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 Shogun

Autoren: Dirk Henn
Illustratoren: Michael Menzel
Verlag: Queen Games

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Glück
Spannung
Spielregel
Strategie


Um gleich einem Missverständnis vorzubeugen: Nein, bei "Shogun" handelt es sich nicht um den gleichnamigen Spielklassiker von MB aus den 1980er-Jahren. Das hochkomplexe, strategische Brettspiel, welches weltweit noch immer zahllose Fans besitzt, ist auf dem deutschen Markt leider vergriffen. Hier aber soll ein neueres, nicht minder anspruchsvolles Brettspiel, ersonnen von "Alhambra"-Erfinder Dirk Henn, besprochen werden. Auch dieses ist im historischen Japan angesiedelt, genauer gesagt im 16. Jahrhundert, als mehrere Fürsten um das Amt des höchsten militärischen Machthabers, des "Shogun", wetteiferten. Zwischen drei und fünf Spieler können sich an dieser hehren Aufgabe versuchen - und sich dabei taktische Winkelzüge liefern, die sich gewaschen haben.

"Shogun" von Dirk Henn beruht auf dem hoch gelobten Vorgänger "Wallenstein", der den Dreißigjährigen Krieg zum Thema hatte. Die Spielmechanismen sind ähnlich, wenn auch etwas gereifter und zugespitzter. Auch diesmal ringen die Spieler um die Kontrolle von Provinzen. Insgesamt acht Spielrunden werden ausgetragen, verteilt auf die vier Jahreszeiten in zwei Jahreszyklen. Im Frühling, Sommer und Herbst trommeln die Spieler ihre Armeen zusammen, fallen über neutrale Provinzen her, ziehen Steuern in Form von hübschen Holzkästchen ein, rufen die Bauern zur Reisernte auf oder bauen Tempel, Burgen und Nô-Theater, um ihre Provinzen aufzuwerten. Dabei werden verdeckt Provinzkarten auf einem Tableau abgelegt, das die möglichen Aktionen einer Runde zeigt. Knifflig: Die Reihenfolge dieser Aktionen wird in jeder Runde zufällig bestimmt. Und auch die Reihenfolge, in der die Spieler handeln, steht nicht fest - die Spieler müssen sie ersteigern! So ist das Ergebnis einer Aktion keinesfalls vorhersehbar, und man muss recht flexibel auf die Züge der Mitspieler reagieren. Hinzu kommt die unsichere Lage in den Provinzen: Wer Steuern einzieht oder die Reisernte einruft, kann schnell einen Bauernaufstand provozieren. Und wer eine abgelegene Provinz zu spärlich mit Truppen ausstattet, darf sich nicht wundern, wenn plötzlich ein Gegner über ihn herfällt.

Wenn dieses geschieht, also wenn zwei Kombattanten gegeneinander ins Feld ziehen, kommt das wohl originellste und meistbestaunte Spielelement zum Einsatz: der aus "Wallenstein" bekannte Würfelturm. Bei diesem handelt es sich um einen Pappschacht, der im Inneren mit allerlei Sperren und Löchern ausgestattet ist. Oben sitzt ein Trichter, unten eine Reisschale. Kommt es zum Kampf, werden alle Armeen - symbolisiert durch farbige Holzwürfel - in den Trichter geworfen. Unten in der Schale landen die Armeen, die den Kampf überstanden haben … und das sind beileibe nicht alle, die oben hineingeworfen wurden. Der Würfelturm kann sogar ausgesprochen überraschende Ergebnisse zeitigen, da immer wieder Steine aus vorangegangenen Kämpfen nachrutschen. So bringt der Turm ein äußerst hübsches Zufalls- und Überraschungsmoment ins Spiel, und der Mechanismus überzeugt durch seine einfache und schnelle Handhabung.

Nach drei Spielzügen (oder Jahreszeiten) bricht der Winter an - die Wertungsrunde. In dieser müssen jedoch alle Provinzen mit Reis versorgt werden. Wehe dem, der in den vergangenen Spielrunden nicht genug Reis geerntet hat. Ihm drohen spontane Bauernerhebungen und somit der Verlust wichtiger Provinzen. So erfordert das Spiel einiges an Planung und taktischer Vorausschau. In der Tat müssen etliche Faktoren bedacht werden, um in der Wertungsrunde Punkte einzufahren - zumal, wenn vier oder fünf Spieler auf dem Feld agieren.

"Shogun" ist ein trickreiches, ausgeklügeltes Spiel, dessen Mechanismen zwar gewöhnungsbedürftig sind, das aber rasch durch Tiefe und eine gute Mischung aus Taktik und Glück (Verhältnis in etwa 3:1) überzeugt. Hochwertig ist auch die Ausstattung: Ein beidseitig bedruckter Plan aus fester Pappe (beide Seiten können bespielt werden), ebenso schlichte wie hübsche Spielkarten und solide Holzfiguren machen das Spiel langlebig und sind auch für Kinder und ältere Spieler geeignet. Schade nur, dass der Trichter und die Reisschale des Würfelturms aus dünnem, durchsichtigen Plastik bestehen - diese Teile dürften relativ schnell verschleißen und sehen zudem nicht sonderlich hübsch aus. Dies aber ist das einzige Manko eines spannenden Spiels, das auch bei mehreren Durchgängen nicht langweilig wird.

Hagen Hoffmann



Brettspiel | Erschienen: 01. Oktober 2006 | Preis: 30,50 Euro

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