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Ricardo Flores hat ein Leben, wie es schöner kaum sein könnte. Mit seinem besten Freund Leslie zusammen arbeitet er in der Filmbranche. Als Produzenten von erfolgreichen und sogar tiefsinnigen Horrorfilmen verdienen die beiden viel Geld und haben sich somit eine langfristige finanzielle Unabhängigkeit geschaffen.
Rick und Leslie sind jedoch nicht nur in Geldangelegenheiten gesegnet. Leslie ist mit Jalena, Ricks Schwester, zusammen, während Rick in Jay seine große Liebe gefunden hat. Und was dem Glück die Krone aufsetzt: Von Ricks und Jalenas Stiefvater haben sie eine Ranch geerbt mit Umland, Pferdezucht und riesigem Haus - in dem bequem alle vier leben können, sobald die Umbauarbeiten beendet sind.
Doch ein solch umfassendes, perfektes Glück ist selten. Und so können die vier nicht genießen, was ihnen in den Schoß gefallen ist. Rick und Jalena werden in dem scheinbar idyllischen Städtchen Righteous' Place, in dem die vier leben, mehr als nur misstrauisch beäugt. Denn die Menschen hier sind konservativ und feindlich allem Fremden gegenüber gesinnt. Und Rick und Jalena sind dunkelhäutig - ein rotes Tuch für die Leute, unter anderem Sheriff Winterblossom.
Die Feindseligkeiten der Leute, allen voran Jays Vater, der es nicht erträgt zu sehen, dass seine Tochter mit einem dunkelhäutigen Mann zusammen ist, sind jedoch nicht das einzige Problem, das über die vier Freunde hereinbricht. Seltsame Ereignisse wirbeln ihr Leben gehörig durcheinander, angefangen bei dem Verschwinden eines von Jays gebauten Roboters mit künstlicher Intelligenz, zwei tragischen Unfällen direkt bei der Ranch, von denen einer tödlich ausgeht, bis hin zu einem Dinneressen mit unliebsamen Funden im Nachtisch - und das ist erst der Anfang turbulenter Ereignisse, die das Leben der Freunde ein ums andere Mal in Gefahr bringen. Aber zum Glück stehen ihnen treue Menschen wie die Tierärztin Masako und der FBI-Agent Conrad Cluster zur Seite. Und über allem schwebt die Melodie des Trauermarschs ...
Auf 293 Seiten lehrt uns Autorin Barbara Jung das Grauen. Rassismus, Gewalt, Dramatik, Katastrophen und Morde bilden das Grundgerüst; ein besessener Roboter, eine wahnsinnige Gemeinde, Ekelszenen und vier miteinander verbundene Menschen, deren Glück durch alle erdenklichen Umstände auf einem so hohen Podest steht, dass sie gar nicht anders können, als tief zu fallen, füllen den Rahmen mit Leben.
Liegt es noch im Bereich des Annehmbaren, dass das angenehme und unbeschwerte Leben der - übrigens auch mit Schönheit gesegneten - vier Hauptfiguren nicht weiter so angenehm und unbeschwert verlaufen kann, schließlich will der Leser unterhalten werden und nicht eine Folge aus "Reich und Schön" miterleben, so beginnt die eingangs noch aufgrund der Rassismus-Thematik viel versprechende Geschichte mit den ersten mysteriösen und fantastischen Elementen an Fahrt und Qualität zu verlieren. Nicht nur die Einwohner von Righteous' Place, die ähnlich wie der Ku Klux Klan geheime Zirkel veranstalten, bekommen übersinnliche Verstärkung, sondern auch die vier Freunde, denn ein Geist versucht, durch die Melodie des Trauermarschs Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Wer und warum, das soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten werden.
Die Ereignisse überschlagen sich, es gibt Tote, und kaum jemand in Nevada, wo die die Geschichte spielt, scheint nicht von Rassismus, Dummheit oder Naivität respektive allen dreien durchdrungen. Im Gegensatz zu dieser ganzen Tragödie ist der sprachliche Stil überraschend glatt, beinahe beschwichtigend gegenüber dem Leser, der so viel Schreckliches miterleben muss. Da lernen sich die nette Bekannte der vier Freunde und der FBI-Agent kennen und sofort lieben, da kann Rick vor dem FBI-Gebäude fliehen, obwohl ein wütender Mob auf ihn einstürzt, da wird Jalena schwer misshandelt und redet danach im Koma durch Gedankenübertragung munter mit Rick, als sei nichts geschehen - je weiter die Handlung voranschreitet, desto unglaubwürdiger wird sie. Schade, denn zwischendurch tauchen aus dem Nichts Passagen auf, die richtige Spannung erzeugen und zum Weiterlesen anspornen - nur, um bei dem Leser Langeweile hervorzurufen, wenn für jede Wendung, jedes Detail, jede Handlung vom Erzähler wie auch von den Charakteren Beweggründe genannt und erläutert werden, die für das eigentliche Geschehen absolut nicht relevant sind.
"Trauermarsch" nimmt den Leser mit auf eine Achterbahnfahrt, bei dem die Tiefen die Höhen leider überwiegen. Viel weniger kann oftmals etwas mehr sein. Hier wurde nicht nach diesem Prinzip gearbeitet, und so sollte man sich eher den Trauermarsch von Chopin denn dieses Buch zu Gemüte führen.