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Mozart, das Wunderkind, das mit drei Jahren erste Versuche am Klavier unternimmt, mit vier Jahren komponiert, als Sechsjähriger bereits Konzertreisen unternimmt: 250 Jahre nach seiner Geburt ist Mozart wahrlich kein Fremder für uns. Doch der Schein trügt zuweilen, viele Biografien zeichnen ein zu einseitiges Bild. Manche verbrämen Mozarts Leben in Pastellfarben, andere heben den egoistischen Vater hervor, der seine Kinder aus Profitgier vermarktet. Wie aber ging es wirklich zu bei den Mozarts in Salzburg und Wien?
Für den Vater Leopold Mozart, einen Musiker am eher provinziellen Hof des Salzburger Erzbischofs, bedeutete die Entdeckung, dass sein Sohn ein wahres Wunderkind war, zunächst ein Erschrecken vor der Verantwortung, die er zu tragen hatte. Er gab sich alle Mühe, den Sohn wie auch die durchaus begabte Tochter Nannerl gründlich auszubilden. Dennoch war ihm bewusst, dass einem Wunderkind nur eine kurze Zeitspanne zugemessen ist. Deshalb nahm er sie mit auf anstrengende Reisen (man denke nur an den "Komfort" der Kutschen und Unterkünfte jener Tage!) und gönnte ihnen auch bei Krankheit nur kürzestmögliche Auszeiten. Ein Höhepunkt war der Empfang bei der Wiener Kaiserfamilie. München, Mannheim, Paris, London und Den Haag gehörten zu den Stationen einer Europareise mit wechselndem Erfolg; manchmal überstiegen die Ausgaben die Einnahmen. Als das "Wunderkind" heranwuchs, reiste der Vater mit ihm durch Italien in der Hoffnung, dass der brillante Sohn, der sich mehr und mehr nicht nur auf der Geige und dem Klavier, sondern durch seine Kompositionen hervortat, an einem der dortigen Höfe eine feste Anstellung erhalten möge. Doch er hatte keinen Erfolg. Das Geld war knapp, in Italien wie in Österreich und anderen Ländern. Als der großzügige Erzbischof starb und ein sparsamer, strengerer Nachfolger die Erzdiözese Salzburg übernahm, kam es zu Spannungen. Mozart, durch seine Wunderkindvergangenheit stolz und auch überheblich geworden, vor allem jedoch in keiner Weise geschäftstüchtig, provozierte und beleidigte seinen Arbeitgeber und blieb in Wien, wo er jedoch, unter anderem wohl auch wegen seines schwierigen Charakters, keine Anstellung fand. Für seine Opern erhielt er nur wenig Entgelt, und da er gern wie ein Herr lebte, großzügig seine Freunde aushielt und eine Familie zu versorgen hatte, häufte er Schulden an. Mit den Schulden wuchsen die Sorgen und der Stress, die, zusammen mit den Folgen einer wiederkehrenden rheumatischen Erkrankung, wohl den von ihm vorausgeahnten frühen Tod mit 35 Jahren verursachten. Das Requiem, das er gerade als Auftragsarbeit schrieb, wurde so sein eigenes.
Dieses prächtig ausgestattete Buch schildert Mozarts Leben aus den unterschiedlichsten Perspektiven, sodass ein vielschichtiges Bild von Mozart entsteht: dem immer zu Späßen aufgelegten, Kind gebliebenen Komponisten des Kanons "Bona nox" stehen der auf seinen weniger schwierigen Konkurrenten Salieri und die "Italiener" ganz allgemein eifersüchtigen, durch seine frühen Erfolge allzu verwöhnte und selten zu Kompromissen bereite, "hoffärtige" Mozart und der von Todesahnungen heimgesuchte, kranke Komponist des "Requiems" und des "Don Giovanni" gegenüber. Mozart war in mancher Hinsicht unglaublich naiv und doch so sehr von seinem Genie überzeugt, dass er sich nicht zu verkaufen wusste.
Zu diesem differenzierten Bild Mozarts tragen Ausschnitte aus vielen Briefen des Künstlers bei sowie Eindrücke, die Familienmitglieder, Freunde, Gönner und andere Bekannte wiedergeben. Die Verbitterung des Vaters, der für die Karriere des erwachsenen und seinem Rat ständig entgegenhandelnden Sohnes Schulden anhäuft, und der Schwester, deren Karriere und privates Glück für ihn zurückstehen mussten, bleiben nicht unerwähnt. Im Buch wird sehr gut deutlich, wie es zu einigen sehr bedeutsamen Freundschaften kam, wie jener mit Haydn, und wie Mozart sich einflussreiche Feinde machte.
Zugleich erfährt der Leser auch, dass Mozart sozusagen in der falschen Epoche lebte, denn den Kaiser kostete der Kampf gegen die Türken viel Geld und Energie - wie sollte er sich da verstärkt der Kultur widmen? Es gärte auch in anderen Gegenden Europas, sodass zu dieser Zeit nicht viele leitende Anstellungen für Musiker zu vergeben waren. Die Autorin ordnet Mozarts Biografie vorzüglich in den historischen und kulturellen Kontext ein, daher werden seine Erfolge und sein Scheitern besser verständlich.
Das Buch zeichnet sich durch eine reiche Bebilderung aus. Faksimiles von Originalhandschriften und Erstausgaben, Bilder und Scherenschnitte von Mozart und den wichtigen Persönlichkeiten um ihn, Notenbeispiele wesentlicher Themen und vieles mehr bieten reichlich Anschauungsmaterial. Hinzu kommen viele Infokästen, die zum Beispiel Begriffe wie "Opera seria" und "Opera buffa" erklären. Am Ende des Buchs findet man ein umfangreiches Register. Was dem Leser möglicherweise fehlt, ist ein kurzer, tabellarischer Lebenslauf Mozarts.
Der Stil des Buchs ist unterhaltsam und unkompliziert und eignet sich für Erwachsene wie für Jugendliche. Es bietet die Möglichkeit, Mozart, sein Umfeld und seine Zeit auf kurzweilige und vielseitige Weise kennen zu lernen.