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 Gerüchte machen Geschichte

Folgenreiche Falschmeldungen im 20. Jahrhundert


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Preis - Leistungs - Verhältnis


Unzählige Irrtümer und Missverständnisse hat es im Laufe der Geschichte gegeben. Doch nichts hat sich resistenter erwiesen als Gerüchte. Und sollte man eigentlich meinen, dass in unserer aufgeklärten Zeit gerade diese nur sehr wenige Möglichkeiten zur Verbreitung finden, so ist das genaue Gegenteil der Fall. Die beiden Autoren und Historiker Lars-Broder Keil und Sven Felix Kellerhoff haben elf Beispiele aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts herausgegriffen, an denen sie die Auswirkungen von Gerüchten und Fehlinformationen demonstrieren wollen.

In einer ausführlichen Einleitung wird zuerst einmal der Begriff des Gerüchts definiert und analysiert. Dabei orientieren sich Keil und Kellerhoff allerdings sehr stark an den negativen Auswirkungen eines Gerüchts, die zwar gefühlsmäßig wohl die häufigeren sind, dies aber nicht nachgewiesen werden kann. Auch auf Methoden der Gerüchtebekämpfung wird im Rahmen dieser Einleitung intensiv eingegangen.

Auf den folgenden etwa 250 Seiten arbeiten sich Keil und Kellerhoff durch elf Beispiele, die in ihren Augen zeigen sollen, welche fatalen Wirkungen Gerüchte entwickeln können. So werden unter dem Titel "Lütticher Greuel" deutsche Kriegsverbrechen während des Ersten Weltkriegs im Belgien des Jahres 1914 untersucht, das "Rückzugsgebiet Alpenfestung" aus dem Jahr 1945 analysiert sowie das Thema "Isolationsfolter und Vernichtungshaft" zur Zeit der Inhaftierung der RAF-Anführer 1972 bis 1977 behandelt. Der behandelte Zeitraum der elf Beispiele spannt sich von 1914 bis 1999 und umfasst eine weites Feld an Themen, die zu ihrer Zeit für große Aufregung und ein gehöriges Maß an Fehlinformation gesorgt haben.

Man muss Keil und Kellerhoff zugute halten, dass sie klar und verständlich schreiben. Die einzelnen Beiträge sind gut aufgebaut und lassen sich flüssig lesen. Verständnisprobleme treten nicht auf, die beiden Autoren verstehen es, den Inhalt nachvollziehbar darzustellen. Ein paar Schwächen weist das Buch allerdings auf: So wird im Rahmen der Einleitung leider nicht darauf eingegangen, nach welchen Kriterien die einzelnen Beiträge ausgewählt wurden. Ebenso vermisst man am Ende des Buches ein Abschlusskapitel, welches die einzelnen Ergebnisse aus den elf Beiträgen zusammenfasst und so etwas wie eine Gesamtdarstellung gibt, was ebenfalls Rückschlüsse auf die Auswahl der Beispiele zugelassen und dem Buch den Eindruck eines Gesamtwerks gegeben hätte. So handelt es sich bei "Gerüchte machen Geschichte" leider nur um eine Sammlung verschiedener Beiträge, denen das verbindende Element fehlt.

"Gerüchte machen Geschichte" ist eine lesenswerte Sammlung über die Auswirkungen von Gerüchten im Rahmen des 20. Jahrhunderts. Die Auswahl der Beispiele ist breit gefächert, die Texte sind klar und verständlich geschrieben. Leider lässt das Buch den Eindruck der Geschlossenheit vermissen, wie es bei einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema eigentlich der Fall sein sollte. Geschichtsinteressierte mag dies weniger betreffen, für Historiker, die das Buch als Nachschlagewerk für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema heranziehen wollen, kann es jedoch nur unter Vorbehalt empfohlen werden.

Markus Goedecke



Taschenbuch | Erschienen: 01. März 2006 | ISBN: 3861533863 | Preis: 16,90 Euro | 260 Seiten | Sprache: Deutsch

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