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Der Serienkiller - was fasziniert uns so an ihm? Was bringt die Menschheit dazu, sich so intensiv mit den grässlichen Sexualmorden eines Jack the Ripper, eines Fritz Haarmanns oder Ed Geins auseinanderzusetzen? Spätestens seit dem Hollywoodfilm "Das Schweigen der Lämmer" ist der Serienmörder zum Popstar geworden und hinterlässt seine blutigen Spuren überall: in Bestsellern, in unzähligen Kinostreifen und mittlerweile auch im Fernsehen. Und so wie Dracula seinen van Helsing hat, hat auch der Serienmörder einen Gegenspieler: den Profiler, der mit psychologischem Geschick seine Taten zu deuten weiß und ihn so überführen kann.
Serienkiller und Profiler ... diese zwei Helden des Splatterpops stehen auch im Mittelpunkt der Fernsehserie "Wire in the Blood", die der britische Privatsender ITV seit dem Jahr 2002 sendet. Nach einer Vorlage der Krimiautorin Val McDermid entstand die Serie um den Profiler Dr. Tony Hill, der von der Polizei der fiktiven Stadt Bradford (gelegen in West Yorkshire) zu besonders extremen Mordfällen hinzugezogen wird. Hill ist dabei für seine unkonventionellen Methoden bekannt: Er denkt und fühlt sich in die Psyche der Täter hinein, bis er sie auf eine fast emotionale Weise verstehen kann. Seine Faszination geht sogar so weit, dass er regelmäßig eine Serienmörderin in ihrer Zelle besucht und eine liebesähnliche Beziehung zu ihr unterhält. Hill (Robson Green) will nicht nur verstehen, was im Kopf der Täter vorgeht, er will es "spüren" und "fühlen" - und stößt damit auch in den Reihen der Polizei auf Misstrauen. Doch seine Kollegin Carol Jordan (Hermione Norris) hält zu ihm - sie glaubt an die "Methode Hill", und der Erfolg gibt ihr Recht.
Es ist vor allem die Vermischung von Täter-, Opfer- und Beobachterperspektive, die das Ungewöhnliche der britischen Krimiserie ausmacht. Sowohl inhaltlich wie auch filmisch werden diese Perspektiven immer wieder gekreuzt, wobei Dr. Hill wie ein Prisma im Mittelpunkt steht: Wenn er sich am Tatort in Pose des ermordeten Ofers auf den Boden legt (Folge 1, "The Mermaids Singing"), in den Kinderzimmern verschwundener Mädchen die Unterwäsche durchwühlt (Folge 2, "Shadows Rising") oder immer wieder die Nähe zu der bereits erwähnten Kindermörderin sucht: Hill kennt keine Grenzen, und entsprechend psychotisch und seltsam wirkt er auf seine Kollegen und auch auf die Zuschauer. Die Regisseure Robert Gartland, Andrew Grieve und Nick Laughland spielen geschickt mit dem Voyeurismus des Publikums, und nicht wenige Szenen wirken allein durch Kameraeinstellungen und die Schnittfolge nahezu geschmacklos, etwa wenn minutenlang die Schaukel eines vergewaltigten Mädchens gezeigt wird ... Rückblende auf die Entführung des Kindes, Schnitt auf Hills nachdenkliches Gesicht, Schnitt auf das Kind in der Psychiatrie ...
Die gewagte Inszenierung beißt sich allerdings mit den oft unglaubwürdigen Drehbüchern und den nicht immer treffsicheren Dialogen. Immer wieder stören unlogische Passagen die Glaubwürdigkeit der Handlung. Da wird Dr. Hill - als Kriminalpsychologe ohne polizeiliche Ausbildung - allein mit Kollegin Jordan zu einem mutmaßlichen Mörder geschickt; da wird der Hauptverdächtige während eines Verhörs allein gelassen, so dass er aus der Polizeibehörde fliehen und sich umbringen kann; da wird Dr. Hill als Psychiater eines transsexuellen Mörders eingesetzt, der ihn selbst zu Tode foltern wollte ... ist die britische Polizei wirklich so unfähig? Auch die Dialoge überzeugen nicht immer. Die Schauspieler allerdings leisten gute Arbeit; vor allem das Team Green/Norris überzeugt. Und so sind die drei Folgen der ersten Staffel nicht uninteressant: die grausamen Foltermorde an Homosexuellen ("The Mermaids Singing"), die dunklen Geheimnisse eines TV-Stars ("Shadows Rising") und der Rachefeldzug, um die Schöffen eines geplatzten Kindermörderprozesses zu bestrafen ("Justice Painted Blind"). Allerdings werden die üblichen Tabuthemen wie Pädophilie, SM-Sex und Selbstjustiz auf eher konventionelle Weise behandelt. Überraschungen gibt es selten, und so hält "Wire in the Blood" auch nicht dem gebetsmühlenartig getätigten Vergleich mit der genialen BBC-Reihe
Für alle Fälle Fitz stand.
Wer sich für das Serienkiller-Sujet interessiert, ist mit "Wire in the Blood" ganz gut bedient. Ein Highlight der Fernsehgeschichte ist die Serie aber nicht. Vielleicht wartet man doch lieber auf die Wiederholung im ZDF, anstatt sich diese nicht ganz billige, an Extras arme Box zuzulegen. Denn außer Schauspielerbiografien und einer üppigen Trailershow bieten die DVDs nichts. Val McDermid-Fans können allerdings bedenkenlos zugreifen.