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 Stella


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Im Jahre 1959 zieht der Psychiater Max Raphael mit seiner Frau Stella und ihrem gemeinsamen Sohn Charlie in ein Haus neben einer psychiatrischen Anstalt im Süden Londons. Stella, die Hauptperson des Romans, ist eine lebendige lebenslustige Frau, die recht früh den reservierten und fantasielosen forensischen Psychiater Max Raphael geheiratet hat. Durch die neue Stelle ihres Mannes als stellvertretender Direktor, muss die Familie ihr gewohntes London verlassen und nun auf dem Land neu wurzeln. Sehr schnell lebt Max sich ein und kümmert sich mit besonderer Hingabe dem verfallenen Garten, der zu ihrem Anwesen gehört. Um das alte viktorianische Gewächshaus wieder herzurichten, bedient er sich der Hilfe eines seiner Patienten, der Bildhauer ist. Es ist in der Klink ganz und gäbe die Patienten zu solchen Arbeiten anzuhalten, um ihnen ein Wiedereingliedern in den Arbeitsalltag zu ermöglichen. So begegnet auch seine Frau Stella dem Künstler Edgar Stark, der vor Jahren seiner Frau aus krankhafter Eifersucht den Kopf abgeschnitten hatte. Bald schon bemerkt sie die Anziehungskraft, die von dem Patienten ausgeht und sieht sich außer Stande dieser Verlockung zu widerstehen. Rasch wird aus den intensiven Zusammentreffen Ehebruch und im Rausche ihrer Leidenschaft wird die unbefriedigte Stella immer unvorsichtiger. Als Edgar es gelingt, aus der Klinik zu fliehen, reist sie ihm blind vor Liebe hinterher und schlägt jegliche Warnung in den Wind. Die Anzeichen seiner psychischen Störung übersieht sie geflissentlich und begibt sich somit bewusst in Gefahr, um ihre leidenschaftliche Beziehung zu Edgar nicht aufgeben zu müssen. Doch als sie gemeinsam mit ihm in London lebt, muss sie erfahren, dass die Warnungen berechtigt waren, da sich Edgar immer mehr in eine krankhafte Eifersucht hineinversetzt und keine Erklärungen seine Zweifel zu zerstreuen vermögen. Gefangen zwischen der Angst vor dem Künstler und ihrem wilden Verlangen nach ihm, beginnt Stella sich selbst zu verlieren.

Erzählt wird die Geschichte jedoch nicht von Stella, sondern von Peter Cleave, dem Psychiater, zu dessen Patienten Edgar Stark zählt. Aus seiner distanzierten Sichtweise, wird nach und nach das Beziehungsnetz und die Psychose beider Hauptfiguren aufgedeckt. Klar und schonungslos erfahren wir von dem ersten Aufflammen der Leidenschaft und schließlich von den leichtsinnigen letzten Treffen in der Klinik. Immer mehr wird bewusst, wie sehr Edgar seine Stella nur benutzt hat um aus der Klinik fliehen zu können. Und dennoch bekommt sie für ihn eine immer größere Wichtigkeit, da sich seine Psychose nun auf seine Liebschaft zu ihr zu konzentrieren beginnt. Beide Figuren sind letztlich Opfer ihrer obsessiven Leidenschaft und irrationalem körperlichen Verlangen, welches gerade bei Edgar immer mehr in Wahnsinn abdriftet. Stella flieht so durch ihre Leidenschaft aus einem trostlosen und ereignislosen Leben in eine unkontrollierbare lebensgefährliche Affäre.

Patrick McGarth macht aus der Affäre eines Patienten mit der Frau des Psychiaters eine rasante bedrückend wahre und packende Geschichte, in der er die schmale Kluft zwischen Leidenschaft und Wahnsinn, Liebe und Grausamkeit darstellt. Die geschliffene kristallklare Sprache lässt den Leser die Hauptfiguren wie durch eine Scheibe beobachten, die ohne die Möglichkeit einer eigenen Entscheidung, allein getrieben durch ihre Gefühle, im Strudel der heraneilenden Ereignisse versinken. Beängstigend und beklemmend wirkt diese kühle Distanz mit der gerade die wildeste Lust und der größte Wahnsinn beschrieben werden.

Auf alle Fälle ist gerade deswegen dieser Roman so packend und fesselnd. Es ist ein Stück großartige Literatur, die sich eines sehr alten und dennoch aktuellen Themas annimmt. Die subtile Darstellung des Wahnsinns und der Herausstellung der harmlosen Normalität des geistig Kranken beschäftigt den Leser und bringt ihn zum Nachdenken. Dieser Roman ist eine Mischung aus Gesellschaftsstudie und Erotik, eine scharfsinnige Abhandlung über den ganz normalen Wahnsinn. Packend zu lesen und auf alle Fälle zu empfehlen.

Daniela Hanisch



Taschenbuch | Erschienen: 1. März 1999 | ISBN: 3442722713 | Preis: 9,00 Euro | 316 Seiten

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