Als eines Morgens zwei Hunde, zwei Katzen und zwei Tauben bei dem armen Schuhmacher auftauchen, ahnt er, dass Schicksalhaftes geschehen wird. Und wirklich, noch in der Nacht werden ihm zwei Söhne geboren. Jiacomo und Laurenzo entwickeln sich prächtig und sind immer zusammen. Doch als sie fünfzehn Jahre alt sind und ihre Eltern sterben, ist es für sie an der Zeit ihren Heimatort zu verlassen und sich eine Arbeit zu suchen. Doch niemand will zwei Arbeiter einstellen, zumal die Ansichten der Brüder sehr verschieden sind. Jiacomo sehnt sich nach Abenteuern und Reisen, Laurenzo möchte ein Handwerk erlernen.
So beschließen sie eines Tages, sich an einer Weggabelung zu trennen und ihr Glück ohne den Bruder zu suchen. Während Laurenzo einen alten Mann trifft, der ihn als Goldschmiedelehrling aufnimmt, begegnet Jiacomo einem gefürchteten Meisterdieb. Widerwillig wird er der Gehilfe des Räubers und bald schon ist er so geschickt wie er. Aber seine Versuche, Menschen zu berauben, gehen fehl, Jiacomo ist zu ehrlich und zu anständig. Doch sein Meister verlangt eine Gegenleistung für alles, was er den jungen Mann gelehrt hat. Jiacomo soll einen der dreizehn berühmten Silberbecher des Schlossherrn von Talamoera entwenden. Jiacomo macht sich schweren Herzens auf den Weg zum Schloss und das Glück ist mit ihm, denn er trifft unterwegs den Neffen des Schlossherrn. Nachdem er diesen in die Irre geführt hat, betritt er an seiner Statt das Schloss und macht sich daran, den Becher zu suchen und zu stehlen. Doch die Schlossherrin und ihr Gemahl sind solch liebe Gastgeber und so ehrliche Menschen, dass Jiacomo beschließt, sie nicht zu betrügen. Er gesteht seinen Plan und bittet um Vergebung. Dennoch wird er am nächsten Morgen in den Kerker geworfen und des Diebstahls der Becher bezichtigt. Nur sein Bruder vermag ihn aus dieser verzweifelten Lage zu befreien. Der aber geht, ohne vom Schicksal Jiacomos etwas zu ahnen, seinem anstrengenden Tagwerk bei Meister Phillippo, dem Goldschmied, nach.

Die Niederländerin Tonke Dragt ist seit über vierzig Jahren eine Garantin für außergewöhnliche, spannende und originelle Kinder- und Jugendbücher. Mit "Der Goldschmied und der Dieb", 2001 in Deutschland erschienen, legte sie ein märchenhaftes Abenteuer vor. Angelehnt an große Vorbilder wie Hans Christian Andersen, die Brüder Grimm oder alte Volkssagen, verfasste sie die oft lustige, meist sehr spannende und teils auch lehrreiche Lebensgeschichte der Zwillinge Jiacomo und Laurenzo in einem fiktiven, mittelalterlich anmutenden Land. Dieses Land der Ritter, Diebe und Handwerker wird in wundervoll stimmigen Bildern vor den Augen des Lesers lebendig.
Das fast fünfhundert Seiten dicke Buch beschreibt in Episoden das aufregende Leben der Zwillinge und keine einzige Seite ist langweilig oder überflüssig. Insofern ist es ein Wagnis, dieses Buch auf vier CDs und dreihundertelf Minuten Länge zu kürzen. Doch dank dem hervorragend aufgelegten Sprecher Konstantin Graudus macht es riesigen Spaß, das Abenteuer akustisch vermittelt zu bekommen. Zwar fehlen dem Kenner der Bücher manche Episoden und andere sind arg zusammengeschrumpft, doch der Kern der Geschichten, die Grundidee der Handlung und der herrlich amüsante Tenor des Buches sind gut getroffen und machen jede Minute Spaß.
Neben dem einfachen Stil der Autorin sind es vor allem ihr Humor und der klischeefreie, immer überraschende Handlungsverlauf, der jedem Hörer ab zehn Jahren Freude macht. Auch Erwachsene können sich dieses Hörbuch bedenkenlos zulegen, es ist für alle Altersstufen zu empfehlen. Einzig die als notwendig erachteten Kürzungen legen es nahe, dem Buch, wenn man Zeit und Muße hat und lieber liest als hört, den Vorzug zu geben.

"Der Goldschmied und der Dieb" ist ein Schelmenstück. Ob als Buch oder Hörbuch, die Geschichte erwärmt das Herz eines jeden Lesers oder Hörers und sollte in keiner Bibliothek fehlen.