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Die Begehung des 40. Jahrestages des Bestehens der DDR fällt etwas anders aus, als Erich Honecker sich das gedacht hat: Als Gorbatschow, die Symbolfigur für das Tauwetter im Bruderland UdSSR, die DDR besucht, skandiert die Menge: "Gorbi! Gorbi!" Der Bruderkuss des berühmten Gastes wirkt, wohl aufgrund des in der DDR nicht vorhandenen Tauwetters, sichtlich unterkühlt. Auch die hartnäckigen Montagsdemonstrationen in Leipzig unter der Maxime "Wir sind das Volk!" untergraben massiv die Stabilität des SED-Staates.
Angesichts dieser Entwicklung beschließen einige Paladine der Partei um Egon Krenz und die Führung der Armee, den nicht mehr tragbaren Erich Honecker zum Rücktritt zu bewegen, der den Demonstranten am liebsten nach der chinesischen Vorgabe am "Platz des himmlischen Friedens" beikommen würde. Die Abtrünnigen sondieren die Ansichten hochrangiger russischer Diplomaten: Würde die UdSSR den Sturz Honeckers und eine Annäherung an die Bundesrepublik hinnehmen? Die Russen signalisieren, dass sie sich aus den internen Angelegenheiten der DDR heraushalten werden.
Honecker lässt sich zum Rücktritt nötigen, er hat auch kaum eine Wahl. Die DDR möchte die Grenzen zur Tschechoslowakei wieder öffnen, die wegen der Ausreisewelle geschlossen wurden. Es kommt zum folgenschweren Versprecher des Günter Schabowski, die Mauer fällt.
So weit der erste Teil, "Auf die Straße!". Im zweiten Teil "Eilig Vaterland!" geht es um die Wiedervereinigung. Was auf den unbeteiligten Bürger wie eine geradlinige Entwicklung wirkt, ist von zahlreichen diplomatischen Verwicklungen geprägt. So stößt Kohls ohne jegliche Absprachen vorgestellter Zehn-Punkte-Plan auf nationalen und vor allem internationalen Widerstand. Mitterand und Thatcher wehren sich massiv gegen die Einheit. US-Präsident Bush steht den Plänen allerdings nicht so negativ gegenüber. Gorbatschow ist schließlich bereit, die NATO-Zugehörigkeit eines vereinigten Deutschlands zu akzeptieren. Im Rahmen der Zwei-plus-vier-Gespräche kommt die Einheit zustande.
Das Doku-Drama um die Wiedervereinigung besteht aus einer Abfolge von historischen Filmausschnitten, darunter Nachrichtensendungen und Mitschnitte der Montagsdemonstrationen, des Mauerfalls und so weiter, sowie nachgespielten Schlüsselszenen der genannten Prozesse, von denen keine Originalaufnahmen existieren oder zugänglich sind. Dieser Wechsel verleiht dem "Deutschlandspiel" eine hohe Dynamik. Die Rollen sind brillant besetzt; die Schauspieler verkörpern die jeweiligen Politiker, Pastoren, Jugendlichen und sonstigen Protagonisten sehr authentisch und überzeugend. Lambert Hamel als Helmut Kohl, Rudolf Wessely als Erich Honecker, Rudolf Kowalski als Egon Krenz, Peter Ustinov als Igor Maximitschew, Udo Samel als Michail Gorbatschow, Jean-François Balmer als François Mitterand und Nicole Heesters als Margaret Thatcher: Diese Darsteller lassen überaus gekonnt die Szenen hinter den öffentlichen Kulissen lebendig werden, deren Dramatik die meisten Politthriller um Längen schlägt, vor allem, weil die Sowjetunion lange Zeit eine keiner Berechnung zugängliche Unbekannte in der Gleichung 2 + 4 = ? bildet. Und auch die Siegermächte Großbritannien und Frankreich haben ein langes Gedächtnis; plötzlich kommt die Angst vor dem alten Preußen wieder hoch. Kohls forscher Alleingang wirbelt die Welt gehörig durcheinander. In der Doku erklärt er, wie es zu seinem Vorstoß kam. Besonders packend sind jedoch die Vorgänge rund um die Montagsdemonstrationen dargestellt, als die Situation aufgrund von Honeckers Wunsch nach einem militärischen Eingriff blutig zu eskalieren drohte.
Aus technischer Sicht entspricht der Film allen Erwartungen. Bild, Ton und Regie lassen keine Wünsche offen. Auch die Übersetzungen fremdsprachlicher Texte in den Original-Filmausschnitten überzeugen.
Dieser Film ist eine hervorragende Investition für alle, die den Mauerfall und die Wiedervereinigung bewusst miterlebt haben und sich für die bislang schwer zugänglichen Hintergründe interessieren, und selbstverständlich für die Jüngeren, die sich darüber nicht nur mittels Hörensagen informieren möchten.