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Das Shadowrun-Regelwerk ist mit dem Erscheinen der Version 4.01D in die vierte Runde gegangen.
Insgesamt wurden zahlreiche Aspekte des Spiels geändert: der Umgang mit Würfelproben, die Verbindung zur Matrix, die Charakterisierung der Runner (siehe die Rezension des Grundregelwerks von Tanja Elskamp).
Die Entscheidung, die Cyberpunk-Aspekte stärker zu betonen, schlägt sich auch in dem Regelbuch über Straßenmagie nieder. Die Magie ist "nur" noch eine Fähigkeit unter anderen. Damit wird der Fantasy-Charakter der Version 3.01D wohltuend beschnitten. Neu ist auch, dass zahlreiche magische Elemente umbenannt werden. So wird die Schamanentradition jetzt durch die Gabe "Schutzpatron" ersetzt. Dies hat zunächst wenig Auswirkung auf das alte Konzept des Schamanen. Insgesamt macht es aber die Spielbarkeit verschiedener schamanistischer Wege leichter. Zudem gibt es mehr und ungewöhnlichere Schutzpatrone als in der dritten Version. Auch die KI-Adepten werden in der vierten Version anders geführt. Für diese hält das Regelwerk so genannte "Wege" bereit, einmal den "Weg des Athleten", für diejenigen, die ihre körperlichen Leistungen vollenden wollen, den "Weg des Kriegers" für diejenigen, die ihre magischen Fähigkeiten für den Kampf einsetzen wollen, oder den "unsichtbaren Weg", für all diejenigen, die sich möglichst heimlich in den Schatten bewegen wollen. Zunächst gibt es also keine streng festgelegten Kategorien mehr, was verwirrend erscheint, doch auch hier bekommt das Spiel eine größere Flexibilität.
Der Umgang mit Geistern im Spiel wird ebenso erleichtert. Auch hier enthält die neue Konzeption individueller gestaltbare Regeln. Ahnengeister, Zombies und Große Geister werden durch einheitliche Regeln erfasst. Zombies sind jetzt "nur" eine Variante von "Geistergefäßen", also Gegenständen, in denen Geister gebunden werden. Bei Zombies sind diese Geistergefäße natürlich kürzlich verstorbene Metamenschen. In der Handhabung der Spielregeln unterscheiden sich aber Zombies nicht von Besessenen - lebenden Wesen als Geistergefäßen - oder Homunkuli - mechanischen Geräten als Geistergefäßen.
Es gibt zahlreiche andere gut durchdachte Veränderungen in der Magie, die alle auf eine größere Flexibilität beim Entwerfen von magischen Phänomenen und eine größere Strenge im Spiel selbst zielen. Dies ist insgesamt für den Umgang mit der Magie von großem Vorteil.
Was ich schon immer beeindruckend an Shadowrun gefunden habe, ist die große Bandbreite an Charakteren, die sich in den (Regel-)Büchern finden lassen. Auch in diesem Werk werden zahlreiche "Stimmen" von der Straße zitiert und machen so das Lesen des Regelwerks zu einem anregenden Vergnügen. Man bekommt hier sofort hundert Ideen für neue Abenteuer. Diese Art, ein Regelwerk zu schreiben, illustriert nicht nur, wie man die Regeln umsetzen sollte, sondern macht sie direkt lebendig. Insofern ist - fernab von den positiven Veränderungen der Regeln - der Schreibstil von "Straßenmagie" pures Vergnügen. Den Übersetzern, die dies ins Deutsche übertragen haben, gebührt hier ein dickes Lob.
Die Illustrationen sind optisch klar, aber inhaltlich meist langweilig. Allzu oft verlassen sie sich auf einen dramatischen Effekt, dem Erscheinen einer großartigen Magie (als ob jeder Spruch gleichzeitig ein solches Feuerwerk verbreiten müsste, wie es die Bilder nahe legen), können aber nur sehr wenig dazu beitragen, wie man die Magie in eine Geschichte umsetzen kann.
Dem klaren Regelwerk entspricht ein klares, übersichtliches Inhaltsverzeichnis. Das Layout ist jedoch durch zu viele Einschübe und Kästchen (die oft in schwarz mit weißer Schrift gehalten sind und dadurch optisch erdrückend wirken) unruhig und lenkt ab.
Das Glossar ist dürftig und eine Regel, nach der es erstellt wurde, nicht zu erkennen.
Insgesamt muss man die Umgestaltung der Regeln sehr begrüßen. Zwar werden alte Regeln über den Haufen geschmissen und teilweise vollkommen anders eingesetzt als in der dritten Version, doch überzeugen einen die Veränderungen eigentlich sofort. Die Sprache ist so unterhaltsam wie niveauvoll eingesetzt, die Erläuterungen sind präzise und die Beispiele vergnüglich. Das Drumherum des Buches, der Grafiken, des Glossars und des weiteren ist allerdings nur mittelprächtig.