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"Genesis" ist die neueste Trilogie aus dem Hause Hohlbein, die mit "Eis" ihren Anfang nimmt. Das Buch dreht sich um Ben, der kurz vor seinem achtzehnten Geburtstag steht und seine Eltern auf einer Kreuzfahrt von Kapstadt nach Australien begleitet. Der Weg führt auch an der Antarktis-Küste vorbei. Ben langweilt sich, zudem hat er Albträume, in denen das moderne Kreuzfahrtschiff in der Antarktis gestrandet und er auf der Flucht vor Eismonstern ist, die die Besatzung und die Passagiere des Schiffs massakriert haben. Zudem fühlt er sich zu der schönen Sasha hingezogen, der autistischen Tochter des Kapitäns Schulz, der aber nur selten Ausgang aus ihrer Kabine gewährt wird. Und er sieht Spinnen, wo keine sind.
Mit an Bord ist auch eine Söldnertruppe unter Leitung des Rüpels Harry, die eine seltsame Waffe zu einer Wetterstation in der Antarktis bringen und dort bleiben soll. Eigentlich sollte keiner wissen, dass die Söldner im Laderaum mitreisen. Bens Leben wird plötzlich spannend, als er beobachtet, wie sie nachts ihre Waffe am Bug montieren. Angeblich zum Schutz vor Piraten, wie sich herausstellt, als Ben Kapitän Schulz mit der Angelegenheit konfrontiert. Und bald darauf kommt die Waffe auch zum Einsatz: Harry versenkt damit ein Schiff, das auf mysteriöse Weise plötzlich auftaucht. Allerdings war es kein gewöhnliches Schiff, der eine sichtbare Passagier kein normaler Mensch, und diese Konfrontation verläuft auch nicht so ganz reibungslos, wie es zunächst den Anschein hat. Plötzlich ist Kapitän Schulz wie ausgetauscht, die Erwachsenen um Ben herum sind plötzlich misstrauisch ihm gegenüber, glauben ihm nicht, dass er Dinge weiß, weil er sie geträumt hat, man will ihn von Sasha fernhalten - und da man nicht auf ihn hört, nimmt die Katastrophe unweigerlich ihren Lauf ...
Dieser fantastische Jugend-Thriller liest sich eher wie die Einleitung einer Apokalypse denn wie eine Genesis. Langsam baut sich die Geschichte auf, die ausschließlich aus Bens Sicht geschildert wird - der natürlich überall dabei ist, wo auch der Leser dabei sein will und soll. Entsprechend pflegen Heike und Wolfgang Hohlbein auch einen eher jugendlichen Stil voller sarkastischer Vergleiche, Übertreibungen und Trotz. Hinzu kommen Dialoge, die unterhaltsam sein sollen, Galgenhumor und bewusst unangebrachte Sprüche. Letztere verdeutlichen zwar eine Hilflosigkeit angesichts einer Extremsituation, der Rest wird aber für den Spannungsaufbau bisweilen zum Problem - als Erwachsener verdreht man allzu oft die Augen gen Himmel; Jugendliche dagegen könnten an diesem Stil, der immerhin eine gewisse Aufsässigkeit der Hauptfigur der Erwachsenenwelt gegenüber transportiert, durchaus gefallen finden.
Glück spielt mitunter eine große Rolle im Handlungsverlauf, ebenso wie die hellseherischen Fähigkeiten Sashas und die zukunftsweisenden Träume Bens, die bisweilen einen gewissen Deus-ex-Machina-Charakter vermitteln. Jedoch darf man sich nicht daran stören, denn wie so oft steckt mehr dahinter als nur Glück. Vermittelt wird dies in dem raffinierten hohlbeinschen Cliffhanger am Ende, der Heißhunger auf den zweiten Band macht.
Auf Charakterzeichnung setzen die Autoren hier nicht. Man erfährt wenig über Ben, was über sein Verhältnis zu seinen Eltern hinaus geht, und diese werden als typischer Wissenschaftler und typische Ärztin dargestellt. Die autistische Sasha wirkt wie ein hellseherisch veranlagter, belebter Gegenstand auf zwei Beinen, und die einzige charakterliche Entwicklung macht Kapitän Schulz durch. Harry ist der typische Haudrauf-Söldner. Hier vermisst man ein paar ausgefallene, nicht stereotype Figuren und ein paar Charaktereigenschaften, die über die profane Arachnophobie hinaus gehen.
Eine spannende Geschichte hat das Ehepaar Hohlbein mit "Eis" auf den Weg gebracht, die einiges an Action, Fantasy, Horrorelementen und Spannung bietet. Und nachdem man das reißerische erste von insgesamt 33 kurz gehaltenen Kapiteln und den etwas schleppenden Anfang hinter sich hat, bietet das Buch einen hohen Unterhaltungsfaktor, der einen immer weiter lesen lässt. Die Geschichte, die einige lovecrafteske Elemente beinhaltet, bietet ein paar hässliche Momente, ansonsten ist der Härtegrad des Buches aber im jugendtauglichen Rahmen. Die Fortsetzungen "Stein" und "Diamant" sind ebenfalls bereits veröffentlicht. Wie die abschneiden, bleibt abzuwarten, "Eis" jedenfalls ist ein weitgehend empfehlenswerter Einstieg.