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Die Idee, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen, ist nicht neu. Doch der Grund, weshalb Hiob Montag mit NuNdUuN, dem Herren über Wiedenfließ, der Hölle, einen Bund eingeht, ist zumindest kreativ zu nennen. Er hofft, NuNdUuN in einem Spiel zu besiegen und dadurch die Welt zu einem besseren und hoffnungsvolleren Ort zu machen. Zu diesem Zweck stellt ihn der Herr über das Wiedenfließ vor verschiedene Herausforderungen, sogenannte Prognostica, die er bewältigen muss. Für jede erfüllt Aufgabe bekommt Hiob Montag einen Punkt gutgeschrieben. 78 Punkte sind für ihn nötig, um der neue Herr über Wiedenfließ zu werden, doch sein Weg durch dieses Spiel ist ein Weg durch die Hölle selbst.
Hiob Montag, der von einem Magier abstammt und selbst ein Magier ist, hat lange Zeit gelernt, bis er soweit gewesen ist, sich der Aufgabe zu stellen, das große Spiel zu spielen. Die verschiedenen Aufgaben, die NuNdUuN ihm stellt, führen den notorisch abgebrannten Maler quer durch die Welt. Da er weiß, dass der Fürst der Hölle ihm sämtliche Fallstricke in den Weg legt, die er erdenken kann, nutzt auch Hiob jede Gelegenheit, seine Aufgaben so gut es geht zu erfüllen. Auf seinem Weg durch ein kolumbianisches Irrenhaus, das als Folterkammer missbraucht wird, ein Hochsicherheitsgefängnis, von dem ein wahnsinniger Dämon ins Stromnetz gelangt, einem in vergangener Zeit zurückliegenden Massenmord und dem vampirverseuchten Berlin, lässt er einen Großteil seiner Menschlichkeit zurück.
Dem Spieler Montag ist jedes Mittel recht, einen Sieg zu erringen. Aus diesem Grund schreckt er vor keinem Mord und keiner Grausamkeit zurück, um den Widerwärtigkeiten, auf die er gehetzt wird, das Handwerk zu legen. Da sein Gegenspieler gewitzter und mächtiger ist als er, muss er nach jedem Mittel greifen, das ihm eine Hilfe sein kann. Sein Fahrtgeld stiehlt er satanischen Sekten oder lässt sich per Anhalter mitnehmen. Als Kraftfokus missbraucht er junge Frauen, um sie später wegen ihrer eigenen Unzulänglichkeit zu töten. Und die sich selbst erschaffende Vampirgruppe erliegt den kranken Mordfantasien Hiobs, dessen Gewissen schon seit einiger Zeit auf minimalem Pegel ist.
Der Zyklus "Hiobs Spiel" ist auf eine Zeit von fünfzig Jahren angelegt. In dieser Zeit soll schriftstellerisch alles erlaubt sein. Wer dieses Buch in die Hände nimmt, merkt schnell, dass dies auch wirklich der Fall ist. Im Zenit dieses unausgewogenen Spiels um die Rettung der Welt gibt es keine Grausamkeit, keine Perversion, die nicht erwähnt, erzählt oder in allen Einzelheiten geschildert wird. Hiobs Weg zum Sieg ist mit Leichen und Abscheulichkeiten gepflastert, die er nicht verhindern, aber deren Verursacher er beseitigen muss. Wer einen schwachen Magen hat, wird dieses Buch recht oft aus der Hand legen. Dennoch kommt man nicht umhin, es wieder zu ergreifen und weiter zu blättern, denn die Gewalt ist lediglich ein Stilmittel, der Boden, auf dem die geschickt gewebte und virtuos erzählte Geschichte ausgesät wird.
Auch die gedruckte Darstellung des Erzählten fügt sich gemeinsam mit dem Inhalt des Romans zu einem Gesamtkunstwerk. Teilweise sind Textstellen durchgestrichen, einige Inhalte quer gedruckt, der Rand der Schrift gewellt oder einzelne Worte rieseln wie dürres Laub Buchstabe für Buchstabe auf den Boden der Seite. Diese typographischen Spielereien fügen sich perfekt in die Erzählung mit ein, ohne sie wäre dieser Roman nur halb so gut.
Der erste Band "Frauenmörder" ist ein wahnsinniger, unglaublich genialer Auftakt eines größenwahnsinnigen Projektes. Die stets präsente Gewalt, die jedoch nie zum Selbstzweck wird, stellt die Grausamkeit und Unbarmherzigkeit des Spiels, auf das sich Hiob eingelassen hat, bildhaft dar. Dennoch sollte man eine gewisse Reife besitzen, wenn man dieses Buch liest, weswegen man es guten Gewissens erst Erwachsenen empfehlen kann. Eine besonderer Reiz ist die Tatsache, dass die Hauptfigur der Erzählung ein Deutscher ist und ein Großteil der Handlung in Berlin spielt, da dem Leser dadurch viele Schauplätze bekannt sind.
Trotz der Gewaltdarstellungen besitzt der Roman jedoch auch ein gutes Stück an humorvoller Unterhaltung. Gerade, als die selbsternannte Vampirtruppe als Vorbild für ihre dunklen Pläne ein bekanntes Erzählspiel hernimmt. Vor allen Dingen für Rollenspieler wirkt der erste Teil manchmal wie ein extremer Mix aus "Vampire", "Magus" und "Dämonen". Allerdings ist er härter, brutaler und verdammt realistischer als alles andere, was man kennt.
Tobias O. Meißner hat ein gewaltiges Werk in Angriff genommen. Wer ihm dabei Größenwahnsinn unterstellt, hat vielleicht Recht. Doch sein erster Band "Frauenmörder" besitzt so viel Potential, so viel Genialität, so viel Neues und Erfrischendes, dass ihm zu wünschen ist, dass er sein Vorhaben vollbringen kann. Es gibt wenig Werke, die neu und brillant sind. "Frauenmörder" jedoch ist ein solches Buch.