu finden und genug Atem zu sammeln, um die Wolkeninsel wieder zu festigen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Drachen sind verschwunden. Auch das Mädchen Nugua, das unter ihnen aufgewachsen ist, ist auf der Suche nach ihren Verwandten - denn in ihren Augen ist auch sie selbst ein Drache - und schließt sich deshalb Niccolo an. Und dann ist da noch der tölpelhafte Feiqing, der jämmerlich in seinem Drachenkostüm feststeckt, der aber auch behauptet, Niccolo und Nugua zu den alten Drachen führen zu können
Wieder einmal beweist Kai Meyer sein Geschick im fantastischen Jugendbuchbereich, wieder einmal greift der Autor ein Thema auf, das seine Jugend selbst sehr geprägt hat. Nach der Verarbeitung des Piraten-Stoffes in der "Wellenläufer"-Trilogie entführt Kai Meyer seinen Leser nun ins altertümliche China des 18. Jahrhunderts und verbindet historische Realitäten geschickt mit den Sagen, Mythen und Legenden dieses Landes, das so groß ist wie seine Kultur alt. So entsteht nach und nach ein Plot, der den Leser - beziehungsweise Hörer - nahezu von Beginn der Geschichte an in seinen Bann zu ziehen weiß und der, je weiter Kai Meyer fortschreitet, von Seite zu Seite mitreißender und fesselnder wird. Erneut führt der Autor ein Sammelsurium liebenswerter und plastischer Charaktere ein, deren Entscheidungen und Beweggründe teilweise von menschlichen Schwächen angetrieben werden, wodurch die Figuren jedoch noch glaubhafter und tiefgründiger wirken. Jeder der Charaktere scheint ein Geheimnis zu hüten, manche wissen davon, behalten es jedoch für sich, andere hingegen kennen nicht einmal die Wahrheit über sich selbst. Dies in Zusammenhang mit einer spannenden, abenteuerlichen und abwechslungsreichen Queste, die in der sprachlichen Fertigkeit des Autors wohl kaum übertroffen werden kann, wird zu einem hervorragenden Auftakt zur neuen Trilogie des Autors.
Wie bereits erwähnt konnte man für die Hörbuchfassungen der "Wolkenvolk"-Trilogie erneut Andreas Sprecher verpflichten, dessen Popularität nochmals um einiges zugenommen hat, seit er nicht mehr nur den Bob Andrews in den "Drei ???" (respektive "Die Dr3i") spricht, sondern auch größere Lesungen mit ihm wie die zu den "Eragon"-Büchern oder der "Wellenläufer"-Trilogie erschienen sind. So ist es auch im vorliegenden Fall wieder eine große Freude, dem Sprecher lauschen zu dürfen, der seine Hörer gewohnt souverän und vor allem gekonnt durch Kai Meyers Erzählung führt. Geschickt variiert er mit seiner Stimme, verleiht den Charakteren durch verschiedene Farben und Tonhöhen individuelle Klangbilder, die die Figuren vor dem inneren Auge des Hörers lebendig werden lassen. Ruhig und besonnen, wie es zum Stil von "Seide und Schwert" passt, trägt Andreas Fröhlich die Geschichte vor und phrasiert dabei so melodisch und angenehm, dass man ihm wohl noch einige Zeit länger hätte zuhören können als die acht Stunden, die das Hörbuch immerhin ausfüllt.
Was ein wenig enttäuscht, jedoch keinesfalls das Hörvergnügen trübt, das sind die Hintergrundgeräusche dieser inszenierten Lesung. Verliehen bei der "Wellenläufer"-Trilogie noch Kanonengrollen und Meeresbrandung der Lesung Atmosphäre, wird bei "Seide und Schwert" lediglich auf gelegentliche Windgeräusche oder ähnlich unscheinbare Laute zu Beginn der einzelnen Kapitel zurückgegriffen.
Fazit:
Die Hörbuchfassung zu "Seide und Schwert" vereint zum mittlerweile vierten Male das Duo Kai Meyer und Andreas Fröhlich - und erneut kann diese Mischung auf voller Länger überzeugen. Andreas Fröhlich trägt Kai Meyers fantastische, spannende und einfühlsame Geschichte mit viel Ausdruck und großer Stimmenvielfalt vor und beschert dem Hörer so ein gelungenes Abenteuer.
Hinweis:
Der Hörverlag arbeitet derzeit zudem an einer Hörspielumsetzung von "Seide und Schwert". Das Hörspiel soll im Februar 2007 als Doppel-CD erscheinen. Auf die Lesungen von Andreas Fröhlich hat dies natürlich keine Auswirkungen.